Urteil zur Aufklärung ausländischer Patienten

Hat der Angehörige richtig übersetzt?

Bei nicht Deutsch sprechenden Patienten müssen sich Zahnärzte genau überzeugen, ob die Behandlungsaufklärung verstanden wurde. Im Zweifel: Die Behandlung nur mit Dolmetscher durchführen.

Kommt ein Patient in die Praxis gilt bekanntlich folgender Grundsatz: Der Zahnarzt darf erst dann mit der Behandlung beginnen, wenn der Patient in diese eingewilligt hat. Und diese Einwilligung setzt voraus, dass der Patient ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Klingt einfach – ist es aber nicht.

Schon bei deutschen Patienten wird in Haftungsprozessen diskutiert, ob und wann ein Patient die Aufklärung nicht verstehen konnten – kommen Patienten in die Praxis, die kaum oder nur sehr wenig Deutsch sprechen, liegt die Herausforderung für den Zahnarzt ungleich höher.

Das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat in einem Urteil strenge Anforderungen an Ärzte gestellt, die Patienten behandeln, die nur unzureichend über deutsche Sprachkenntnisse verfügen. So muss in jedem Fall für die Übersetzung des Aufklärungsgesprächs ein Sprachmittler hinzugezogen werden. Dies sollte idealerweise ein qualifizierter Dolmetscher sein, den der Patient zu bezahlen hat.

Meist sind dies jedoch Bekannte oder Verwandte des Patienten, die etwas besser deutsch sprechen und/oder verstehen als er selbst. Das Problem für den Zahnarzt: Wie kann er sich sicher sein, ob die Aufklärung über die zahnärztliche Behandlung korrekt und zutreffend übersetzt wurde?

Genau hier setzt das Urteil an: Das OLG hatte zu klären, inwieweit ein Arzt verpflichtet ist, sich davon zu überzeugen, dass ein nur türkisch sprechender Patient die Aufklärung, die ihm von seiner Ehefrau übersetzt worden ist, tatsächlich verstanden hat. Das Gericht urteilte, dass dem Arzt hierbei eine weitreichende Überprüfungspflicht nachkommt. So muss er sich einen ungefähren Eindruck von den sprachlichen Fähigkeiten des Übersetzers verschaffen. Anschließend muss er durch eigene Beobachtung feststellen, dass dem Patienten übersetzt wird, und er muss aus der Länge des Übersetzungsvorgangs den Schluss ziehen können, dass eine vollständige Übersetzung vorliegt. Zum Schluss muss er sich durch Rückfrage an den Patienten einen Eindruck davon verschaffen, ob dieser die Aufklärung auch verstanden hat. Hat der aufklärende Arzt Zweifel, ob der Patient seine Ausführungen verstanden hat oder muss er solche Zweifel haben, ist er gehalten, sich der Hilfe eines Dolmetschers zu bedienen, von dessen ausreichenden Sprachfähigkeiten er hinreichend sicher ausgehen kann.

Piktogramme können helfen

Für die Praxis empfehlen Juristen, schriftlich zu dokumentieren, dass diese Anforderungen beachtet wurden. Grund: Auf Aussagen des Sprachmittlers könne man sich wegen des häufigen Verwandtschaftsverhältnisses nicht verlassen. Zudem sollte man den Übersetzungsvorgang mit Blick auf Indizien gegen eine korrekte Übersetzung beobachten. Wenn der Patient selbst fragt, muss sich der Arzt diese wiederum selbst übersetzen lassen.

Doch was, wenn es keine Klarheit darüber geben sollte, dass der Sprachmittler richtig übersetzt hat und der Patient die Aufklärung vollständig verstanden hat? Hier rät der Hamburger Rechtsanwalt Dr. Wieland Schinneburg dazu, die Behandlung so lange nicht zu beginnen, bis der Sachverhalt geklärt ist. Ausnahme: Der Notfall.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) trägt die Rechtsauffassung des OLG. „Vorhandene Sprachbarrieren stellen Zahnärzte immer wieder vor Herausforderungen im Praxisalltag“, sagt Prof. Dietmar Oesterreich, BZÄK-Vizepräsident: „Die Bundeszahnärztekammer hat dies zum Anlass genommen, ein Piktogrammheft zu veröffentlichen, das die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient durch die grafische Darstellung typischer Behandlungssituationen erleichtert und vereinfacht.“ Trotzdem gelte es, die dargestellten rechtlichen Aspekte unbedingt zu beachten.

Das Piktogrammheft steht auf der Internetseite der BZÄK zum kostenfreien Download zur Verfügung::www.bzaek.de

OLG Köln, Urteil vom 09.12.2015, AZ 5 U 184/14

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