Leserbrief

"jameda kombiniert Werbung mit Bewertung!"

Peter Gorenflos
Praxis
Heute will der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe sein Urteil zu den Rechten von Arztbewertungsportalen verkünden. "Höchste Zeit", findet zm-Leser Dr. Peter Gorenflos.

Leserbrief zum Beitrag„jameda in der Kritik: Wer zahlt, gewinnt“, zm 3/2018, S. 34-35.

Die Beteuerungen jamedas, man würde Bewertungen von Kunden und Portal-Zwangsteilnehmern nach den gleichen Kriterien veröffentlichen, ist offensichtlich Augenwischerei. Man stelle sich vor, zahlende Kunde hätten die schlechteren Noten: Das Portal wäre bald insolvent. Aber selbst wenn es der höheren Aufmerksamkeit oder den schönen Profilfotos der Kunden zu verdanken ist, dass diese die besseren Bewertungsdurchschnitte erzielen, wäre es dennoch inakzeptabel, ein Portal zuzulassen, bei welchem zahlende Kunden besser abschneiden als nicht zahlende Ärzte oder Zahnärzte, die laut BGH-Urteil von 2014 keine Option zur Profil-Löschung haben.

Die „Systemarchitektur“, das Geschäftsmodell des Kombinations-Portals jameda – man kombiniert Werbung mit Bewertung – legt einen ganz anderen Verdacht nahe. Man manipuliert nicht die Bewertungen, sondern die Bewertungsdurchschnitte, indem man bei Kunden schlechte Bewertungen behindert oder auf Kritik hin schnell entfernt. Bei den Zwangsteilnehmern sind schlechte Bewertungen erwünscht und man entfernt sie nur zögerlich oder gar nicht, wenn der Betroffene Einspruch erhebt. Denn es ist die Diskrepanz der Bewertungsdurchschnitte zugunsten der Kundschaft, die das Geschäft profitabel macht, neue Kunden generiert, Zwangsteilnehmer unter Druck setzt, „überzulaufen“. Cui bono?!

Alle weiteren Maßnahmen, Online-Terminvergabe oder Video-Sprechstunde, sind nur ein Ablenkungsmanöver, denn meines Erachtens handelt es sich hier um unlauteren Wettbewerb und der steht laut UWG unter Strafe. Das BGH-Urteil von 2014 hat den Kombinationscharakter des jameda-Portals – Werbung und Bewertung – unberücksichtigt gelassen und damit unbeabsichtigt eine Lizenz zum unlauteren Wettbewerb erteilt.

Es stellen sich zwei Fragen. Erstens die Frage nach dem Schaden, der durch jamedas Geschäftspraktiken entstanden ist. Alleine die ambulante ärztliche Versorgung der GKV kam in 2016 auf ein Volumen von 36,5 Milliarden Euro pro Jahr, ohne die Aufwendungen der PKV. Wenn durch Abwerbung von Patienten vorsichtig geschätzt nur ein halbes Prozent Schaden angerichtet wurde, dann beläuft sich die Summe 182,5 Millionen Euro.

Zweitens: Weshalb haben BÄK und KBV 2010 in einem „Clearingverfahren Arztbewertungsportale“ jameda gute Noten erteilt, statt vor den absehbaren Folgen eines Kombinations-Portals zu warnen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Brannte das Haus noch nicht genug, um die Feuerwehr zu holen?

Jedenfalls wird es Zeit, Fairness und Kollegialität wiederherzustellen. Dafür brauchen wir auch den Bundesgerichtshof, der am 20. Februar – hoffentlich – zu einer Neubewertung der Angelegenheit kommt.

Dr. Peter Gorenflos, Berlin

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