Urteil zu Bewertungsportalen

Marketingagenturen dürfen für Ärzte keine Löschungen beantragen

Matthias Hechler
Praxis
Marketingagenturen dürfen nicht gegen negative Bewertungen auf Arztbewertungsportalen wie jameda vorgehen. Das Landgericht München sieht darin eine unerlaubte Rechtsdienstleistung. Das Urteil kommentiert für uns Rechtsanwalt Matthias Hechler.

Das Landgericht München II (Einstweilige Verfügung, Beschluss vom 23. März 2017, 13 O 1094/17 Rae) hat einer Marketingagentur die Löschtätigkeit von Bewertungen im Auftrag von Ärzten und Zahnärzten verboten. Die Agentur hatte Ärzten angeboten, gegen negative Bewertungen auf der Bewertungsplattform jameda vorzugehen. Das Landgericht sah in der Löschtätigkeit der Marketingagentur eine unerlaubte Rechtsdienstleistung und untersagte diese Tätigkeit generell.

Eine Rechtsvertretung ist ausschließlich Rechtsanwälten erlaubt

Einige Marketingagenturen oder Internetdienstleister haben ihr Leistungsspektrum mittlerweile auf ein Vorgehen gegen negative Bewertungen ausgedehnt. Sie bieten unter anderem Ärzten und Zahnärzten Leistungen an, die auf die Löschung von negativen Bewertungen auf Portalen wie Google Maps oder jameda gerichtet sind.

Derartige Angebote und Leistungen verstoßen grundsätzlich gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Nach dem RDG ist eine Rechtsvertretung im Einzelfall ausschließlich Rechtsanwälten erlaubt. Die Tätigkeit für Dritte im Zusammenhang mit der Löschung von negativen Internetbewertungen stellt grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung dar und fällt daher unter den Schutzbereich des RDG.

Unter das Tätigkeitsverbot fällt bereits das Kontaktieren des Portalbetreibers jameda im Namen des Arztes. Da Marketing- oder Internetagenturen keine Anwälte und daher rechtlich ungeeignet sind, Ärzte gegenüber Bewertungsportalen zu beraten oder zu vertreten, ist deren Tätigkeit auf diesem Gebiet rechtswidrig.

Komplexe juristische Angelegenheit

Die Beschränkung von Rechtsdienstleistungen auf Rechtsanwälte hat einen guten Grund. Jedes Rechtsgebiet ist enorm komplex, erst recht die nicht alltägliche Thematik rund um Internetbewertungen. Hier bedarf es spezieller Kenntnisse auf dem Gebiet des Persönlichkeits- und Äußerungsrechts.

Unliebsame Bewertungen sind nur dann zu löschen, wenn das Persönlichkeitsrecht des Arztes das Informationsinteresse des Portalbetreibers überwiegt. Zentrale Frage ist hierbei die Einstufung der Bewertung als Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung. Auch die Problematik der Patienteneigenschaft spielt bei jameda eine Rolle. Hieraus wird ersichtlich, dass die Beanstandung einer negativen Bewertung eine komplizierte juristische Angelegenheit darstellt.

Lapidare E-Mails an den Portalbetreiber helfen nicht weiter

Zudem wehren sich Portalbetreiber mittlerweile vehement gegen jede Löschung. Die Entfernung negativer Bewertungen lässt sich daher nicht mit lapidaren E-Mails an den Portalbetreiber mit einer Löschungsaufforderung erreichen. Letzteres gaukeln Marketing- und Internetagenturen (leider) allzu oft vor, was einem Betrug gleichkommt.

Niemand – auch kein Anwalt – kann die Löschung einer Bewertung garantieren. Daher gilt für Ärzte: Finger weg von Marketingagenturen, wenn es um die Löschung negativer Bewertungen geht. Oft enden diese Experimente nicht nur nach dem Motto „außer Spesen nichts gewesen“, sondern verschlechtern die Löschungschancen sogar.

Kein wirksamer Auftrag, kein Honorar

Die Rechtswidrigkeit der beauftragten Löschtätigkeit hat zur Folge, dass auch das zugrunde liegende Auftragsverhältnis unwirksam ist. Sofern Mediziner eine Internet- oder Marketingagentur mit der Löschung von Bewertungen beauftragt haben, können sie gegenüber der Marketingagentur die Bezahlung des Honorars verweigern beziehungsweise ein bereits bezahltes Honorar zurückfordern.

Matthias Hechler, M.B.A.Anwaltskanzlei Hechler,

Remsstr. 17, 73525 Schwäbisch-Gmünd

www.bewertungs-abwehr.de _blank

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