Interessenkonflikte im Unterricht

Medizinstudierende fordern Regeln zum Umgang mit der Pharmaindustrie im Studium

ck/pm
Einer neuen Studie zufolge konnten nur an zwei medizinischen Fakultäten Richtlinien identifiziert werden, die Rahmenbedingungen für Kontakte mit der Industrie schaffen. Der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) fordert mehr Klarheit.

"Unser Studium soll uns darauf vorbereiten, Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen. Kommerzielle Interessen der Pharmaindustrie dürfen darauf keinen Einfluss haben. Es liegt in der Verantwortung der Universitäten, das sicherzustellen", erläutert Mitautor Leonard Heß, der an der medizinischen Fakultät der Universität Hamburg studiert.

Die Studie, an der Studierende der bvmd und der Universities Allied for Essential Medicines (UAEM Europe e.V.) beteiligt waren, hatte untersucht, wie medizinische Fakultäten in Deutschland angehende Ärztinnen und Ärzte während des Studiums vor unangemessener Beeinflussung schützen. Von 38 medizinischen Fakultäten in Deutschland antworteten 16. Insgesamt behandeln nur wenige Universitäten das Thema Interessenkonflikte im Unterricht, in der Studie gab keine Universität entsprechende Lehre an.

Fazit: Deutsche Unis ignorieren das Thema Interessenkonflikte im Studium

Fazit der Studie: Anders als in den USA, wo Regelungen und Lehre verbreitet sind, ignorieren Universitäten in Deutschland das Thema Interessenkonflikte im Studium und verpassen dadurch die Chance, angehende Mediziner*innen frühzeitig auf den professionellen Umgang mit Pharmaunternehmen vorzubereiten.

In früheren Umfragen gaben mehr als acht von zehn Medizinstudierenden an, schon einmal Zuwendungen erhalten zu haben. Dies können zum Beispiel Geschenke, Lehrmaterialien oder die Teilnahme an gesponserten Veranstaltungen sein. Zu ersten Berührungen mit der Pharmaindustrie kommt es also bereits am Beginn der Ausbildung. Dabei ist bekannt, dass Marketingstrategien dieser Unternehmen ärztliche Entscheidungen beeinflussen können. Dazu passt, dass sich die Mehrheit der Studierenden nicht ausreichend auf Interaktionen mit der Industrie vorbereitet fühlt.

Bereits 2013 hatte die bvmd in ihrem Positionspapier "Beeinflussung der Freiheit von Lehre" ein größeres Engagement der Fakultäten gefordert. "Wenn wir einen wissenschaftlichen Kongress besuchen, zeigen viele Vortragende eine Folie, auf der sie offenlegen, von welchen Pharmaunternehmen sie beispielsweise Gelder erhalten haben", erklärt Sophie Gepp, Studentin an der Charité Berlin und Mitautorin der Studie. "In Vorlesungen habe ich das nie erlebt, auch wenn teilweise über dieselben Inhalte gesprochen wird", so Gepp.

Was die Studierenden fordern

Die Studierenden der bvmd und UAEM wollen Veränderung. Sie fordern:

Ein erweitertesfächerübergreifendes Lehrangebot zu Interessenkonflikten in der Medizin.

Eine konsequente Offenlegung von Interessenkonflikten von Dozierenden gegenüber Studierenden.

Einen regulierten Rahmen für den Kontakt mit der Industrie auch für Studierende.

Unterstützt wurde die Arbeit vom Verein unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte MEZIS e.V. Auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft begrüßte die Initiative der Studierenden.

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