Aufhebungsvertrag und Abfindungszahlung

Schiedlich-friedliche Trennung

Ein bestehendes Arbeitsverhältnis kann jederzeit in beiderseitigem Einvernehmen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beendet werden. Der in einem solchen Fall geschlossene Aufhebungsvertrag bietet gegenüber einer Kündigung einige Vorteile – birgt aber auch Fußangeln.

Sowohl Zahnarzt als auch Mitarbeiterin, Zahntechniker oder auch Ausbildungsassistent können aus ganz unterschiedlichen Gründen ein Interesse daran haben, das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. In solch einem Fall hat ein Aufhebungsvertrag für einen Arbeitgeber zunächst erhebliche Vorteile:

• Kündigungsfristen müssen nicht eingehalten werden.

• Schutzgesetze für bestimmte Personengruppen – wie Schwangere und Schwerbehinderte – können unter Umständen vernachlässigt werden.

• Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann nach Absprache beider Parteien erfolgen.

• Kosten und zeitintensive Arbeitsgerichtsverfahren werden vermieden. Aber auch für den Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag unter bestimmten Voraussetzungen von Vorteil sein.

• Es kann kurzfristig ein neues Arbeitsverhältnis begonnen werden.

• Der Kündigungsgrund wird nicht publik gemacht, was besonders bei personen- oder verhaltensbedingter Kündigung nicht wünschenswert sein könnte. „Peinliche“ Kündigungsgründe werden nicht öffentlich.

• Gegebenenfalls ist mit einer Abfindungszahlung zu rechnen, welche der Arbeitnehmer sozialversicherungsfrei und zum Teil steuerfrei vereinnahmen kann. Dennoch müssen Zahnärzte bei einem Aufhebungsvertrag einiges bedenken und beachten. Da ein Zahnarzt auch in einer Kleinpraxis – mit fünf oder weniger Mitarbeitern – soziale Rücksichtnahme walten lassen muss, besteht erhöhte Gefahr, dass eine Kündigung vor dem Arbeitsgericht endet. Deshalb kann der Zahnarzt einer Mitarbeiterin den Aufhebungsvertrag mit der Erklärung vorlegen, dass sie im Falle der Nichtunterzeichnung die Kündigung zum nächstmöglichen Termin erhalten wird. Jedoch sollte auf keinen Fall Druck ausgeübt werden – der macht den Aufhebungsvertrag anfechtbar und die Helferin bleibt im Zweifelsfall weiterhin in der Praxis beschäftigt.

Freie Terminwahl

Grundsätzlich können beide Vertragsparteien – Zahnarzt und Angestellte – den Ausscheidungstermin frei vereinbaren. Demzufolge wäre es möglich, ein „krummes Datum“ zu wählen.

Will die Mitarbeiterin einen Aufhebungsvertrag abschließen, ergeben sich für den Zahnarzt weitere Vorteile. Er braucht sie vor Abschluss des Vertrages nicht über die rechtlichen Folgen zu informieren, die mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einhergehen. Die Rechtsprechung unterstellt in diesem Fall, dass sich der Arbeitnehmer selbst wegen der mit einem Aufhebungsvertrag verbundenen Konsequenzen kundig gemacht hat. Der Zahnarzt muss die ausscheidungswillige Mitarbeiterin also nicht über mögliche Sperrfristen beim Arbeitslosengeld informieren.

Anders liegt der Fall, wenn der Zahnarzt den Aufhebungsvertrag selbst anstrebt. Hier verlangt die Rechtsprechung, dass er seinen Fürsorgepflichten als Arbeitgeber gerecht wird. Er hat gewisse Hinweispflichten, denen er nachkommen muss. Zu empfehlen ist einem Zahnarzt daher immer, der Mitarbeiterin ausreichend Gelegenheit zu geben, sich wegen des Inhaltes des Aufhebungsvertrages mit einer kompetenten dritten Partei zu besprechen.

Keinesfalls darf der Zahnarzt die Mitarbeiterin unter zeitlichen Druck setzten. Falsch wäre es, ihr den Aufhebungsvertrag unter dem Motto vorzulegen: „Unterschreiben Sie jetzt und hier, sonst gibt's die Kündigung!“ Erzwungene Aufhebungsverträge provozieren geradezu eine Anfechtung durch die Mitarbeiterin.

Ein Aufhebungsvertrag muss grundsätzlich schriftlich geschlossen werden. Lediglich mündlich getroffene Vereinbarungen zwischen Zahnarzt und Mitarbeiterin sind somit nicht rechtswirksam. Natürlich muss der Vertrag von beiden Parteien unterschrieben werden. Bei Minderjährigen, Auszubildenden und Praktikanten wird zudem die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters der Arbeitnehmerin notwendig, welcher seine Genehmigung zu dem Aufhebungsvertrag geben muss.

Eine Frage, die in Verbindung mit Aufhebungsverträgen immer wieder diskutiert wird, ist, ob und in welcher Höhe Abfindungszahlungen zu leisten sind. Einen Aufhebungsvertrag mit einem Arbeitnehmer zu schließen, bedeutet nicht automatisch auch die Zahlung einer Abfindung. Dessen ungeachtet kann es sehr wohl im Interesse des Zahnarztes sein, einer Mitarbeiterin durch eine Abfindungszahlung das Ausscheiden aus der Praxis zu versüßen. Sinnvoll ist ein solches Angebot an eine Mitarbeiterin jedoch nur dann, wenn ohne eine solche Zahlung der Aufhebungsvertrag nicht zustande käme. Möchte eine langjährig in der Praxis tätige Mitarbeiterin die Praxis kurzfristig verlassen, ist ein Aufhebungsvertrag sinnvoll – dann aber ohne Zahlung einer Abfindung. Hat dagegen der in der Praxis beschäftigte Ausbildungsassistent Schwierigkeiten mit den Patienten, und dem Praxisinhaber ist an einem möglichst schnellen Ausscheiden des jungen Kollegen gelegen, sollte eine Abfindungszahlung erwogen werden. Denn was schadet der Praxis mehr – die einmalige Zahlung oder dauerhaft unzufriedene Patienten?

