Interview

"Zufriedene Azubis sind beste Werbeträger"

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Die erste volle Woche für die Azubis in Deutschlands Zahnarztpraxen beginnt. Wo noch Stellen frei sind und was die Kammern tun, erklärt D.M.D./Univ. of Florida Henner Bunke, Referent bei der Bundeszahnärztekammer für die Belange der Zahnmedizinischen Fachangestellten im Interview.

zm-online: Herr Bunke, konnten in diesem Jahr alle offenen Azubi-Stellen in Zahnarztpraxen besetzt werden?

Henner Bunke:Leider nein, der demographische Wandel führt zunehmend zu weniger Bewerberinnen und Bewerber, um die sich eine gleichbleibend hohe Zahl von mittelständischen Betrieben bemüht.

In welchen Gegenden ist es denn besonders schwierig, Kandidaten zu finden?

Am schwierigsten ist die Lage in den deutschen Großstädten (http://500 ZFA-Azubis starten allein in Berlin _blank external-link-new-window). Deutlich mehr als 50 Prozent der Schulabgänger streben hier eine akademische Laufbahn an und durch die anstehenden geburtenschwachen Jahrgänge wählen immer weniger junge Menschen die vom Arbeitsplatz her sicheren Berufe, die durch eine duale Ausbildung erreicht werden können.

Könnten ausländische Fachkräfte eine Chance für den deutschen Fachkräftemangel sein?

Derzeit eher noch nicht, denn Sprachkenntnisse sind eine Voraussetzung für die berufliche Integration ausländischer Fachkräfte. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Zahnärztekammern können und werden sicherlich mit fachlichen Auffrischungskursen die Integration von ausländischen Fachkräften unterstützen. Somit werden mittelfristig ausländische Fachkräfte den deutschen Fachkräftemangel – auch in den Zahnarztpraxen – abmildern können.

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In der Top-10-Liste der beliebtesten Ausbildungsberufe rangiert die Medizinische Fachangestellte auf Platz 7 – die ZFA ist nicht dabei. Wo vermuten Sie die Gründe?

Grund ist eine im Vergleich zu anderen Berufen mangelnde Attraktivität – für die jungen Menschen selbst aber auch für die Berufsberatungen. Dabei bieten die Landeszahnärztekammern einen ganzen Strauß von Maßnahmen an, um den Beruf ZFA attraktiver zu machen: Das geht über die sehr nachgefragten Aufstiegsfortbildungen zur ZMF, ZMP, ZMV oder DH, die in vielen Landeszahnärztekammern berufsbegleitend gebucht werden können.

Zusätzlich hilfreich für einen Attraktivitätsgewinn wäre es aber sicherlich, wenn auch die Praxen ihre Ausbildungsquantität und -qualität noch weiter verbessern würden. Dazu gehört auch das Ausschöpfen der Potentiale professioneller Teambildung unter Einsatz nach innen wie nach außen gezeigter Wertschätzung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Allzu oft kommen Lob und Anerkennung für die geleistete Arbeit im hektischen Praxisalltag zu kurz. Zufriedene Auszubildende und Mitarbeiter sind die besten Werbeträger, die man sich wünschen kann.

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"Wir werden die Möglichkeit der Teilzeitausbildung noch stärker herausstellen"

Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, zusätzlich zu den bestehenden Aufgaben als Praxisinhaber auch noch einen Menschen auszubilden?

Das ist doch heute schon alternativlos, da der Arbeitsmarkt nicht genügend leistungsstarke Fachkräfte vorhält. Während der Ausbildung hat ein Praxisinhaber die Möglichkeit, einen jungen Menschen positiv für ein Arbeitsleben mit zu formen, das allein ist doch schon eine reiz- und verantwortungsvolle Aufgabe.

Was kann man Azubis im Rahmen der Ausbildung bieten, damit sie sich wohlfühlen und gegebenenfalls später auch in der Praxis weiter arbeiten?

