Qualitätssicherung

Eine gemeinsame Aufgabe der Fachwelt

Um dem novellierten Medizinprodukterecht gerecht zu werden, muss künftig bei der Entwicklung, Produktion, Auswahl und Anwendung von dentalen Produkten und Produktsystemen ein optimales Maß an Sicherheits- und Funktionsqualität gewährleistet werden, fordert Dr. Kimmel. Der Autor hat sich schon seit Jahren für ein gemeinsames QS-Konzept von Wissenschaft, Politik, Industrie, Arbeitspraxis und Handel eingesetzt.

Die vom Verband der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) kürzlich herausgegebene Vorschriftensammlung zum Medizinprodukterecht von Rolf-Dieter Böckmann und Horst Frankenberger mit dem Titel „MPG &.Co.“ dokumentiert allein von ihrem Umfang her, dass die Medizinprodukte-Gesetzgebung mit dem Inkrafttreten des 2. Medizinprodukte-Änderungsgesetzes vom 1. Januar 2002 in eine neue Phase eingetreten ist. Am 24. Juni 2002 ist die Verordnung über die Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken bei Medizinprodukten noch als wesentliches Element der produktbezogenen Qualitätssicherung hinzugekommen, so dass die Ende 2001 von der Bundeszahnärztekammer initiierte und im Juli 2002 realisierte Gründung eines „Deutschen Rates für Qualität und Sicherheit von Produkten und Systemen in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ ein wichtiger Schritt in Richtung notwendiger Problemlösungen ist. Die für die Sicherheits- und Arbeitsqualität im Gesundheitswesen konzipierten nationalen, europäischen und internationalen Regelwerke in Form von Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften, Normen, Richtlinien, Leitlinien, Stellungnahmen und Empfehlungen haben im Laufe der letzten Jahre einen Umfang angenommen, der selbst für die jeweiligen Experten in den verschiedenen Fachgebieten und Fachweltbereichen kaum noch überschaubar ist. Hauptgegenstand der Regelwerke sind die Erzeugnisse, die auf irgendeine Weise bei medizinischen Maßnahmen eingesetzt und als Medizinprodukte bezeichnet werden. Im oralmedizinischen Bereich sind dies auch zahntechnische Werkstoffe und Hilfsteile, insgesamt gesehen ein wahrlich weites Feld.

Ausgangspunkt der Regelwerksentwicklung für Medizinprodukte – über das Normenwerk hinaus – war die europäische Richtlinie 93/42/EWG, die dann mit dem deutschen Medizinproduktegesetz und dessen Verordnungen – wie in allen EU- und EFTA-Ländern – in nationales Recht umgesetzt wurde.

Die seit Juni 1998 obligatorische CE-Kennzeichnung von Arbeitsmitteln und Werkstoffen soll dokumentieren, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Grundlage dieser Prozedur ist bei den meisten Produkten die Konformitätserklärung der Hersteller, dass sie die klinische Prüfung und Risikoanalyse ausgeführt haben und eine wissenschaftliche Dokumentation vorhanden ist.

Überzeugungsarbeit tut Not

Das klingt alles sehr gut und lässt vermuten, dass es eigentlich zwischen dem Anspruch des Gesetzgebers und den Realitäten des Fachweltgeschehens keine wesentliche Diskrepanz geben dürfte, weil ja laut MPG auch der Anwender beziehungsweise Betreiber der Produkte zur Einhaltung der Regelwerke verpflichtet ist. Hier aber werden wir – bewusst oder unbewusst – mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, die bisher noch nicht auf einer gemeinsamen Fachweltbasis angegangen worden sind.

Mit der Etablierung des „Deutschen Rates für Qualität und Sicherheit von Produkten und Systemen in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“, dem die Bundeszahnärztekammer, die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, der Verband der Deutschen Dental-Industrie und der Bundesverband-Dentalhandel angehören, wurde eine Institution geschaffen, die sich auf der Grundlage der freiwilligen Selbstkontrolle „zur gemeinsamen Verantwortung für die Förderung der oralen Gesundheit" (siehe zm 15/2002, S. 28) im Zusammenhang mit der Produktentwicklung, -produktion, -information und -anwendung bekennt.

