Wunschkonzert im Krankenhaus

ck/dpa
Gesellschaft
Wer im Krankenhaus Radio hört, dem geht es eigentlich nicht besonders gut. Aber Heinz Rühmann und Madonna aus dem Lautsprecher sollen die Stimmung heben. Dafür arbeiten Klinikfunker in Bochum.

Während die letzten Töne der Kirchenorgel verklingen, flimmern in der ehemaligen Sakristei schon die Bildschirme. Der kleine Raum neben der Krankenhauskapelle der Augusta-Kranken-Anstalt in Bochum ist bis oben mit technischen Geräten vollgestopft - zwischen dem alten Plattenspieler und dem modernen Mischpult steht ein CD-Player mit Kassettendeck.

Seit über 30 Jahren auf Sendung

Frührentner Wolfgang Gasior setzt den gelben Kopfhörer auf, rückt die Brille zurecht und schiebt die Regler hoch, alles ist bereit für die Radiosendung "Funkbude am Samstag". Seit mehr als 30 Jahren senden die Bochumer Krankenhausfunker ein eigenes Radioprogramm aus dem kleinen Studio für die Patienten der Augusta-Kranken-Anstalt.

Um die Langeweile aus dem grauen Patientenalltag zu vertreiben, gründeten Seelsorger 1982 das "Radio Augusta". Heute nennt sich die Initiative "Augusta-Krankenhaus Funk und Fernsehen" und überträgt neben dem Ton oft auch das dazugehörige Bewegtbild. Rund 20 ehrenamtliche Mitarbeiter bringen so regelmäßig Gottesdienste, Konzerte, Interviews und Lokalnachrichten aus Bochum und Umgebung über Kabel direkt in die Krankenzimmer. 

Es kommt nicht aufs Mittagessen an

Heute sind auch Andreas Zaretzke und sein Sohn Jan in die Funkbude gekommen. Der 16-Jährige ist bei der Jubiläumsfeier im vergangenen Jahr zum Team gestoßen. Als Praktikant bekommt er die Fahrtkosten ersetzt. Außerdem gibt es nach der Sendung ein kleines Mittagessen. Dass es darauf nicht ankommt, da sind sich die drei Krankenhausfunker einig. Es gehe um den "Spaß an der Freude" und um den Kontakt zu den Hörern, erklärt Gasior - auch wenn das am Wochenende manchmal nur fünf bis zehn Patienten sind. 

Hören statt lesen

Dabei war das Krankenhausradio in seinen Anfangstagen für viele Patienten unverzichtbar. Weil vielen die Kraft zum Lesen fehlte, habe man versucht, sie über das Radio am Leben außerhalb des Krankenhauses teilhaben zu lassen, sagen die Krankenhausfunker. Das Radio hat als einfache und billige Informationsquelle weltweit Bedeutung, deshalb hat ihm die Unesco, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, den 13. Februar als Weltradiotag gewidmet. 

In Nordrhein-Westfalen gibt es mittlerweile flächendeckend Lokalradios im Verbund von Radio NRW, dazu öffentlich-rechtliche Sender, Studentenradios und jede Menge Webradios. Krankenhausfunker Gasior vermutet, dass sich deswegen weniger Menschen beim Augusta-Radio engagieren. Für ihn ist der Krankenhaussender aber so wichtig, dass er sogar an Heiligabend für das Klinikradio bereitsteht. 

Jeder Wunsch wird erfüllt

Wenn das rote On-Air-Lämpchen blinkt, ist am Mikrofon Konzentration gefragt. "Aber hier läuft selten alles nach Plan", sagt Jan. Vielleicht bleibt gerade durch diese Lockerheit so viel Platz für Menschliches. Als das Telefon klingelt, beantwortet Gasior geduldig die Fragen der Patienten und nimmt sich Zeit für einen kleinen Plausch. Auch Musikwünsche werden sofort erfüllt - ausnahmslos: "Hier hört man auch mal Heinz Rühmann und Madonna hintereinander", sagt Gasior. 

Trotzdem bleibt die Zielgruppe immer fest im Blick - denn der Durchschnittspatient im Augusta ist 66 Jahre alt. "Die Menschen möchten Bekanntes wieder hören", erklärt der Krankenhausfunker. Und so folgt auf das Interview mit einem Altersforscher Udo Jürgens' "Mit 66 Jahren".

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