37. Fortbildungswoche Norderney 2002

Für ein freies Spiel der Kräfte

Berufspolitischer Vormittag auf der 37. Fortbildungswoche des Karl-Häupl- Institutes und der Landeszahnärztekammer Thüringen: Nicht oberflächlicher Schlagabtausch, sondern ausführlicher Dialog zwischen dem FDP-Bundestagsabgeordneten Detlef Parr, nordrheinischen Standespolitikern und interessierten Zahnärzten prägte die diesjährige Diskussionsveranstaltung Anfang Juni im Kongresszentrum auf der ostfriesischen Insel Norderney.

Detlef Parr, laut Nordrheins KZV-Vorstandsmitglied und durch den Vormittag führendem Moderator Martin Hendges „ein Kenner“ der Materie Gesundheitswesen, begrüßte ausdrücklich die Art der Diskussion. Sie biete Raum zur ausgiebigen Auseinandersetzung mit den von ihm dargestellten gesundheitspolitischen Vorstellungen. Parr wollte allerdings auch „etwas nach Berlin mitnehmen“.

Kein Problem für die Podiumsteilnehmer – Nordrheins Zahnärztekammerpräsident und BZÄK-Vorstandsmitglied Dr. Peter Engel, dem Vorsitzenden der KZV Nordrhein und KZBV-Vorstandsmitglied Ralf Wagner sowie dem stellvertretenden Vorsitzenden des FVDZ-Landesverbandes Nordrhein Dr. Udo von den Hoff: Parr erhielt ausführliche Information zur aktuellen Problemlage aus Sicht der Zahnärzteschaft. Insbesondere versprach er, sich dafür einzusetzen, dass die vom Gesetzgeber zu knapp gesetzte Frist für das Projekt „Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde“ neu überdacht wird.

Pleitegeier über Deutschland

Als von wenig Sachverstand, aber von Ideologie geprägt, bezeichnete der FDP-Politiker die Versuche der Bundesregierung, dem „über der Deutschland AG schwebenden Pleitegeier“ Kontra zu geben. Mehr Effizienz sei angesichts zunehmender Reglementierung nicht erreichbar, die Krankenkassen entzögen sich ohnehin weitgehend der Prüfung. Hinter dem „rot-grünen Feigenblatt“, vermute man nicht mehr „die Kraft, das Gesundheitswesen vom Kopf auf die Füße zu stellen“. Dagegen stellte Parr die Kernthesen des FDP-Programms, die Heilberufe wieder zu freien Berufen zu machen und durch mehr Patientensouveränität das Arzt-Patienten- Verhältnis zu stärken. Transparenz im Abrechnungswesen erfordere Kostenerstattung, deren sofortige Einführung sich gerade in der zahnärztlichen Versorgung direkt nach dem 22. September anbiete. Parr plädierte für ein freies Spiel der Kräfte.

ZÄK-Präsident Dr. Engel betonte, dass die nationalen Sozialsysteme längst von der Rechtsprechung des EuGH betroffen seien. Eine nationale Abschottung könne nicht aufrecht erhalten werden. So wie Freiberufler laut EU-Recht unternehmerische Grundfreiheiten genießen, seien auch die gesetzlichen Krankenkassen im Sinne der EU Unternehmen. Vor diesem Hintergrund seien die Reformvorstellungen der Bundesregierung und der GKV eindeutig rückwärts gerichtet. Ihr gehe es „einzig und allein um Kostendämpfung“. Engel: „Der Patient steht als Fallpauschale in der Ecke.“ Der ZÄK-Präsident bekräftigte die Forderung nach „echtem Wettbewerb zwischen Versicherung und Versichertem und zwischen Behandler und Patienten“.

Deutliche Kritik am Umverteilungsprozess durch den Risikostrukturausgleich übte der KZV-Vorsitzende Ralf Wagner: „So habe ich unser System nicht verstanden, dass alle Krankenkassen gerettet werden müssen.“ Schließlich sei es nicht Aufgabe des Zahnarztes, „sich darum zu kümmern, ob es der Krankenkasse gut geht oder nicht“. Letztlich wüssten inzwischen auch die Patienten, dass Budgetierung zur Rationierung führe. Entgegenzusetzen habe die Zahnärzteschaft das System befundorientierter Festzuschüsse im Verbund mit Kostenerstattung. Hier seien, so Wagner mit Blick auf die zurzeit in Sachen „Vertrags- und Wahlleistungen“ bestehende „babylonische Sprachverwirrung“ auch Zwischenschritte vorstellbar, mit denen man Sachleistung in Kostenerstattung überführen könne“. Wichtig sei aber auch, dass das GKV-Volumen für Zahnmedizin erhalten bleibe, „solange wir dieses System haben“.

Mit Abschluss des umfangreichen Programms der 37. Norderneyer Fortbildungswoche beabsichtigt Nordrheins Zahnärzteschaft, so kündigten die Veranstalter an, das traditionelle Treffen künftig an einen anderen Ort zu verlegen.

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