"Multikulturell ist normal!"

dg
Gesellschaft
Auf einen Dolmetscher kann Zahnarzt Jens Füting im multikulturellen Moabit verzichten: Seine Zahnmedizinischen Fachangestellten kommen aus ganz Europa und sprechen insgesamt sieben Sprachen. Warum der kulturelle Hintergrund für ihn trotzdem eine untergeordnete Rolle spielt, erzählt er hier.

Wie viele ZFA beschäftigen Sie?

Jens Füting: Zurzeit beschäftigen wir sechs ZFA, fünf ausgebildete ZFA und eine Auszubildende, die wir in Kooperation mit einer kieferorthopädischen Praxis ausbilden.

Welcher Herkunft sind die ZFA?

Wir haben zwei deutsche Mitarbeiterinnen sowie eine Polin und eine Türkin. Die Auszubildende ist serbischer Herkunft.

Welche Qualifikation haben sie mitgebracht?

Sie haben alle die Mittlere Reife, bis auf die türkische Kollegin. Sie hat den erweiterten Hauptschulabschluss. Die Ausbildung zur ZFA haben sie in Deutschland absolviert. 

###more### ###title### "Hier ist es sehr hilfreich, bilinguale Mitarbeiter zu haben!" ###title### ###more###

"Hier ist es sehr hilfreich, bilinguale Mitarbeiter zu haben!"

Was ist Ihre Motivation, ausländische ZFA anzustellen?

Grundsätzlich ist es bei dem hohen Ausländeranteil in Moabit sehr hilfreich, bilinguale Mitarbeiter zu haben, um in der Muttersprache der Patienten kommunizieren zu können. Ebenso ist der Anteil an Ausländerinnen und Migrantinnen unter den Auszubildenden ist sehr hoch.

Wie sieht die fachliche und menschliche Integration aus?

Die Mitarbeiterinnen sind alle hier ausgebildet worden, so dass sie die fachliche Kompetenz an der Berufsschule erworben haben. Aus meiner Sicht können die grundsätzlichen Defizite in vielen Fächern (Mathematik, Deutsch (Grammatik, Textverständnis etc.) nicht durch die Berufsschulen, also in einer hauptsächlich fachlichen Ausbildung, kompensiert werden. Diese Defizite gelten im Übrigen durchaus auch für deutsche ZFA und sind eher abhängig vom generellen Bildungsniveau und der allgemeinschulischen Vorbildung.

Und auf der menschlichen Ebene haben wir darauf geachtet, dass die Damen ins Team passen. Letztendlich ist das eine Frage der individuellen Offenheit, wie sich jemand ins Team einfügt. Der kulturelle Hintergrund hat eher eine untergeordnete Rolle gespielt.

Welche Probleme gab es?

Die schulische Vorbildung hat ein Problem dargestellt, da diese häufig schlecht ist. Grundkenntnisse in Deutsch, Mathematik etc. Die türkische Mitarbeiterin hatte anfangs starke Probleme in Wort und Schrift.

Wie haben Sie diese Probleme gelöst?

Wir haben mit der Kollegin zusammen einen privaten Deutschunterricht finanziert, den sie berufsbegleitend gemacht hat. Sprachlich hat sie der Deutschkurs weit nach vorn gebracht.

Welche externen Angebote zur Integration für Ihre Mitarbeiterinnen nehmen Sie wahr?

Keine.

Inwiefern hat sich die Arbeit im Team verändert?

Ich sehe das multikulturelle Team als Bereicherung. Auch die ZFA sehen das so. Es findet ein reger Austausch zwischen den Kulturen statt: Welche Traditionen gibt es? Wie ist der familiäre Hintergrund? Welche Lebensgewohnheiten gibt es in den verschiedenen Ländern?

###more### ###title### "Entscheidend sind soziale, familiäre und schulische Hintergründe." ###title### ###more###

"Entscheidend sind soziale, familiäre und schulische Hintergründe."

Welche Tipps können Sie Ihren Kollegen für die Integration ausländischer ZFA in der Praxis geben?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gar nicht mehr so darum geht, ob eine Bewerberin beziehungsweise Mitarbeiterin Ausländerin ist oder nicht, sondern eher darum, welche Sozialkompetenzen, persönliche Motivation, welches Verhalten und Auftreten sie gegenüber dem Patienten mitbringt. Das sind meiner Meinung nach die entscheidenden Kriterien.

In einer multikulturellen Stadt wie Berlin, sollte die Herkunft einer Zahnmedizinischen Fachangestellten keine Rolle spielen. Entscheidend sind soziale, familiäre und schulische Hintergründe. Der Migrationshintergrund spielt eine untergeordnete Rolle.

Welche Sprachen decken Sie mit Ihrem Team ab?

Wir sprechen Deutsch, Polnisch, Türkisch, Serbisch, Französisch, Englisch und ein wenig Spanisch. 

Wie reagieren die Patienten auf das multikulturelle Team?

In Moabit liegt der Ausländeranteil bei circa 40 Prozent. Dementsprechend ist das multikulturelle Team für die Patienten normal. Religiöse und kulturelle Hintergründe spielen kaum eine Rolle.

Inwieweit bringen die ZFA ihre kulturelle Herkunft in die Arbeit ein? Gibt es einen Austausch?

Ja, den gibt es: Wir sind zum Beispiel alle bei der Hochzeit der Schwester der türkischen Mitarbeiterinnen eingeladen gewesen. Das war eine tolle Erfahrung.

Die Fragen stellte Daniela Goldscheck.

Am 1. Dezember erscheint die zm 23 mit der Titelstory "ZFA"!

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.