Zwei von fünf SchweizerInnen haben Bedenken, dass die Behörden eine Contact-Tracing-App zur stärkeren Überwachung der Bevölkerung nutzen könnten. Zugleich wollen mehr als zwei Drittel (68 Prozent), die App "auf jeden Fall" oder "wahrscheinlich" installieren. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Umfrage der School of Management and Law der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW, englisch Zurich University of Applied Sciences).
Laut Umfrage würde in der Schweiz die kritische Masse von 60 Prozent App-Nutzern - ab der ein Einsatz epidemiologisch potenziell erfolgversprechend ist - "wahrscheinlich" erreicht. | ZHAW
Die Studie untersuchte die Einstellung gegenüber einer App zur freiwilligen, anonymen Kontaktnachverfolgung via Bluetooth, wie sie in der Schweiz - und auch in Deutschland - zur Eindämmung der Pandemie geplant ist.
"Trotz der hohen grundsätzlichen Akzeptanz gibt es in der Bevölkerung offenbar einige Bedenken – selbst gegenüber einer Contact-Tracing-App, die keine Standort- und Bewegungsdaten erfasst", erklärt Nico Ebert, Dozent am Institut für Wirtschaftsinformatik der ZHAW.
Viele der befragten SchweizerInnen befürchten Fehlfunktionen, Einfallstore für Hacker oder möchten ihr Bluetooth nicht dauerhaft aktivieren. | ZHAW
Neben der Überwachungsgefahr befürchten rund 40 Prozent der SchweizerInnen, dass die App nicht richtig funktioniert und beispielsweise Fehlalarme auslösen könnte. Etwa 30 Prozent sorgen sich, dass ihr Smartphone leichter gehackt werden könnte.
9 von 10 würden eigene Infektion melden
Wie die Studie weiter zeigt, beabsichtigen fast 9 von 10 Befragten, eine eigene SARS-CoV-2-Infektion "auf jeden Fall" oder "wahrscheinlich" in der App zu melden. Eine große Mehrheit würde auch der Aufforderung der App folgen, eigene Kontakte stärker zu reduzieren oder sich in häusliche Quarantäne zu begeben, wenn ein erhöhtes persönliches Infektionsrisiko vorliegt.
Nicht einmal zehn Prozent der Befragten würden eine SARS-CoV-2-Infektion nicht der App melden. | ZHAW
Als Gründe für die Nutzung der App nannten die Befragten vor allem das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Allgemeinheit (73 Prozent) und den Schutz von Familie und Freunden (67 Prozent). Die Hälfte möchte außerdem zur Reduktion von Todesfällen unter älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen beitragen.
Das Szenario entspricht der geplanten Lösung in Deutschland
Die Umfrage wurde im Zeitraum vom 17. bis 26. April 2020 durchgeführt. Es beteiligten sich 1.929 erwachsene SchweizerInnen. Grundlage für die Befragung war das Szenario einer App, die keine Standort- und Bewegungsdaten erfasst. Sie registriert stattdessen via Bluetooth anonym längere Kontakte zu anderen App-Nutzern und informiert diese, wenn sie sich in der Nähe einer Person befunden haben, die eine Infektion gemeldet hat. Das Konzept entspricht der europäischen Initiative DP-3T, die eine dezentrale Datenspeicherung vorsieht - so wie sie die deutsche Bundesregierung für ihre nationale Lösung auch vorsieht.
Keine Kommentare