Leitartikel

Fehlende Legitimation

Peter Engel

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

im Herbst soll eine neue Gebührenordnung für Ärzte in Kraft treten. Eine Gebührenordnung, die auch für uns Zahnärzte eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung besitzt.

Die Private Krankenversicherung (PKV) und die Bundesärztekammer (BÄK) sind an das Bundesgesundheitsministerium mit der Forderung herangetreten, die GOÄ nach den entwickelten Vorstellungen umgehend zu novellieren. Ein Kernbestandteil des Vorschlags besteht in einer umfangreichen Änderung der Bundesärzteordnung. Hier haben sich PKV und BÄK den Auftrag ins Gesetz formuliert, eine „Gemeinsame Kommission“ (GeKo) einzurichten. In einer Zusammensetzung von Vertretern der BÄK, der PKV und der Beihilfe soll die Kommission Empfehlungen beschließen, unter anderem zur Anpassung der GOÄ an den medizinischen Fortschritt. Und sie soll Gründe für eine zulässige Gebührensteigerung zusammentragen sowie Gründe benennen, nach denen eine Steigerung unzulässig sein soll. Alles Aufgaben, die in die Zuständigkeit des Verordnungsgebers fallen.

Keine Frage, die GOÄ ist dringend überarbeitungsbedürftig. Nicht zuletzt belegt die nur halbherzige Erneuerung unserer GOZ im Jahr 2012, dass der Verordnungsgeber seine sicher undankbare Aufgabe nur ungern erfüllt. Was aber tun, wenn dringend nötige Erneuerungen nicht vorgenommen und Fehler nicht beseitigt werden? Der Gedanke, dass die von der Gebührenordnung unmittelbar Betroffenen das Gebührenrecht jetzt eigenständig weiterentwickeln, drängt sich auf. Bundeszahnärztekammer, PKV-Verband und die Beihilfestellen von Bund und Ländern haben daher das Beratungsforum für Gebührenordnungsfragen eingerichtet. Dieses erledigt seine Arbeit ohne Verankerung im Gesetz, getragen von der Überzeugung, dass es möglich ist, im partnerschaftlichen Miteinander Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Das Forum ist damit gelebte Verantwortung der Beteiligten, die auf diesem Weg gewährleisten, dass Auslegungsprobleme der GOZ nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.

Die veröffentlichten Beschlüsse sind jedoch (nur) unverbindliche Empfehlungen. Sie sind zwar unbedingt sinnvoll, das Gebührenrecht wird damit aber nur mittelbar weiterentwickelt. Die von der BÄK und dem PKV-Verband entwickelte GeKo versucht, dieses Dilemma durch einen neuen Weg aufzulösen: Aus europarechtlichen Gründen darf die Kommission nur Empfehlungen aussprechen. Aber nach den Vorstellungen der BÄK soll bis zum Letztentscheid des BMG eine „Zutreffendheitsannahme“ gelten.

Was das bedeutet, zeigt ein Blick in den GOÄ-Entwurf. Danach entwickelt die GeKo eine Negativliste für den Ausschluss bestimmter Steigerungsgründe, die auch für den Abschluss abweichender Honorarvereinbarungen gelten soll. Diese Liste soll auch dann schon verbindlich sein, wenn sie noch nicht Eingang in die GOÄ gefunden hat. Wird ein bestimmter Behandlungsumstand in die Liste aufgenommen, dann darf die Leistung weder als Begründung für eine Honorarsteigerung herangezogen werden, noch darf deswegen eine abweichende Honorarvereinbarung geschlossen werden.

Aus Sicht desjenigen, der der Politik Untätigkeit vorwirft, ist die GeKo ein konsequenter Schritt. Wenn sie jedoch verbindliche Empfehlungen ausspricht, in welchen Fällen eine Honorarvereinbarung untersagt sein soll, dann greift sie direkt ins Arzt-Patienten- Verhältnis ein. Ein Verhältnis, das durch eine individuelle, verantwortungsvolle und fachliche Entscheidungsfindung des (Zahn) Arztes und des Patienten geprägt ist. Staatliche Bevormundung hat hier ebenso außen vor zu bleiben wie die Bevormundung durch eine GeKo.

Die Ärzteschaft lädt sich mit der Kommission eine ungeheure Verantwortung auf die Schultern. Verantwortung zu übernehmen ist sicher richtig. Die Umsetzung erfordert aber höchstes Fingerspitzengefühl, will man nicht Wegbereiter für eine Bürgerversicherung werden.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Peter Engel

Präsident der Bundeszahnärztekammer

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