Neuer KZBV-Vorstand

Einsatz für eine ehrliche Reform

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Nach zum Teil harten Positionierungsdiskussionen wählten die Delegierten der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) auf ihrer Vertreterversammlung am 22. und 23. Februar in Berlin ihren neuen Vorstand. Deutliche Mehrheiten erhielten der Vorsitzende der KZV Bayern Dr. Rolf-Jürgen Löffler als neuer KZBV-Vorsitzender und Dr. Jürgen Fedderwitz, Vorsitzender der KZV Hessen, als dessen Stellvertreter. Der neue Vorstand, dem erstmals mit Dr. Ute Maier auch eine Frau angehört, wird sich, so der neue KZBV-Chef Löffler, für eine „ehrliche Reform“ des deutschen Gesundheitswesens einsetzen.

Wir brauchen im Gesundheitswesen endlich wieder einfache Regelungen. In den Mittelpunkt des Geschehens gehört der verantwortungsbewusste Patient. Er ist der beste Kontrolleur eines Systems, das gegenwärtig immer mehr Gefahr läuft, durch Bürokratie und drastisch überzogene Reglementierungen endgültig handlungsunfähig zu werden“, erklärte der mit vier Fünfteln der Delegierten-Stimmen zum Vorsitzenden gewählte Dr. Löffler. Der bereits im Vorstand unter dem ehemaligen Vorsitzenden Dr. Karl Horst Schirbort mitarbeitende neue KZBV-Vorsitzende sieht es als eigenes Ziel, „das Trauerspiel des als zwangsverwaltetes Objekt einer anonymen, Kosten treibenden Kassenbürokratie unmündig gehaltenen Patienten endlich zu beenden“.

Somit tritt Löffler als Garant für die Fortsetzung der Politik seines Vorgängers Schirbort an. „Für begrenztes Geld kann es keine unbegrenzten Leistungen geben“, bestätigt der neue Vorsitzende den Kurs der Zahnärzteschaft mit dem bereits als geflügeltes Wort geltenden Motto des ehemaligen Vorsitzenden aus Niedersachsen – allerdings mit neu akzentuierten Schwerpunkten: „Es muss in der Öffentlichkeit endlich wieder klar werden, dass wir Zahnärzte die an uns gestellten Anforderungen von Qualität und fortschrittlicher Zahnmedizin bereits vorbildlich erfüllen.“

Nicht zum Nulltarif

Löffler betonte in diesem Zusammenhang auch das im Vergleich zu anderen Arztberufen herausragend gute Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Zahnärzten. Ähnlich positiv zu bewerten sei das Kostenbewusstsein dieser Berufsgruppe: „Wenn es um den vernünftigen Umgang mit den Finanzen im Gesundheitswesen geht, ist keiner so sparsam wie Deutschlands Zahnärzte“, erinnert Löffler an die seit 1980 nur um das 1,4fache gestiegenen Kosten im Bereich der zahnärztlichen Versorgung. In anderen Bereichen lägen die Steigerungen weit höher. So seien die Kosten im medizinischen Sektor in gleicher Zeit um das 2,4fache, in den Krankenhäusern um das 2,8fache, in den Verwaltungen der gesetzlichen Krankenkassen sogar um das 3,14fache gestiegen.

Letztlich sei es nur logisch, dass auf Grund der ständig wachsenden medizinischen Möglichkeiten durch deutliche Fortschritte in Forschung und Technik das Gesundheitswesen teuerer werde. „Aber auch wenn vieles wünschbar ist: Für die Krankenkassen ist das nicht zum Nulltarif zu haben“, warnt der neue KZBV-Vorsitzende. Es sei vielmehr Pflicht für alle Verantwortlichen, den Leistungskatalog der GKV zu durchforsten. Dazu gehöre auch, praktische Lösungen für eine Beschränkung der GKV-Leistungen auf das Notwendige zu erarbeiten.

Mit immer mehr bürokratischen Regelungen sei der Kostensteigerung in den Krankenkassen ohnehin nicht beizukommen. Was der neue KZBV-Vorsitzende will, sei – nach den bisherigen halbherzigen Versuchen verschiedener politischen Entscheider – die längst überfällige, grundlegende Neuorientierung im deutschen Gesundheitswesen. Gefordert sei die Stärkung der Arzt-Patienten-Beziehung durch offene Rechnungslegung. Das schaffe, so Löffler, die notwendige Transparenz und bewirke gleichzeitig ein Mehr an Selbstverantwortung.

Politik ist zähflüssig

Als „ ein schweres und verantwortungsvolles Amt“ bezeichnete der ehemalige KZBVVorsitzende Dr. Karl Horst Schirbort in seinem Bericht an die Vertreterversammlung die von ihm über acht Jahre ausgeübte Aufgabe an der Spitze der KZBV: „Ich habe lernen müssen, dass politische Prozesse äußerst zähflüssig sind und sehr lange dauern.“ Schirbort wertete es als Erfolg, so erklärte er den Delegierten, dass trotz dieser erschwerten Umstände die Gesundheitspolitik zu einem öffentlichen Thema geworden und „unser Zahnarztkonzept“ der Vertrags- und Wahlleistungen inzwischen zu einer ernsthaft diskutierten Alternative gewachsen sei: „Wer hat vor acht Jahren außer uns schon öffentlich den Mut aufgebracht und erklärt, dass es für begrenzte Mittel auch nur begrenzte Leistungen geben könne. Für diese simple Wahrheit hat man uns damals fast gesteinigt.“

Heute, so Schirbort, sei diese Aussage salonfähig geworden. Viele der politisch Verantwortlichen hätten inzwischen erkannt, dass eine grundlegende Reform in der GKV nicht mehr aufzuhalten sei, wenn nicht das ganze System zusammenbrechen soll. Inzwischen seien sich die Experten in der Analyse ebenso einig wie in der anerkannten Notwendigkeit zu handeln. „Und unser Vertrags- und Wahlleistungskonzept liegt bei so manchem in der Schublade, wenn auch in der einen oder anderen modifizierten Version.“

Wichtig sei für das weitere Vorgehen, so Schirbort mit Blick auf künftige Reformpläne, dass nicht alle Versorgungsbereiche „über einen Kamm geschert“ werden. Was für die zahnmedizinische Versorgung gut sei, müsse nicht auf andere Bereiche zutreffen und umgekehrt.

