Studie zur Übertragbarkeit von SARS-CoV-2

Forscher erfassen erstmals Ansteckungsrisiko in chinesischen Bahnen

LL
Gesellschaft
Wissenschaftler werten reale Daten von Zugreisenden in China aus und leiten daraus das Risiko einer Übertragung von Passagier zu Passagier ab. Dabei sind Nähe und Reisedauer entscheidend.

Der Reiseverkehr trug wesentlich zur Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie in China bei, da sind sich Epidemiologen sicher. Allein im Januar reisten 150 Millionen Chinesen mit dem Zug. Forscher interessiert hier das Übertragungsgeschehen und damit die Verbreitung von SARS-CoV-2 im Land. Dazu wurden nun Ergebnisse einer umfangreichen Auswertung von Reise- und Infektionsdaten veröffentlicht.

In einer Studien-Kooperation werteten chinesische und britische Wissenschaftler Daten von gesicherten, symptomatischen Infektionsfällen aus, die bei einer Reisetätigkeit zwischen dem 9. Dezember 2019 und dem 5. März 2020 ermittelt wurden. Angaben zu den Sitzplatzierungen über drei Reihen um einen Infizierten wurden von den Bahnbetreibern zur Verfügung gestellt.

Diese Daten sind nicht übertragbar auf die Bahnreisen in Europa oder Deutschland, da hier zum Beispiel der Einfluss von hiesigen Klimaanlagen und dem dadurch erfolgten Luftaustausch berücksichtigt werden müsste. Chinas Hochgeschwindigkeitszüge sind stark klimatisiert. Jede Reihe verfügt über fünf Sitzplätze, hinter oder nebeneinander angeordnet. Es gibt keine Abteile oder gegenüberliegenden Sitze.

Nebeneinander infiziert sich jeder 29. Fahrgast

Sitzt ein Fahrgast unmittelbar neben einem Infizierten, so beträgt das Ansteckungsrisiko hier 3,5 Prozent. Knapp jeder 29. Sitznachbar steckte sich also an. Das Risiko steigt um 1,3 Prozent mit jeder Stunde Fahrt. Befindet man sich in derselben Reihe, beträgt das Risiko noch 1,5 Prozent (142 Ansteckungen bei 9.299 Kontaktpersonen) und nimmt um 0,15 Prozent im Laufe jeder Stunde zu. Es steckt sich also etwa jeder 65. Fahrgast an.

Mit jeder Sitzreihe nimmt die Infektionsrate ab

Eine Ansteckung im Zug ist im Ergebnis also möglich. Je näher der Sitzplatz und länger die Fahrdauer neben einem infizierten Passagier, desto höher ist das Ansteckungsrisiko: 2.334 Indexpersonen hatten insgesamt Kontakt zu 72.093 Fahrgästen und steckten nachweislich 234 weitere Personen an. Mit jeder Reihe, die ein Fahrgast von einem Indexpatienten entfernt saß, sankt das Ansteckungsrisiko um 0,045 Prozent. Logischerweise haben Personen, die allein sitzen, das geringste Ansteckungsrisiko.

Die Forscher empfehlen eine distanzierte Sitzplatzvergabe und das Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen zur Minimierung des Ansteckungsrisikos.

Maogui Hu, Hui Lin et al. 2020 "The risk of COVID-19 transmission in train passengers: an epidemiological and modelling study, Clinical Infectious Diseases"Studien-Kooperation

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