Japanische Studie

Zungenbakterien können bei Senioren Lungeninfektionen begünstigen

nb/pm
Zahnmedizin
Bei älteren Menschen mit weniger Zähnen, schlechter Mundhygiene und mehr Karies weist das Zungenmikrobiom häufiger Bakterien auf, die zu Lungeninfektionen führen können, wenn sie versehentlich aspiriert werden.

Um das Zungenmikrobiom und Dysbiosen bei älteren Menschen näher zu charakterisieren, untersuchten die Forscher mikrobielle Proben vom Zungenrücken japanischer Senioren zwischen 70 und 80 Jahren.

Durch 16S rRNA-Sequenzierung wurden Rückschlüsse auf die Mikrobiomzusammensetzung gezogen und analysiert, ob Zusammenhänge mit klinischen Parametern wie dem Kariesindex (DMFT), Tiefe der Parodontaltaschen und Blutung bei Sondierung (BOP) bestehen.

Höheres Risiko für Lungeninfektionen bei Personen mit Schluckstörungen

Höheres Risiko für Lungeninfektionen bei Personen mit Schluckstörungen

506 Personen zwischen 70 und 80 Jahren aus der Stadt Hisayama nahmen an der Untersuchung teil, was einem Anteil von 50,6 Prozent dieser Altersgruppe entsprach.

Das Zungenmikrobiom: zwei Bakterien-Hauptgruppen mit vier beziehungsweise sieben Bakterienspezies

21 taxonomische Cluster (operational taxonomic units, OTUs) machten jeweils mehr als ein Prozent der vorkommenden Arten aus. Demnach war Streptococcus salivarius mit 9,5 ± 8,6 Prozent am häufigsten vertreten, gefolgt von Prevotella melaninogenica (9,2 ± 6,4 Prozent), Rothia mucilaginosa (8,8 ± 8,1 Prozent) und Veillonella atypica (6,0 ± 3,2 Prozent).

Diese Arten waren auch in anderen Studien mit jüngeren Personen gefunden worden. Durch Hauptkomponentenanalysen konnten zwei Hauptgruppen mit vier beziehungsweise sieben Bakterienspezies identifiziert werden, die negativ miteinander assoziiert waren, das heißt, wenn Kommensalen der ersten Gruppe vorhanden waren, fanden sich weniger der zweiten Gruppe und umgekehrt.

Kommensalen Gruppe I

Kommensalen Gruppe II

Prevotella histicola

Neisseria flavescens

Veillonella atypica

Haemophilus parainfluenzae

Streptococcus salivarius

Fusobacterium periodonticum

Streptococcus parasanguinis II

Porphyromonas pasteri

 

Gemella sanguinis

 

Prevotella melaninogenica

 

Prevotella pallens

Tabelle 1: Hauptgruppen von Kommensalen des Zungenmikrobioms

Eine Aspiration oraler Mikroorganismen ist für ältere Menschen mit schlechterer Dentalhygiene gesundheitsgefährdender

Das Auftreten Parodontitis-assoziierter Arten ging mit einer größeren bakteriellen Vielfalt der Mikrobiota einher. Die Autoren vermuten, dass dies durch tiefere Zahnfleischtaschen bedingt ist, durch die diese Arten in den Speichel und somit auf die Zunge geraten. Gleichzeitig traten diese Arten seltener mit Kommensalen der zweiten Gruppe auf.

Das Verhältnis der beiden Bakteriengruppen unterschied sich deutlich hinsichtlich Zahnstatus und Mundhygiene: Die erste Gruppe war bei Personen mit wenigen Zähnen, einem höheren Plaqueindex und kariesverdächtigen Zähnen häufiger vertreten, während Kommensalen der zweiten Gruppe bei diesen Personen seltener anzutreffen waren. Zur Ausprägung von Gingivitis und Parodontitis waren hingegen keine Zusammenhänge feststellbar.

Obwohl Prevotella, Veillonella und Streptococcus keine typischen Erreger für Infektionen der Lungen sind, wurden sie bereits bei Aspirationspneumonien und Lungenabszessen als Ursachen identifiziert.

Eine vorangegangene prospektive Kohortenstudie dieser Arbeitsgruppe hatte bereits gezeigt, dass eine höhere relative Häufigkeit von Kommensalen der ersten Gruppe auf der Zunge bei gebrechlichen älteren Erwachsenen in Pflegeheimen mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko durch Lungenentzündung verbunden war.

Die Autoren nehmen deshalb an, dass eine Aspiration von oralen Mikroorganismen für ältere Menschen mit schlechterer Dentalhygiene stärker gesundheitsgefährdend ist als für Menschen mit besserem Mundhygienestatus.

Asakawa M et al., Section of Preventive and Public Health Dentistry, Division of Oral Health, Growth and Development, Faculty of Dental Science, Kyushu University, Fukuoka, Japan; mSphere. 2018 Aug 15;3(4). pii: e00332-18. doi:10.1128/mSphere.00332-18.yoshi@dent.kyushu-u.ac.jpaus IME Wissenschaftlicher Informationsdienst 4/2018

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