Impfstoffe

Krebs und Infektionen

Seit Jahrzehnten arbeiten die Forscher fieberhaft an der Identifizierung und der Vermeidung von Krebs. Jetzt steht der erste Impfstoff vor der Marktreife.

Infektionen werden nach Expertenansicht als Ursache für Krebs unterschätzt, Umweltfaktoren, wie Autoabgase oder elektromagnetische Strahlung, dagegen überschätzt. Nur zwei Prozent der Karzinome gingen Tumorstatistiken zufolge auf Umwelt-Einflüsse zurück, berichtet der Nobelpreisträger und Direktor des Frankfurter Max-Planck-Instituts für Biophysik, Prof. Hartmut Michel. Dagegen könnte bis zu ein Viertel aller Krebsarten von Viren oder Bakterien mitverursacht sein. Damit werden Impfungen zu einer weiteren Möglichkeit im Kampf gegen die tödliche Krankheit.

„Globale Schutzimpfungs-Programme könnten 15 Prozent aller Tumore bei Frauen und zehn Prozent aller Tumore bei Männer verhindern“, glaubt Prof. Harald zur Hausen vom Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Der erste echte Anti-Tumor-Impfstoff steht kurz vor der Marktreife. Damit soll Gebärmutterhalskrebs verhindert werden.

Impfstoff gegen Cervix-CA

Verschiedenste Viren und Bakterien stehen im Verdacht, bei Tumoren eine Rolle zu spielen: Das Bakterium Helicobacter pylori wird mit Magenkrebserkrankungen in Verbindung gebracht, Hepatitis-B-Viren mit Leberkrebs, Epstein-Barr-Viren mit Tumoren im Nasen- und Rachen-Bereich. Die Erreger schleusen entweder ihre Erbinformation in die Zelle ein und veranlassen sie so zum abnormen Wachsen, wie zur Hausen erläutert. Oder sie schwächen den Körper und begünstigten damit das Wachstum mutierter Zellen. Den deutlichsten Zusammenhang sieht zur Hausen zwischen Papillomaviren und Gebärmutterhalskrebs, der zweithäufigsten Krebs-Ursache in Entwicklungsländern. 95 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs seien auf diese Viren zurückzuführen. Die Viren werden beim Geschlechtsverkehr übertragen. Das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, steigt mit der Zahl der Sexualpartner, wie die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Viruskrankheiten warnt. Eine 1997 veröffentlichte US-Studie hatte nachgewiesen, dass sexuell aktivere Frauen häufiger mit diesen Viren infiziert waren.

Nicht alle bekommen davon Krebs: Mehr als 50 Prozent aller Frauen werden einmal im Leben mit diesem Virus infiziert, aber nur ein Bruchteil entwickele einen Tumor, erklärt Prof. Lutz Gissmann, der am Krebsforschungszentrum Heidelberg einen Impfstoff gegen die Papillomaviren entwickelt hat. Der Prototyp befindet sich derzeit in der klinischen Prüfung. „Wäre dieser Impfstoff tatsächlich wirksam, wäre das der Königsweg, um den Gebärmutterhalskrebs aus der Welt zu schaffen“, hofft der Frankfurter Virologe Prof. Hans-Wilhelm Doerr.

Erste Erprobungsphasen

Er warnt aber davor, die Rolle von Infektionen bei der Krebsentstehung überzubewerten: „Infektionen sind eine notwendige, aber keine hinreichende Ursache für die Entstehung von Krebs“, betont er. Es kämen immer verschiedene Faktoren zusammen, aber, so die Annahme, die anderen Faktoren würden alleine nicht ausreichen, wenn die initiale Infektion nicht gewesen wäre.

Hepatitisimpfung schützt vor Leberkrebs

Virusbedingte Tumore wachsen langsam, von der Infektion bis zur Erkrankung können bis zu 40 Jahre vergehen, sagt Gissmann. Das erschwert die Zulassung neuer Wirkstoffe. Denn das Nicht-Vorhanden-Sein von etwas, das in 40 Jahren entwickelt wird, könne man eben auch erst in 40 Jahren beweisen. Bewiesen ist die Wirksamkeit von Schutzimpfungen gegen Leberkrebs. In Taiwan, wo Kinder seit den 80er Jahren flächendeckend gegen Hepatitis-Viren geimpft werden, gingen nicht nur die Leberentzündungen zurück, sondern auch die Leberkrebsrate.

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