Digitales Versorgung-Gesetz (DVG)

AOK befürchtet zu hohe Kosten durch verordnete Gesundheits-Apps

nb/pm
Der AOK-Bundesverband sieht Licht und Schatten im Digitalen Versorgung-Gesetz (DVG): Es gebe gute Ansätze für echte Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, aber vieles sei einfach zu teuer.

Der AOK-Bundesverband warnt in seiner Stellungnahme zum DVG vor allem vor hohen Folgekosten und vor möglichen Risiken für die Patientensicherheit beim geplanten Zulassungsverfahren für digitale Gesundheits-Apps.

"Wir finden es richtig, dass digitale Gesundheitsanwendungen in die Patientenversorgung aufgenommen werden. Insbesondere die erweiterten Möglichkeiten für die Kassen, ihren Versicherten geeignete Apps zur Unterstützung der Versorgung im Wettbewerb anzubieten, wären in unserem Sinne", sagt der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. "Diese Möglichkeit wird jedoch faktisch ins Leere laufen, da digitale Gesundheitsanwendungen in Zukunft ohne ausreichende Überprüfung ihres Gesundheitsnutzens ohnehin von den Krankenkassen übernommen werden müssen – und dies zu einem vom Hersteller frei gesetzten Preis."

Die Hersteller von Gesundheits-Apps könnten ihre Preise selbst festlegen - bei unklarem Nutzen!

Dieser "Freifahrtschein" habe schon bei den Arzneimitteln zu überhöhten Preisen geführt, kritisiert Litsch. Hinzu komme, dass die Hersteller angesichts beliebig wählbarer Produktzyklen für Gesundheitsanwendungen jedes Jahr neue Produkte auf den Markt bringen und damit den Preisvereinbarungen komplett ausweichen könnten.

Durch die im DVG-Entwurf vorgesehenen Finanzierungsregelungen entstehe so ein erhebliches Kostenrisiko für die gesetzlich Versicherten."Schon bei einer stichprobenartigen Betrachtung des Angebots von drei Anbietern und einer geschätzten Verschreibungsquote von 25 Prozent kommen wir auf geschätzte Mehrkosten für die GKV von jährlich 2,5 Milliarden Euro", warnt Litsch.

Gleichzeitig besteht aus Sicht der AOK-Experten ein relevantes Risiko für die Patientensicherheit: Für digitale Anwendungen, die de facto neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren darstellen, sei kein Nachweis eines patientenrelevanten Nutzens vorgesehen.

"Zumindest für digitale diagnostische oder therapeutische Anwendungen, die über reine Servicefunktionen hinausgehen, müssen Studien Pflicht werden. Ohne die Verpflichtung, belastbare Studien durchzuführen, werden wir nie wissen, ob der Nutzen einer solchen Anwendung tatsächlich größer ist als der Schaden", rügt Litsch.

AOK fordert Nutzen-Nachweis durch G-BA

Daher fordert die AOK eine Bewertung des Nutzens der digitalen Gesundheits-Apps durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Zudem sollte der Preis für diese digitalen Anwendungen aus Sicht der AOK nicht im langwierigen zentralistischen Verfahren auf Bundesebene vereinbart werden, sondern analog zum Hilfsmittelbereich in wettbewerblichen Verhandlungen zwischen Kassen und Anbietern. "Die Erwartungen der Versicherten an ein gutes Angebot werden dazu führen, dass alle Krankenkassen ein Interesse haben, mit den Herstellern zügige Vereinbarungen zu schließen", prognostiziert der AOK-Vorstand.

Das DVG hat laut Litsch insgesamt das Zeug dazu, "die digitalen Innovationen im Gesundheitswesen zu fördern und die Vernetzung voranzubringen". So begrüße man auch die Regelungen zur versichertenzentrierten elektronischen Patientenakte. "Die Vorteile der Digitalisierung werden allerdings nicht zum Tragen kommen, wenn die

Finanzierungsmechanismen der Papierwelt einfach auf die digitale Patientenakte übertragen werden", sagt Litsch weiter.

"Es kann nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen sein, die Nutzung der elektronischen Akte durch die Ärzte zu incentivieren und für jeden Klick extra zu bezahlen. Klickraten mögen die Geschäftsmodelle der Internetkonzerne beflügeln. In der sozialen Krankenversicherung müssen der tatsächliche Aufwand und der Nutzen für die Versicherten an erster Stelle stehen."

Die Anhörung der Verbände zum DVG findet am 17. Juni statt.

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