Gesetzentwurf zum Versandhandelsverbot von Arzneimitteln

Kniefall vor der Lobby?

Der Gesetzentwurf zum Verbot des Versandhandels von Arzneimitteln ist ins Stocken geraten: Union und SPD sind uneins. Jetzt erhöht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Druck, um das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.

„Das ist nichts anderes als ein Kniefall vor der Apothekerlobby vor der Bundestagswahl und hat mit Versorgungssicherheit nichts zu tun“, schimpfte der baden-württembergische AOK-Chef Christopher Hermann auf die Pläne von Gröhe, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im vergangenen Oktober entschieden, dass die in Deutschland geltende Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneien und das damit verbundene Rabattverbot für ausländische Versandapotheken nicht zulässig ist. Ohne die Preisbindung ergibt sich aber für den Versandhandel ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Apotheke vor Ort.

Der Minister hatte mit seinem Gesetzesvorhaben zügig auf das Urteil reagiert. Er will einem Apothekensterben entgegenwirken – und folgte mit seiner Initiative der Argumentation der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände), die einen Einbruch der flächendeckenden Arzneimittelversorgung und eine wettbewerbsmäßige Schieflage der Präsenzapotheken befürchtet. Und öffentlichkeitswirksam dagegen mobil macht, unter anderem mit einer breit angelegten Unterschriftenaktion.

Die Gesetzespläne sind derweil ins Stocken geraten, die Fronten sind verhärtet: Die SPD sperrt sich gegen ein komplettes Versandhandelsverbot, die Union will es durchsetzen. Vor Kurzem haben die Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmer und Edgar Franke einen Alternativvorschlag vorgestellt, in dem die möglichen Rabatte der Versandhandelsapotheken zunächst auf einen Euro begrenzt und die Situation der Apotheken in zwei Jahren evaluiert werden sollen.

Derzeit befindet sich der Gesetzesentwurf in der Ressortabstimmung. Presseberichten zufolge blockiert Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) den Entwurf. Auch im Kabinett scheint Gröhe demnach noch keine Zustimmung zu seinem Vorhaben bekommen zu haben. In der Antwort des BMG auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zum Versandhandelsverbot heißt es jedenfalls, der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Regierung sei noch nicht abgeschlossen. Die Grünen erklären hierzu, der Entwurf stecke voller unbelegter Vermutungen und Widersprüche.

Wie geht es jetzt weiter? Der Minister will beim westfälisch-lippischen Apothekertag am 18. März weiter für sein Vorhaben werben. Unterdessen erhöht er den Druck: „Wir werden noch vor der Bundestagswahl ein Gesetz verabschieden“, erklärte er der Rheinischen Post.

Offen bleibt, welchen politischen Preis Gröhe zahlen will und muss, um sein Vorhaben gegenüber der SPD durchzusetzen.

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