Editorial

TI Rollout – Was lange währte, ist endlich gut?

Man mag es kaum glauben, aber die unendlich scheinende Geschichte der elektronischen Gesundheitskarte und der Telematikinfrastruktur (TI) verlässt nun das Land Phantásien (aus Michael Endes „Die unendliche Geschichte“) und steht kurz davor, in der Versorgungsrealität anzukommen. Damit hätte die gematik in ihrer 12-jährigen, an Pannen, Querelen und vor allem Zeitverzögerungen reichen Geschichte, tatsächlich das vom Gesetzgeber vorgegebene Ziel erreicht, zum Juli diesen Jahres mit dem Online-Rollout zur Telematikinfrastruktur zu starten und so den Onlineabgleich und die Aktualisierung der Versichertenstammdaten zu ermöglichen. Gelingt dieses, und daran sollte nicht zu zweifeln sein, wird den Gesellschaftern der gematik mehr als ein Stein vom Herzen fallen. Denn damit wären die massiven, seitens des Gesetzgebers angedrohten Haushaltssanktionen vom Tisch. Was jedoch nichts an dem Umstand ändert, dass trotz des enormen Drucks aus dem BMG bei Nichterreichung des vorgenannten Zieles die Ministerialen wissend und sehenden Auges die Falschen prügeln würden. Denn KZBV, KBV und der Spitzenverband Krankenkassen hätten mit erheblichen Haushaltskürzungen das ausbaden müssen, was seitens der Industrie nicht realisiert werden konnte: nämlich rechtzeitig das Herzstück der Telematikinfrastruktur, die zertifizierten Konnektoren, zu liefern.

Genau daran drohte der letzte große Test vor dem geplanten Online-Rollout auch zu scheitern, da in einer der beiden Testregionen, nämlich der Region Südost, die betraute T-Systems keine funktionsfähigen Konnektoren zur Verfügung stellen konnte. Da aber der Testbetrieb in der Region Nordwest mit dem Konnektor der CompuGroup Medical AG (CGM) den Testbetrieb erfolgreich bestreiten konnte, entschlossen sich die Gesellschafter, den Online-Rollout ab Juli zu starten.

Soweit so gut. Doch das Ganze – wie soll es im Gesundheitswesen auch anders sein – hat einen nicht ganz kleinen Haken. Denn zum Start des Rollouts im Juli wird nur und ausschließlich der Konnektor der CGM verfügbar sein. Frühestens Anfang 2018 rechnet man mit einem zertifizierten Konkurrenzprodukt. Was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass CGM solange den Preis bestimmen kann, bis der erste Konkurrenzkonnektor zertifiziert und lieferfähig am Markt sein wird. Dieser soll bis zu 1.000 Euro günstiger sein als das CGM-Produkt. Wohlgemerkt soll. Und nun stellen Sie sich einmal die Vertreter der Krankenkassen vor, die aus Preisverhandlungen mit der Pharmaindustrie gewohnt sind, den längeren Spieß in der Hand zu haben und mit ihrer enormen Nachfragemacht den Preis, sagen wir mal so, „wirksam im eigenen Sinne beeinflussen zu können“.

Das ist die Situation, in der die zahnärztliche und ärztliche Selbstverwaltung eine Finanzierungsvereinbarung für Kosten der Ausstattung inklusive Hardware und der Betriebskosten wie vom Gesetzgeber gefordert zu treffen hatten. Natürlich wiederum mit einer Frist belegt.

Während die KZBV zeitgerecht eine Vereinbarung mit den Kassen erzielen konnte (siehe Seite 18), ist die KBV noch im Clinch mit den Kassen. Ende April soll das Bundesschiedsamt entscheiden. Es geht um die volle Übernahme der Kosten für den Konnektor durch die Kassen. Bekanntermaßen wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Denn auch CGM muss die Vielzahl seiner Softwareanwender im Blick behalten. „Mondpreise“ für den Konnektor und rigides Marktgebaren, was letztlich als erhebliche Zusatzkosten bei den Praxisinhabern hängen bleiben würde, sind nicht zuträglich fürs weitere Geschäft des Softwareriesen. Vielleicht wird die Vereinbarung der KZBV ja als Maßstab herangezogen, die vertraglich Pauschalen für Ausstattungs- und Betriebskosten vereinbart hat, deren Höhe durch eine separate Vereinbarung im Nachgang bestimmt werden. Ob seitens der KZBV eine salomonische Vereinbarung geschlossen wurde, werden die nächsten Monate zeigen. Der Ovid zugeschriebene Aphorismus lautet im übrigen so: Was lange währt, wird endlich gut. Wir werden sehen... 

ri

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