AWMF zu Spahns Versuch, den G-BA zu entmachten

"Die Generalermächtigung des BMG untergräbt eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik"

nb/pm
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) rügt den jüngsten Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn scharf. Er will neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden unabhängig vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Kassenleistung machen - per Rechtsverordnung.

Sie lehnt eine "Generalermächtigung des Bundesgesundheitsministeriums" ab. In einer

https://idw-online.de/de/attachmentdata70688.pdf - external-link-new-window

heißt es, man nehme "mit Erstaunen" zur Kenntnis, dass Spahn nur wenige Tage vor der Anhörung zum Regierungsentwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) einen Änderungsantrag eingebracht hat.

Inhaltlich sieht der Änderungsantrag die Einführung eines §94a in das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) vor, durch den das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in die Lage versetzt werden soll, per Verordnungsermächtigung neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden unabhängig von einer Entscheidung des G-BA in den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzunehmen. Explizit soll dies auch für Methoden gelten, deren Nutzen nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin noch nicht belegt ist oder die vom G-BA bereits abgelehnt wurden.

AWMF: "Notwendige Studien zur Erprobung von Verfahren werden so verhindert"

Die AWMF lehnt eine solche Generalermächtigung des BMG strikt ab, da sie:

• "eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik untergräbt, für die sich die AWMF einsetzt;

• den Umstand missachtet, dass das BMG bereits nach geltender Rechtslage im Einzelfall die Möglichkeit hat, eine Behandlungsmethode zur Kassenleistung zu machen, so dass Patientinnen und Patienten auch bei unsicherer Evidenzlage Zugang zu Leistungen im Rahmen des GKV- Katalogs gewährleistet werden kann;

• geeignet ist, notwendige Studien zur Erprobung von Verfahren, die nach geltender Rechtslage vom G-BA zum Wohle von Patientinnen und Patienten initiiert werden können, zu verhindern."

Einer Aushebelung der Selbstverwaltung durch eine Generalermächtigung des BMG ist entschieden entgegen zu treten.

Einer "Aushebelung der Selbstverwaltung" durch "eine Generalermächtigung des BMG" sei daher entschieden entgegen zu treten. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hatte bereits am Montag angemahnt, dass Maßstäbe der Methodenbewertung "nicht grundsätzlich aufgeweicht werden sollten", vielmehr sollte man "die Kompetenz für die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in den Händen des G-BA belassen", forderte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer.

Zielführend erscheine jedoch aus Sicht der AWMF jedoch, die aktuell sehr hohen Hürden für Erprobungsstudien, die vom G-BA initiiert werden können, zu prüfen. Seit 2012 gilt §137e SGB V „Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“, der dem G-BA erlaubt, bei gesehenem Bedarf ein Verfahren auszusetzen und eigene Studien zu initiieren. Keine dieser avisierten Studien sei jedoch bisher erfolgreich zum Abschluss gekommen, so die AWMF.

Der Verband regt deshalb an, die Anforderungen an den G-BA bezüglich Erprobungsstudien gemeinsam mit Vertretern von Selbstverwaltung und Wissenschaft unter Beteiligung des BMG zu überprüfen. Dabei sollten auch verschiedene Studiendesigns und deren Realisierbarkeit kritisch diskutiert werden.

"Eine pragmatische, zügige und patientenorientierte Prüfung von Interventionen beziehungsweise Versorgungsleistungen im Rahmen adäquater und machbarer Studien ist anzustreben", heißt es in der Stellungnahme.

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