„Zahnheilkunde 2002“ in Mainz

Vielfältig über den Tellerrand geschaut

„Was heute noch Forschung ist, kann morgen schon Alltag sein.“
Unter diesem Motto stand die „Zahnheilkunde 2002“, die größte rheinlandpfälzische Fortbildungsveranstaltung im Bereich der Zahnheilkunde.
Bereits zum fünften Mal hatte die Landeszahnärztekammer im vergangenen Monat nach Mainz eingeladen.

Ein Treffen für die gesamte Dentalfamilie sollte es sein. Entsprechend waren nicht nur Zahnärzte, sondern auch zahnmedizinische Fachangestellte und Zahntechniker in die Rheingoldhalle nach Mainz gekommen. „Unser Fachgebiet ist zwar klein, aber sehr vielfältig“, wie es Sanitätsrat Dr. Rüdiger Krebs erklärte, Präsident der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz. „Es macht keinen Sinn, wenn wir uns innerhalb unseres Berufes nur mit den Dingen beschäftigen, die vor der Haustür liegen – wir müssen auch über den Tellerrand schauen.“ Gerade in den vergangegen Jahren habe es einen enormen Erkenntniszuwachs gegeben. Deswegen stelle sich immer dringender die Frage, wie das, was an Neuigkeiten auf den Markt kommt, finanziert werden kann.

„Innovation ist nur sehr schwer in unser Gesundheitssystem zu integrieren“, so Bundeszahnärztekammer-Präsident Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, der zur Eröffnung der Veranstaltung nach Mainz gekommen war. „Es gibt schlicht keinen Platz dafür, und das ist in Bezug auf unsere Patienten sehr bedauerlich.“ Manfred Heckens, Landesinnungsmeister der rheinland-pfälzischen Zahntechniker, kündigte an, dass sein Berufsstand mit den Zahnärzten „eine gemeinsame Phalanx“ bilden will. So soll beispielsweise verhindert werden, dass Krankenkassen ihre Versicherten dazu auffordern, sich billigen Zahnersatz im Ausland anfertigen zu lassen. Heckens weiter: „Dass nun ausgerechnet Verteidigungsminister Scharping den Zahnersatz für deutsche Soldaten in Polen fertigen lassen will, trifft uns Zahntechniker sehr.“

Neben aller Gesundheitspolitik am Rande: Der Schwerpunkt der Mainzer Tagung lag im Bereich der Wissenschaft. Mehr als ein Dutzend Vorträge beleuchteten aktuelle Aspekte der verschiedenen zahnmedizinischen Fachgebiete – von Prophylaxe über Ästhetik bis hin zum Thema „Prothetik auf Implantaten“.

Hypnose per Kopfhörer

Eine schnellere Heilung durch weniger Spritzen – dieses Ziel verfolgt Dr. Albrecht Schmierer, Zahnarzt aus Stuttgart. In der Rheingoldhalle referierte er darüber, wie er es mit Hilfe einer über Kopfhörer abgespielten CD schafft, seine Patienten in Hypnose zu versetzen und ohne weitere Betäubung nahezu schmerzfrei zu behandeln. „Bei Patienten, die bereit sind, sich hierauf einzulassen, klappt das zu 80 Prozent“, so Schmierer.

Einem erstaunten Plenum führte er die Video-Dokumentation der problemlosen Behandlung einer hypnotisierten Patientin vor. Behandlungen von einer Länge von bis zu vier Stunden hat Schmierer bereits an hypnotisierten Patienten vorgenommen. Die von ihm eingesetzte CD sei mittlerweile deutschlandweit bei rund 1 500 Zahnärzten in Gebrauch.

Bereits im Vorfeld des Kongresses hatte ein Referat für ein großes Interesse des Fachpublikums und der anwesenden Presse gesorgt: Prof. Dr. Julian Ma vom Londoner Guy’s Hospital berichtete zum ersten Mal in Deutschland über seine Forschungen zu einem Impfstoff gegen die Volkskrankheit Karies. In den kommenden fünf Jahren will Ma den Impfstoff an mehreren hundert Patienten testen; anschließend soll das Produkt auf den Markt kommen. Um den Stoff in großen Mengen herstellen zu können, verwendet das Team vom Guy’s Hospital genmanipulierte Pflanzen.

Zu den Highlights der Veranstaltung gehörte außerdem die Live-Übertragung einer OP aus der Universitäts-Zahnklinik Mainz. Per Satelitenfernsehen wurden den Kongressteilnehmern „Sinusbodenelevation mit Knochenersatz und Wachstumsfaktoren“ sowie „Kallusdistraktion vor Implantation“ vorgeführt.

Bei insgesamt acht Workshops konnten die Informationen aus den Referaten und Vorträgen vertieft werden – von „Speicheldiagnostik“ und „Verblendästhetik“ über „Erfolgreiche Kommunikation“ und „Erfolgreiche Abrechnung“ bis hin zur „Einführung in die Hypnose“ und dem „Paro-Hands-on-Training“. Wie eng Forschung und Standespolitik miteinander verknüpft sind, machte Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, in seinem Vortrag deutlich: „Leitlinien – Leidlinien?“ Wagner betonte, dass es sich bei Leitlinien nicht um Richtlinien, sondern vielmehr um einen „Behandlungskorridor“, eine „Hilfe zur Auswahl sinnvoller Therapie und Diagnostik“ handelt.

Für Kammerpräsident Krebs war deshalb auch klar, dass bei allen Herausforderungen und Schwierigkeiten, denen sich die Zahnärzte in Rheinland-Pfalz und ihre Kollegen in ganz Deutschland stellen müssen, ein Punkt vor entscheidender Bedeutung ist: „Letztlich wird die Qualität die Zukunft unseres Beufsstandes bestimmen.“

 

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