Zahnheilkunde: "Europa macht heute die Gesetze"
Herr Dr. Doneus, Sie haben als Präsident des Council of European Dentists (CED) auf der Europäischen Fachpressekonferenz zur IDS 2015 einige Schlaglichter auf die Bedeutung der europäischen Gesundheitspolitik für den zahnärztlichen Berufsstand geworfen. Inwiefern beeinflusst Brüssel denn die tägliche Arbeit des Zahnarztes in der Praxis?
Dr. Wolfgang Doneus:Es ist eine Tatsache, dass beinahe alle gesetzlichen Verpflichtungen, die die Ausübung der Zahnheilkunde betreffen, auf europäischer Ebene entstehen. Die jeweiligen nationalen Regeln dazu sind nur als ein Nachvollziehen der europäischen Richtlinien oder Verordnungen zu werten.
Seit dem Vertrag von Lissabon gibt es nunmehr auch direkt durchsetzbares europäisches Recht, etwa im Bereich der Medizinprodukte. Das heißt, dass es keiner nationalen Umsetzung mehr bedarf und sich diese Regelungen direkt auf alle europäischen Zahnärzte auswirken - und das in einem stetig größer werdenden Ausmaß.
Welche konkreten aktuellen Themen aus Brüssel sind für den Zahnarzt von Bedeutung?
Gerade die erwähnte neue EU-Verordnung zum Medizinprodukterecht wird für den einzelnen Zahnarzt und die einzelne Zahnärztin von Bedeutung sein, weil darin einige Neuerungen enthalten sein werden. Auch im Bereich des Datenschutzes gibt es Bestrebungen auf europäischer Ebene, die zu Belastungen für die zahnärztlichen Ordinationen führen können.
So ist derzeit die verpflichtende Beschäftigung eines Datenschutzbeauftragten für alle Unternehmen, die mindestens 5.000 Datensätze verwalten, vorgesehen, was auch für viele Zahnärztinnen und Zahnärzte zu einer teuren Angelegenheit werden könnte. Der CED als europäische Vereinigung der zahnärztlichen Standesorganisationen kämpft an vorderster Front gegen mögliche Zusatzbelastungen.
Die EU-Kommission hat Vorschläge für die Überarbeitung des bestehenden europäischen Rechtsrahmens für Medizinprodukte gemacht. Was sind die Pläne, und inwiefern ist der zahnärztliche Bereich tangiert? Wofür setzt sich der CED ein?
Dabei geht es um einige wichtige Punkte: Zunächst lässt die derzeitige Formulierung die Interpretation offen, dass auch ganz normale Füllungen als Implantate mit allen damit verbunden Verpflichtungen zu betrachten sein könnten, was natürlich völlig absurd ist und vom CED auf das heftigste bekämpft wird.
Des Weiteren plant die EU die Einführung eines verbindlichen Systems zur digitalen Erfassung aller Medizinprodukte (UDI), was für die einzelne Ordination die digitale Erfassung aller Prothesen, Kronen, Implantate etcetera mit zusätzlichen finanziellen Belastungen bedeuten würde. Hier schlagen wir vor, dass diese Regelungen erst dann greifen sollen, wenn in einer Versorgungseinheit mindestens 10 Zahnärzte tätig sind.
Die wichtigste Neuerung wird ein verpflichtender Implantat-Pass nunmehr auch für zahnärztliche Implantate sein, wobei wir auch hier bemüht sind, die Belastungen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte so gering wie möglich zu halten.
Die Fragen stellte Gabriele Prchala.