Patientenkommunikation

Experte in eigener Sache

Patienten sind autonome Persönlichkeiten, die den Behandlungsprozess verstehen, über verschiedene Therapieptionen Bescheid wissen und unter der fachlichen Beratung des Zahnarztes eigenverantwortlich entscheiden wollen. Was Patienten nicht möchten, ist überzeugt oder bedrängt zu werden. Diese Entscheidungen stehen dann meist auf tönernen Füßen und werden nicht selten zurückgenommen – oder führen zu einem Praxis- oder Zahnarztwechsel.

Der Mensch strebt während seines gesamten Lebens nach Autonomie und Selbstbestimmung. Er kennt sich selbst am besten, seine persönlichen Stärken und Defizite, seinen eigenen Körper. Infolgedessen erwarten Patienten auch in Bezug auf ihre Zahngesundheit als kompetente Partner wahrgenommen zu werden, als Experten in eigener Sache, denen mit Respekt, Einfühlsamkeit, Wertschätzung und Transparenz begegnet wird. Als Partner, die in den Behandlungsprozess integriert sind und denen ein Urteilsvermögen in eigener Sache zugetraut wird.

Dabei geht es nicht darum, genauso kompetent zu sein wie die Zahnärztin oder der Zahnarzt. Vielmehr geht es um eine inhaltliche Augenhöhe, das heißt: Patienten kennen alle Informationen, die für ihre persönliche Entscheidungsfindung wichtig sind – die eigenen Werte, Lebensumstände und Wünsche. Der Zahnarzt ist und bleibt der Experte für alle zahnmedizinischen Belange.

Der Patient als Partner

Patienten möchten ausführlich über ihre Behandlung informiert werden und darüber, welche Vor- und Nachteile mit einer bestimmten Therapie verbunden sind. Auch über Risiken und Folgen der Behandlung, Nebenwirkungen oder schlechte Prognosen wollen und müssen (!) Patienten in Kenntnis gesetzt werden. Präventionsmöglichkeiten oder Behandlungswege offen zu besprechen und gemeinsam zu entscheiden, ist ein wichtiger Schritt zum Behandlungserfolg. Ein Dialog auf Augenhöhe schärft zudem die Erwartungen und steigert die Bereitschaft der Betroffenen, beispielsweise auch die Unannehmlichkeiten einer Behandlung anzunehmen.

Manche Zahnärzte scheuen diese offene Ansprache teilweise. Sie fürchten, dass die Patienten die notwendige Behandlung ansonsten ablehnen. Auf diese Weise wird das Risiko in Kauf genommen, Patienten zu frustrieren, indem sie diese notwendige Information erst dann erhalten, wenn die Situation bereits längst eingetreten ist. Ein vertrauensvolles Verhältnis wird damit untergraben. Patienten wollen beteiligt werden und mit dem Behandler gemeinsam über die nächsten Schritte entscheiden. Wann ist beispielsweise eine PA-OP, die Folgeschmerzen verursacht, am besten in die Lebenssituation des Patienten integrierbar? Patienten, die in einem hohen Maß integriert werden und klare Informationen erhalten, sind in der Regel die zufriedeneren Patienten und auch bereit, die Konsequenzen der Behandlung kooperativ mitzutragen.

Als Zahnarzt sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, Diagnosen und Behandlungsoptionen sowie die Vor- und Nachteile einer Untersuchung oder Behandlung verständlich zu erläutern. Doch wie vermittelt man die notwendigen Informationen verständlich? Reinhard Tausch, ein führender deutscher Kommunikationswissenschaftler, sagte zur Verständlichkeit: „Wenn Sie etwas kommunizieren und Sie kommunizieren es nicht so, dass es ein achtjähriges Kind verstehen kann, sollten Sie gar nicht anfangen zu sprechen.“

Das bedeutet: keine zahnmedizinischen lateinischen Fachbegriffe, sondern deren Übersetzung ins Deutsche. Vergleichen Sie Ihre Erklärungen mit Vorgängen des täglichen Lebens. Verstecken Sie sich auch nicht hinter der Behauptung, das Geschehen sei zahnmedizinisch zu komplex, um es einem Laien erklären zu können. Üben Sie sich und bereiten Sie sich einige immer wieder auftauchende Erläuterungen vor, im Lauf der Zeit werden Sie sich ein gutes Repertoire an verständlichen zahnmedizinischen Erläuterungen erarbeitet haben. Diese Art der Kommunikation fördert das Vertrauen in Sie als zahnärztliche Person.

