Verwaltungsgericht Münster

Zusammenkopierte Promotionsarbeit: Zahnärztinnen wird Doktortitel aberkannt

Frank Biermann
Praxis
Seitenweise Plagiate in der Promotionsarbeit: Zwei Zahnärztinnen haben jetzt vor dem Verwaltungsgericht Münster gegen den Entzug ihres Doktortitels durch die Universität Münster geklagt. Erfolglos.

Zwar ist noch kein Urteil verkündet worden, der Vorsitzende Richter ließ aber in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, wie die Entscheidung ausfallen wird.

Beide Klagen werden demnach zurückgewiesen, eine Revision nicht zugelassen, resümierte der Richter, dazu sei die Rechtslage zu eindeutig. Damit haben die beiden klagenden Zahnärztinnen ihre Doktortitel, der ihnen im Jahr 2009 beziehungsweise 2011 verliehen worden war, endgültig verloren. Sobald die Entzugsentscheidung rechtskräftig geworden ist, dürfen sie ihren Doktortitel nicht mehr führen.

Abgeschrieben und zusammenkopiert

Zum Hintergrund: Nachdem Mitarbeiter der Internetplattform „VroniPlag Wiki“ die Universität Münster 2014 darauf hingewiesen hatten, dass die Dissertationen der Zahnärztinnen zum Teil „zusammenkopiert“ seien, und eine Untersuchungskommission der Fakultät festgestellt hatte, dass große Teile der Dissertationen Entsprechungen in anderen, früher erschienenen Veröffentlichungen aufwiesen, erklärte der Dekan der Medizinischen Fakultät 2016 die Promotionsleistungen für ungültig und nahm jeweils die Verleihung des Doktorgrades zurück.

In der ersten Dissertation waren auf 19 Seiten Fließtext bei 17 Seiten Plagiate zu erkennen, in der zweiten von 21 Seiten Fließtext 17 Seiten. Das Gericht vermochte in diesen Arbeiten zum Rattenhirn keine eigenständige wissenschaftliche Leistung erkennen. Die beiden Zahnärztinnen selber waren beim Prozess in öffentlicher Sitzung nicht anwesend.

Die Klägerinnen hatten sich gegen die Rücknahme ihres von der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verliehenen Doktorgrades („Dr. med. dent.“) gewandt.

Anwalt gibt Doktorvater die Schuld

Beide Frauen ließen sich in einem verbundenen Verfahren durch denselben Anwalt vertreten. Dieser versuchte dem betreuenden Doktorvater die Schuld für die verkorkste Dissertationen, die beide mit magna cum laude bewertet worden waren, zu geben. Seine Mandantinnen seien von diesem angewiesen worden, Formulierungen aus dessen Habilitationsschrift zu verwenden.

Ihr Verteidiger machte außerdem geltend, dass die  Arbeiten im Wesentlichen auf eigenständigen Forschungsarbeiten im Labor beruhten. "Das waren keine Arbeiten, die eine Laborassistenten erledigen konnte, dabei brauchte es wissenschaftlichen Sachverstand", sagte er in der mündlichen Verhandlung. Die partielle Vernachlässigung der wissenschaftlichen Zitierweise stelle keine Täuschungshandlung dar. Die am Promotionsverfahren beteiligten Personen seien keinem Irrtum unterlegen. Plagiate und Überschneidungen lägen darüber hinaus in der Natur der Sache, weil es sich um ein enges Fachgebiet handele. Auch hätte die Beklagte mildere Mittel wie eine Nachbesserung in Betracht ziehen müssen.

Das Gericht: Getäuscht haben die Zahnärztinnen

Das seien zwei unterschiedliche Sachverhalte, urteilte der Richter - die Täuschung sei durch die beiden Doktorandinnen selber vorgenommen worden, sie hätten die bei Promotionen verbindliche  Erklärung unterzeichnet, dass sie alle von anderen Autoren wörtlich übernommenen Stellen gekennzeichnet und zitiert hätten.  

Es ist nicht das erste Verfahren dieser Art vor dem Verwaltungsgericht Münster, in bislang allen Fällen ist es beim Titelentzug geblieben, eine Revisionsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht NRW in Münster war ebenfalls erfolglos geblieben. Die Uni Münster hat nach den massiv aufgetretenen Plagiaten reagiert und in der medizinischen Fakultät eine eigene Plagiatssoftware eingeführt. 

Dr. Frank BiermannJournalist/ AutorMünster

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.