Es dürfte eine der schwierigsten Aufgaben des Rates sein, die jeweils eigene „Klientel“ von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass bei der Entwicklung, Produktion, Auswahl und Anwendung der einzelnen Produkte und Produktsysteme ein optimales Maß an Sicherheits- und Funktionsqualität zu gewährleisten ist, um der Verpflichtung nicht nur dem Gesetzgeber gegenüber gerecht zu werden.

Dies bedeutet, dass die in eigener Verantwortung abgegebene Konformitätserklärung zur Erlangung der CE-Kennzeichnung nicht nur pro forma, sondern tatsächlich für jedes Produkt die zuvor genannten Anforderungen erfüllt. Wenn schon der Gesetzgeber den Unternehmen in so hohem Maße vertraut, müssten sich diese doch verpflichtet fühlen, dieses Zugeständnis nicht auf bedenkliche Weise auszunutzen, wenn in Wahrheit keine klinische Prüfung, Risikoanalyse und wissenschaftliche Dokumentation existiert und dazu noch ein Teil der Erzeugnisse zum oralen Einsatz nicht geeignet ist. Das CE-Zeichen, das eigentlich ein Symbol für die Produktqualität sein soll, führt den unwissenden Käufer in die Irre, wenn es von den „benannten Stellen“ mit ihrer nicht vorhandenen Sachkompetenz pauschal für ein gesamtes Lieferprogramm vergeben worden ist und wird.

Von Herstellern derartiger Produkte wird immer wieder ins Feld geführt, dass der Zahnarzt auf Grund seiner Fachkompetenz wissen müsse, ob zum Beispiel das Instrument X oder Y für klinische Zwecke indiziert oder nicht sachgerecht ist. Hierzu ist anzumerken, dass der verhältnismäßig kleine Kreis von Anbietern bestimmter Produktarten im Vergleich zu rund 55 000 praktizierenden Zahnärzten eher weiß, was gut und was schlecht ist, so dass solche Produkte aus dem Programm entfernt oder zumindest mit Warnhinweisen versehen werden sollten, um den Zahnarzt vor einem Verstoß gegen das MPG und vor einer Schädigung seiner Patienten zu bewahren. Der Einwand, dass der „König Kunde“ ein Recht auf das von ihm gewünschte Erzeugnis habe, gilt nicht mehr. Ein Paradigmawechsel der Auffassungen ist hier im Zeichen der zukünftigen Intensivierung der Qualitätssicherungsbemühungen unerlässlich.

Zusammenarbeit mit neuen Perspektiven

Aus der Gesamtheit aller mit der produktbezogenen Qualitätssicherung verknüpften Aspekte ergibt sich zwangsläufig, dass vor allem Wissenschaft und Industrie herausgefordert sind, noch mehr als bisher zu kooperieren, was durch die zukünftigen Aktivitäten des „Deutschen Rates“ sicherlich gefördert wird. Der VDDI, der in den letzten Jahrzehnten die nationale (DIN), europäischen (CEN) und internationalen (ISO) Normungsarbeit mit erheblichem Einsatz gefördert und mit der maßgeblichen Unterstützung der proDente-Aktionen seine Bereitschaft zum gemeinsamen Denken und Handeln bewiesen hat, leistet mit der spontanen Zustimmung zur fachweltinternen Optimierung der Qualitätssicherung einen erneuten Beitrag, der nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – und damit auch der ihr angehörigen Gesellschaften, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen – bietet das wissenschaftliche Fundament für ein Vorhaben, das für die gesamte internationale Fachwelt Vorbildscharakter hat. Dass der Fachhandel „mit von der Partie“ ist, ist äußerst begrüßenswert, da er ja der Mittler zwischen Industrie und Arbeitspraxis sein soll und seine Bedeutung so noch gestärkt werden kann. Wir stehen am Anfang eines Paradigmawechsels und einer hoffentlich konstruktiven Entwicklung für Fachwelt und Patienten.

Dr. med. dent. Karlheinz KimmelHaskenstraße 756335 Neuhäusel/Westerwald

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