Was Ihre Patienten nicht brauchen, ist eine Informationsflut an technischen Erläuterungen. Vielleicht haben Sie gerade ein paar neue computergesteuerte Behandlungsmethoden eingeführt und sind selbst so begeistert von der Technik, dass Sie in euphorischen Vorträgen ihren Patienten davon berichten. Damit überfordern Sie Ihre Patienten. Bedenken Sie, dass diese aus einem bestimmten Grund zu Ihnen gekommen sind, nämlich um erfolgreich behandelt zu werden und nicht zu einer technischen Diskussion.

So vermeiden Sie einen Rollenkonflikt!

Ebenso sind Ihre Patienten nicht die geeigneten Ansprechpartner für Ärger über die Krankenkassen oder für Klagen über eine zu geringe Honorierung der zahnärztlichen Leistungen. Bedenken Sie, dass Patienten mittlerweile eine erhebliche Selbstbeteiligung an der Behandlung tragen, zum Teil ist dies ein beträchtlicher Teil ihres Jahreseinkommens. Das Verständnis für sich über mangelndes Einkommen beschwerende Zahnärztinnen und Zahnärzte hält sich da sehr in Grenzen. Dieses Verhalten ist auch im Verhältnis Zahnarzt-Patient sehr unpassend und schadet Ihnen.

Wenn Patienten Behandlungsoptionen erläutert werden, schließt sich an die fachliche Erläuterung oft gleich eine finanzielle an, da zahlreiche Leistungen ein Eigenengagement erfordern. An dieser Stelle entsteht für die behandelnde zahnärztliche Person ein Rollenkonflikt: Zahnmedizinische Informationen mischen sich mit monetären. Der Patient nimmt die zahnärztliche Person nun auch als Unternehmer wahr und kann dadurch verunsichert werden, welche Motivation – die zahnmedizinische oder die monetäre – den Behandler lenkt. Dies ist eine unglückliche Vermischung, die weder für die Patienten noch für Sie als Behandler hilfreich ist.

Bleiben Sie in Ihrer Rolle als Zahnarzt! Damit bewahren Sie sich vor mancher Frustration und geben dem Patienten die Chance, Sie vor allem als kurativ handelnden Arzt wahrzunehmen.

Über die aufkommenden Kosten wird dennoch gesprochen werden müssen. Es empfiehlt sich, einzelne Personen aus Ihrem zahnmedizinischen Assistenzteam dahingehend zu schulen, dass diese Gespräche von den betreffenden Kräften kompetent und wertneutral durchgeführt werden. Das bedeutet, dass Sie als Zahnarzt bei solch einem Vorgehen ausschließlich die fachlichen Möglichkeiten erläutern. Dann lächeln Sie zum Beispiel den Patienten freundlich an und sagen: „Was die einzelnen Möglichkeiten an finanziellem Aufwand für Sie bedeuten würden, erläutert Ihnen Frau Schneider in aller Ruhe, sie weiß da sehr gut Bescheid und wir sehen uns danach noch einmal.“

Damit geben Sie Ihrem Patienten die Möglichkeit, im geschützten Rahmen Fragen zu stellen, zum Beispiel auch zu Teilzahlungsmöglichkeiten und schützen sich selbst vor einem Rollenkonflikt. Nach einer entsprechenden Zeitspanne kehren Sie zum Patienten zurück und fragen, ob noch abschließende Fragen bestehen.

Für ein erfolgreiches Vorgehen ist allerdings ein gewisser Vorlauf nötig. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass das Assistenzpersonal sehr gut geschult sein muss und zwingend über starke Kompetenzen in der Patienten-Kommunikation verfügen sollte.

Eine Vertrauensbasis, die lange trägt

Gemeinsame Entscheidungen wirken sich positiv auf das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient aus. Dies ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien belegt. Patienten als Partner zu verstehen stärkt deren Überzeugung in ihre eigenen Entscheidungen. Außerdem führt es zu einem Wissensgewinn und zu mehr Teilhabe. Studien ergaben, dass sich Betroffene bei einem vertrauensvollen Verhältnis zu ihrem Arzt doppelt so häufig an deren Empfehlungen halten und eine höhere Arzttreue zeigen.

Susanne Macek-Bitter
business coaching & training

Susanne Macek-Bitter arbeitet seit 1991 als Trainerin und Coach im Bereich Human Resources. Ihr Kundenstamm besteht neben global tätigen Wirtschaftsunternehmen aus Verwaltungen und Akademien. Besonderes Augenmerk legt sie auf Arzt- und Zahnarztpraxen.

Susanne Macek-Bitter

Arbeitet seit 1991 als Trainerin und Coach im Bereich Human Resources. Ihr Kundenstamm besteht neben global tätigen Wirtschaftsunternehmen aus Verwaltungen und Akademien. Besonderes Augenmerk legt sie auf Arzt- und Zahnarztpraxen.

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