Für die Höhe der Abfindungszahlung gibt es eine Faustformel: Ein halbes Bruttomonatsentgelt je vollendetem Beschäftigungsjahr. Erhält eine Mitarbeiterin monatlich 1600 Euro Brutto und war zehn Jahre in der Praxis beschäftigt, liegt die Abfindung somit üblicherweise bei 8000 Euro. Je nach Kündigungsgrund kann von dieser Faustformel selbstverständlich nach oben oder unten abgewichen werden – sogar bis auf null. Hier ist dringend der Rat eines Anwaltes zu empfehlen. Überhaupt sollte rechtzeitig überlegt werden, ob die beabsichtigte Trennung nicht durch das freiwillige Angebot einer Abfindungszahlung für den Arbeitnehmer interessant gemacht werden kann – zumal dann, wenn rechtliche Schwierigkeiten zu erwarten sind.

Per Checkliste prüfen

Die schriftliche Fixierung des Aufhebungsvertrages erfordert größte Sorgfalt. Vor Unterzeichnung ist genau zu überlegen und gegebenenfalls anhand einer Checkliste abzuklären, welche Punkte einer abschließenden Regelung bedürfen. Dazu könnten beispielsweise folgende Fragen gehören:

• Zu welchem genauen Datum soll das Arbeitsverhältnis beendet werden?

• Welche Regelung soll für die Zeit bis zum Ausscheidungstermin gelten? Soll der Arbeitnehmer für die Restarbeitszeit freigestellt werden? Wird diese Freistellungszeit vergütet? Werden Urlaubsansprüche auf die Freistellungszeit angerechnet? Oder soll der Arbeitnehmer bis zum letzten Tag arbeiten und dann eventuell noch nicht verbrauchte Urlaubsansprüche ausgezahlt bekommen?

• Wie hoch ist die Abfindung (brutto/netto)? Und wann ist sie fällig ?

• Eine Mitarbeiterin hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis, auch wenn sie mit einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beendet. Eine schriftliche Fixierung im Aufhebungsvertrag über den Inhalt des Zeugnisses ist empfehlenswert.

• Hat der Zahnarzt gegenüber der Mitarbeiterin noch nicht ausgeglichene Ansprüche, sollte deren Abwicklungsmodalität festgelegt werden. Dazu gehören etwa Darlehen, die der Zahnarzt seiner Mitarbeiterin gegeben hatte. Abzuklären ist gegebenenfalls auch die Rückzahlung von Fortbildungskosten.

• Wie ist mit dem Firmenwagen zu verfahren? Soll die Mitarbeiterin diesen sofort zurückgeben, oder darf sie ihn bis zum letzten Tag des Arbeitsverhältnisses weiterfahren?

• Ist eine Direktversicherung auf den Arbeitnehmer zu übertragen?

• Wie verhält es sich mit eventuellen Ansprüchen auf eine betriebliche Altersversorgung?

Erfahrungsgemäß kennen nahezu alle Arbeitnehmer in groben Zügen ihre Schutzrechte. Ein Zahnarzt kann also nicht unbedingt erwarten, dass eine Mitarbeiterin, die er mit einem Aufhebungsvertrag konfrontiert, ohne Wenn und Aber zustimmen wird. Daher sollten der Mitarbeiterin in einem ruhigen Gespräch die Gründe für die beabsichtigte Trennung klar und deutlich geschildert werden. Es muss aber auch klar sein, dass der Zahnarzt im Notfall den Weg vor ein Arbeitsgericht nicht scheut. Die Mitarbeiterin sollte auch darüber aufgeklärt werden, dass ein solcher Rechtsstreit erhebliche Kosten verursachen kann. Bei Arbeitsgerichtsverfahren besteht in der ersten Instanz nämlich kein Kostenerstattungsanspruch. Dies hat zur Folge, dass jede Partei des Verfahrens ihren eigenen Anwalt auf jeden Fall selbst bezahlen muss – auch im Falle des Obsiegens.

Bei der Abfindung sollte nicht ohne Not gegeizt werden. Allerdings sollte der Mitarbeiterin auch unmissverständlich klar gemacht werden, dass es keinen Rechtsanspruch auf eine solche Abfindung gibt.

Kein Spießrutenlaufen

Allen Beteiligten sollte eines klar sein: Falls es wegen der Kündigung zu einem Prozess kommt und ein Arbeitsgericht die Kündigung als nicht begründet erachtet, muss die Mitarbeiterin ihre Tätigkeit in der Praxis weiterführen. Gerade in kleineren Praxen führt eine solche Wiederaufnahme der Tätigkeit zu einem Spießrutenlaufen, auch wenn dies nicht vom Arbeitgeber gefördert wird und im Übrigen auch nicht beabsichtigt ist. Die Chemie zwischen Zahnarzt und Mitarbeiterin stimmt einfach nicht mehr. Ein Aufhebungsvertrag, welcher die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einvernehmlich regelt, ist für beide Parteien die bessere Lösung.   

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin undMaster of Business AdministrationIm Hesterkamp 12 A45768 Marl 

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