Zahnarzt muss nicht über verschiedene Präparationsmethoden aufklären
Im vorliegenden Fall klagte eine Patientin gegen ihren Behandler auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und der Erstattung materieller und immaterieller Schäden im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung zwischen dem Oktober 2009 und Juni 2011.
Sie vertrat die Auffassung, der Zahnarzt habe bei der Präparation der Zähne zu viel Zahnhartsubstanz abgetragen. Dies habe zur Folge gehabt habe, dass sich an diesen Zähnen Pulpitiden entwickelt hätten, die letztlich zu Zahnabbrüchen geführt hätten.
Vorwurf: Der Zahnarzt wendete eine Außenseitermethode an
Zudem habe der Zahnarzt bei der Präparation eine Außenseitermethode angewendet, die ein erhöhtes Bruchrisiko für die Pfeilerzahnstümpfe beinhaltet habe. Hierüber habe der Zahnarzt sie aufklären müssen. Sie hätte einer solchen Methode nicht zugestimmt. Eine Nachbesserung durch den behandelnden Zahnarzt lehnte sie ab, da sie herablassend behandelt worden sei. Das Vertrauensverhältnis sei zerstört, zudem sei die angebotene Nachbesserung nicht umfassend genug gewesen.
In einem vorangegangenen Urteil bestätigte das Landgericht Baden-Baden die Patientin und sprach ihr ein Schmerzensgeld von 9.000 Euro zuzüglich Zinsen zu. Daraufhin legte der Zahnarzt Berufung beim OLG Karlsruhe ein.
Die Richter: Der Zahnarzt entscheidet über Behandlungsmethode
Das OLG hingegen konnte sich dem Urteil des LG Baden-Baden nicht anschließen. Der Eingriff des Zahnarztes war prinzipiell von einer wirksam erteilten Einwilligung der Klägerin gedeckt, einer Aufklärung über die unterschiedlichen Präparationsmethoden an den Pfeilerzähnen bedurfte es nicht, entschieden die Richter. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes.
Bei der Frage Stufen- oder Hohlkehlpräparation handle es sich um einen sogenannten Schulenstreit zwischen unterschiedlichen zahnmedizinischen Fakultäten, betonten die Richter. Der vom Gericht eingesetzte Sachverständige war zwar der Auffassung, dass die Hohlkehlpräparation zu bevorzugen sei. Dies werde aber an den zahnmedizinischen Fakultäten in Freiburg, Aachen, Hamburg und Kiel anders gelehrt.
Ein Schulenstreit, aber ...
Es gebe zudem keine evidenzbasierte Studie dafür, dass die vom beklagten Zahnarzt angewendete Stufenpräparation ein höheres Risiko des Brechens der Pfeilerzähne in sich berge. Eine von der Lehrmeinung des Gutachters abweichende Lehrmeinung anderer zahnmedizinischer Hochschullehrer könne nicht dazu führen, dass die Behandlung nach der Lehre dieser Hochschullehrer als Außenseitermethode aufklärungspflichtig angesehen werde.
... es gibt keine keine Evidenz über die bessere Methode!
Bei der Frage, in welcher Form die Pfeilerzähne präpariert würden, handele es sich damit um technische Details der Behandlung, über die der Patient nicht aufgeklärt werden müsse, urteilte das Gericht. Dass dieser Schulenstreit seit Jahrzehnten andauere, ohne dass sich eine Auffassung als zutreffend herausgestellt und durchgesetzt habe, spreche schließlich dafür, dass es eben nicht die eine evident bessere Methode gebe. Da der Sachverständige Behandlungsfehler verneint habe und ein Aufklärungsfehler nicht vorliege, sei die Klage insgesamt unbegründet und daher abzuweisen.
OLG KarlsruheAz.: 7 U 118/18Urteil vom 31. Juli 2019
Vorinstanz
LG Baden-Baden
Az.: 2 O 136/15
Urteil vom 11. Mai 2018