Statement der DAJ

„Chancengleichheit bleibt die wichtigste Aufgabe!“

Erstmals gibt es verlässliche Daten zur Mundgesundheit der 3-Jährigen und die soziale Polarisation der Karies ist die eigentliche Herausforderung für künftige Präventionsbemühungen. Bettina Berg, Geschäftsführerin der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ), erläutert die Hintergründe der Studie und die Rolle der DAJ.

Mundgesundheitliche Prävention für Kinder und Jugendliche in Deutschland ist insgesamt eine große Erfolgsgeschichte: Fast 80 Prozent der 12-jährigen Sechstklässler in Deutschland haben kariesfreie bleibende Gebisse, der DMF-T ist mit 0,44 der niedrigste jemals gemessene Wert. Hinsichtlich der Zahngesundheit dieser Altersklasse liegt Deutschland damit zusammen mit Dänemark international an der Spitze. Für das Milchgebiss allerdings sehen die Zahlen weniger gut aus: In der Altersgruppe der 6- bis 7-Jährigen wiesen lediglich 53,8 Prozent der Kinder naturgesunde Gebisse auf, 1,73 Milchzähne pro Kind sind hier im Durchschnitt von Karies betroffen. Dass dies zwar unbefriedigend, aber dennoch Ergebnis erfolgreicher Prävention ist, legen die epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe, auch als „DAJ-Studien“ bekannt, in der Rückschau nahe: Seit 1994/95, als die erste der inzwischen sechs DAJ-Studien den Mundgesundheitsstatus von Kindern in Deutschland erhob, ist der dmf-t dieser Altersgruppe von damals 2,89 langsam, aber kontinuierlich mit jeder Studie gesunken. 


Das Gutachten der vorletzten DAJ-Studie von 2009 – wie alle vorangegangenen von Prof. Dr. Klaus Pieper, Marburg, durchgeführt – hatte darauf verwiesen, dass ein Gutteil der Milchzahnkaries kleiner Kinder vermutlich bereits vor dem 3. Geburtstag entsteht und Maßnahmen daher früher ansetzen müssen. Da das 2008 bundesweit in Kraft getretene Kinderförderungsgesetz den Ausbau der Kleinkindbetreuung in den Kitas forcierte, bot sich den in der DAJ zusammengeschlossenen Akteuren die Chance, die Gruppenprophylaxe für Kleinkinder auf- und auszubauen. Immer mehr Landesarbeitsgemeinschaften entwickelten Konzepte. Seit 2012 existieren bundeseinheitliche DAJ-Empfehlungen zur Prävention Frühkindlicher Karies im Rahmen der Gruppenprophylaxe. Diese wurden 2016 auf Basis einer kindheitswissenschaftlichen Expertise ausgebaut und unter dem Titel „Frühkindliche Karies: zentrale Inhalte der Gruppenprophylaxe für unter 3-jährige Kinder“ als gemeinsamer Handlungsrahmen veröffentlicht. Allerdings fehlte es bis dato an einer bundesweiten Datenbasis zur Verbreitung der frühkindlichen Karies. Entsprechend entschloss sich die DAJ, die Altersgruppe der 3-Jährigen als zu untersuchende Gruppe in die letzte Studie zu integrieren. 

In zehn Bundesländern war der (datenschutz-)rechtliche und organisatorische Rahmen gegeben, um 3-Jährige in Kitas zu untersuchen, insgesamt fast 100.000 Kinder. Das Ergebnis: Während 86 Prozent der Kleinen gesunde Gebisse haben, sind bei den 14 Prozent, die bereits Karies haben, durchschnittlich 3,6 Zähne betroffen. Davon sind wiederum nur 26 Prozent saniert. Dies zeigt, dass bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine Polarisation der Karies zu verzeichnen ist. Dies ist die eigentliche Herausforderung für künftige Präventionsbemühungen. „Das Ergebnis unserer aktuellen epidemiologischen Begleituntersuchungen belegt, dass die mundgesundheitliche Chancengleichheit weiterhin im Zentrum unserer Arbeit stehen muss“, bilanzieren die alternierenden DAJ-Vorsitzenden Dr. Michael Kleinebrinker vom GKV-Spitzenverband und Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. „Die aktuellen Daten belegen, dass in den vergangenen zwei Jahrzehnten alle Kinder in Deutschland vom Kariesrückgang massiv profitiert haben. Auch in dem Drittel der Kinder mit den schlechtesten Karieswerten ist prozentual und auf den langen Zeitraum gesehen ein ähnlich hoher Rückgang der Karieslast zu verzeichnen wie für die Gesamtgruppe. Unsere Studie zeigt aber auch, dass es eine Polarisation der Karieslast bei den 3- und 12-Jährigen gibt und die DAJ hier besonders gefordert ist.“

Mundgesundheitliche Prävention ist eine Erfolgsgeschichte ...

Der Gesetzgeber hat geregelt, dass in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen bis zum vollendeten 12. Lebensjahr in Kita und Schule zahnmedizinische Gruppenprophylaxe angeboten wird, für Jugendliche mit hohem Kariesrisiko sogar bis zum 16. Lebensjahr. Der § 21 des SGB V, der die Basis für dieses flächendeckende Präventionsangebot schafft, verlangt auch eine Kontrolle der durchgeführten Maßnahmen und erlegt den beteiligten Akteuren, insbesondere den finanzierenden gesetzlichen Krankenkassen auf, diese zu regeln. Die Grundlagen wurden 1993 in einer gemeinsamen Rahmenempfehlung geschaffen, in der die in der DAJ zusammengeschlossenen Partner sich auf die Konzeption und Planung von epidemiologischen Begleituntersuchungen verständigten. Diesem grundlegenden Schritt ist zu verdanken, dass sich die Entwicklung der Zahngesundheit von Kindern in Deutschland über 25 Jahre auch im Längsschnitt betrachten lässt.

In der DAJ sind die Bundesorganisationen der niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, der gesetzlichen Krankenkassen und der kommunalen Spitzenverbände organisiert; darüber hinaus alle 17 Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege und weitere Fachverbände und Firmen, die an mundgesundheitlicher Prävention interessiert sind.

 ... die weiter forciert werden muss

Zur weiteren Verfahrensweise existieren grundsätzliche „Spielregeln“ in der gemeinsamen Rahmenempfehlung, die Analyse und Auswertung sowohl landesbezogen als auch bundesweit vorsieht, um gegebenenfalls weitere Schritte für die Planung der künftigen Präventionsmaßnahmen beziehungsweise deren Weiterentwicklung abzuleiten – Stichwort „Daten für Taten“. Zu diesem Zweck wird die DAJ in Kürze ein wissenschaftlich interdisziplinär besetztes Symposium mit den Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege abhalten, auf dem über die Weiterentwicklung der Gruppenprophylaxe fachlich diskutiert werden soll.

Eines habe sich jedoch bereits jetzt gezeigt, so die DAJ-Vorsitzenden Prof. Oesterreich und Dr. Kleinebrinker: „Die Umsetzung der 2016 veröffentlichten ‚Erweiterten DAJ-Empfehlungen zur Prävention frühkindlicher Karies‘, die Handlungsempfehlungen für Kindertagesstätten und das Elternhaus enthalten, ist ein Schritt in die richtige Richtung und muss weiter forciert werden. Dazu gehört an erster Stelle das tägliche Zähneputzen im Kita-Alltag!“ 

Bettina BergGeschäftsführerinDeutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. (DAJ)Bornheimer Str. 35a, 53111 Bonn

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