Zuckerkonsum im Visier

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Zahnmedizin
Die WHO plant eine Empfehlung, wonach nur noch fünf Prozent der täglichen Kalorien durch Zucker aufgenommen werden sollen, um Adipositas und Karies zu verringern. Die Bundesregierung hält dagegen. Wer hat recht?

Die Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen), ob die Bundesregierung die geplante Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation teile, hat die Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Ingrid Fischbach (CDU) verneint (Bundestagsdrucksache 18/2352).

Bisher gilt Obergrenze von zehn Prozent

"Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt seit dem Jahr 2002 eine Obergrenze von zehn Prozent der Nahrungsenergie für den Verzehr freier Zucker. Das primäre Ziel der aktuellen Überarbeitung der bestehenden Empfehlung zum Zuckerverzehr ist eine Verbesserung der wissenschaftlichen Evidenz und das Ableiten einer Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Zuckerkonsum und Auftreten gesundheitlicher Beeinträchtigungen (hier Karies und Adipositas)", so Fischbach.

Im Ergebnis komme die WHO in diesemEntwurfzu dem Evidenzgrad „moderat“. Die Reduzierung auf fünf  Prozent sei eine konditionelle Empfehlung. Die Evidenz ist schwächer und bedürfe weiterer Diskussion. Eine Freigabe der Richtlinie durch das WHO Guidelines Review Committee stehe noch aus. Welche inhaltlichenModifikationen an dem Entwurf vorgenommen werden, sei noch offen.

Bundesregierung orientiert sich an der DGE

Fischbach: "Die Bundesregierung orientiert sich in ihren Maßnahmen an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Diese sehen im Rahmen einer vollwertigen Ernährung ebenfalls nur einen mäßigen Zuckerkonsum vor (Regel sechs: Zucker und Salz in Maßen), ohne dabei jedoch eine fixe Obergrenze, wie die WHO, zu definieren."

Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und Karies kaum mehr nachweisbar 

"Es ist schon seit langem bekannt, dass der Zusammenhang zwischen Zuckerkonsum und der Häufigkeit des Auftretens von Karies epidemiologisch kaum mehr nachweisbar ist", kommentiert Prof. Stefan Zimmer, Leiter der Fakultät für Gesundheit und des Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Universität Witten/Herdecke, die WHO-Empfehlung. Das liegt laut Zimmer, der auch Vorsitzender derAktion Zahnfreundlich e. V.ist, an den vielfältigen Maßnahmen zur Prävention von Karies, die den Einfluss des Zuckers reduzieren.

Deutschland sei ein gutes Beispiel. Hier sei der Zuckerkonsum in den letzten 25 Jahren zwar weitgehend konstant geblieben, die Kariesprävalenz bei den 12-Jährigen aber um über 80 Prozent zurückgegangen.

Trotzdem bleibt Zucker Hauprisikofaktor

Zimmer: "Auch wenn das in Kohortenstudien nicht mehr deutlich nachweisbar ist, bleibt häufiger Zuckerkonsum neben schlechter Mundhygiene natürlich der Hauptrisikofaktor für das Entstehen von Karies. Insofern ist die geplante Verschärfung der WHO-Empfehlung zum Zuckerkonsum zumindest das richtige Signal." Ob dieses Signal kommt und ob es Wirkung zeigt, müsse sich erst noch erweisen.

Guideline ignoriert Aspekt der Frequenz

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) moniert in einemKommentar, dass sich die WHO-Guideline lediglich auf den Zuckeranteil an der Energiezufuhr konzentriert, ohne den wichtigen Aspekt der Frequenz des Zuckerkonsums zu thematisieren. Dies sei aus Public-Health-Sicht jedoch von großer Bedeutung und sollte aus Sicht der DGE ergänzt werden.

 

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