Neben einem strukturierten Ausbildungsprogramm in der Praxis in erster Linie Wertschätzung, stets ein offenes Ohr und eine angemessene Bezahlung.

Was raten Sie einem Ausbilder, der zum ersten Mal zur/ zum ZFA ausbildet?

Buchen Sie einen Ausbildungsberaterkurs bei Ihrer Landeszahnärztekammer, dort finden Sie zu allen Fragen rund um die Ausbildung Unterstützung. Leider werden das Wissen und die Fertigkeiten, die für eine qualifizierte Ausbildungstätigkeit erforderlich sind, in Deutschland den Zahnärzten in ihrer universitären Ausbildung nicht vermittelt. Und Naturtalente sind auf dem Bereich eher selten anzutreffen.

Und welchen Beitrag leisten die Kammern, um die Ausbildung zu stärken?

Die Landeszahnärztekammern haben gerade in den letzten Monaten vieles zum Thema Ausbildung, Fortbildung und Delegation erarbeitet, dieses Thema ist für alle Praxisinhaber immens wichtig, um eine erfolgreiche Praxis zu führen.

Wir werden auch in den nächsten Jahren unsere Anstrengungen erhöhen, unsere Mitglieder im Rahmen der Berufsausbildung von Zahnmedizinischen Fachangestellten zu unterstützen. Wir werden weiterhin – und gerne auch zunehmend – Kurse für Ausbildungsinteressierte anbieten, in denen das Grundhandwerkszeug der Ausbildung vermittelt wird. Diese Kurse bieten wir schon seit Jahren sehr erfolgreich an und sie erfreuen sich zunehmend auch bei ausbildungserfahreneren Kolleginnen und Kollegen einer großen Beliebtheit.

Ferner werden wir künftig die Möglichkeit der Teilzeitausbildung noch stärker herausstellen. Die ZFA ist ein ausgesprochener Frauenberuf, insofern ist die Frage der Vereinbarkeit von Kind und Ausbildung von großer Bedeutung. Gerade durch die Möglichkeit der Teilzeitausbildung können junge Mütter ins Berufsleben integriert werden, ohne dass der Nachwuchs zu kurz kommt. Darüber hinaus beabsichtigen wir künftig kammerseitig Wiedereinstiegskurse für Fachkräfte anzubieten, die etwa durch eine Familienphase länger aus dem Beruf heraus sind.

Und natürlich werden wir auch uns in den Kammern für die Bewerbung des ZFA-Ausbildungsberufes intensiv schulen, um die gesamte Klaviatur der Möglichkeiten spielen zu können, die ein modernes Marketing heute bietet. Ziel soll dabei sein, die Positionierung des Berufsbildes ZFA im Beliebtheitsbenchmarking des Ausbildungsberufsangebots mindestens und nachhaltig unter die TOP 10 zu bekommen.

Anmerkungen der Redaktion:

Die Top-10-Angaben bei der Recherche für dieses Interview entsprachen einer Auflistung für beide Geschlechter. Betrachtet man die beliebtesten Ausbildungsberufe bei Frauen (Stat. Bundesamt 2014), so liegt die Zahnmedizinischen Fachangestellten auf Rang 5 nach der Medizinischen Fachangestellten (4).

Laut einer Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) stehen den jährlichen Kosten (für alle Ausbildungsjahre) von 12.336 Euro Erträgefür die Zahnarztpraxis aus der geleisteten Arbeit von 12.816 Euro gegenüber.

Und wenngleich bundesweit ZFA gesucht werden, scheint es auch Arbeitslose mit dieser Ausbildung zu geben. Zum Jahresende 2014 waren bundesweit 5.355 ZFA arbeitslos gemeldet, wie dem Statistischen Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer zu entnehmen ist.

Die definitiven Azubi-Zahlen für die Auszubildenden in Deutschen Zahnarztpraxen werden zum 31.09. erfasst.

 

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