Zum Abschluss seines Berichtes appellierte der scheidende Vorsitzende an die Delegierten auf der Vertreterversammlung: „Wenn Sie heute Ihre Stimme den neu in den Vorstand zu wählenden Kollegen geben, geben Sie diesen bitte auch den dafür erforderlichen Vertrauensbonus mit.“

Der „Zipfel“ Freiheit

Mit Dr. Schirbort scheiden auch die bisherigen Vorstandsmitglieder Dr. Peter Kuttruff als stellvertretender Vorsitzender, Dr. Rudolf Hegerl, Dr. Ulrich Wick und Dr. Klaus Zöller aus dem Vorstand. Dr. Knauerhase sprach, stellvertretend für die Kollegen des Vorstandes, dem Vorsitzenden Schirbort in einer Abschiedsrede seinen ausdrücklichen Dank aus: „Je mehr der Beruf durch Gesetze, Verordnungen und Regeln eingeengt wurde, um so intensiver suchte er nach Lücken, nach Auswegen und dem Zipfel Freiheit, den – mochte er auch noch so klein sein – er bedingungslos zu verteidigen bereit war. Bedingungslos war sein Handeln stets gegenüber Politik, Behörden und Kassen, was ihm – und interessanter Weise nur aus den eigenen Reihen – den Ruf einbrachte, ein Scharfmacher zu sein. In Wahrheit war er jedoch einer der wenigen, die immer ehrlich bemüht waren, nach der Übereinstimmung zu suchen.“

Die Vertreterversammlung dankte Dr. Schirbort für seine Tätigkeit mit stehendem Applaus.

BMG hofft auf Annäherung

Durchaus kontroverse Positionen, in vielen Punkten aber auch Annäherung kennzeichneten – so Gudrun Schaich-Walch, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, in ihrem Grußwort an die Delegierten – das Verhältnis der Bundesregierung zur bisherigen KZBV-Spitze. Für die Zukunft setzt die Staatssekretärin weitere Hoffnungen auf den „Runden Tisch im Gesundheitswesen“. Mit der jetzt eingerichteten additiven Arbeitsgruppe „Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ könne man, so Schaich-Walch, auf die anstehende Neubewertung des Bema aufsetzen.

Die BMG-Vertreterin, die auch die Grüße der Bundesgesundheitsministerin überbrachte, bedauerte, dass es bei den Arbeitswissenschaftlichen Studien nicht zu einem gemeinsamen Ansatz von Zahnärzteschaft und Krankenkassen gekommen sei. Sie hofft nach einer Verlängerungsphase zur Entwicklung der gesetzlich geforderten Neubeschreibung von einem halben Jahr auf einen dann erzielbaren gemeinsamen Weg.

Gebe es diese Basis für die Leistung, dann sei aus ihrer Sicht eine Diskussion über Festzuschüsse möglich, die man auch dem Patienten mitgeben könne, damit der seine „Entscheidung gemeinsam mit dem Zahnarzt trifft“. Erst danach stehe die Frage an, „wie wir das ins Sachleistungssystem implementieren“.

Erfolge der Zahnärzteschaft

Die Staatssekretärin bekräftigte, dass die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens vom Grundprinzip der Solidarität getragen werde. Gebe es Bereiche, die nicht unter dieses Grundprinzip der gesetzlichen Versorgung gehörten, dann sei sie auch davon überzeugt, dass das in den privaten Sektor übertragen werden muss. Wie man vorzugehen habe, müsse „diskutiert“ werden. Allerdings gelte auch in Zukunft: Medizinisch Notwendiges müsse einheitlich getragen werden.

Eine der wichtigsten künftigen Aufgaben, so betonte Schaich-Walch erneut, sei die Prävention. Aus medizinischen und aus Kostengründen sei es wichtig, die Menschen möglichst lange gesund zu erhalten. Das sei genau der Weg, so stellte die Staatssekretärin heraus, den die Zahnärzte beschritten hätten. Der Rückgang von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen sei immanenter Bestandteil des von der Regierung präferierten Präventionsgedankens. Er habe auch bei den Zahnärzten einen großen Stellenwert. Dass heute 42 Prozent aller Zwölfjährigen ein naturgesundes Gebiss hätten, sei noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen.

Gerade die Präventionsthematik werde in den künftigen Entscheidungen neben der Vergütung und den Vertragsthemen einen großen Raum einnehmen. Hier hofft die Staatssekretärin „auf gemeinsame Erfolge“.

Eine gute Politik für die Zahnärzteschaft

Der Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Dr. Wilfried Beckmann, forderte in einer Pressemitteilung zur Wahl des neuen KZBV-Vorstandes dazu auf, das von der Zahnärzteschaft entwickelte befundorientierte Festzuschusssystem als „vorrangigste standespolitische Aufgabe“ anzunehmen.

Beckmanns Appell an alle Beteiligten: „Die gemeinsamen Beschlüsse der Hauptversammlung des Freien Verbandes und der Vertreterversammlung der KZBV zu einer politischen Neuorientierung unseres Gesundheitssystems müssen umgesetzt werden.“

In seinem Dank an die Delegierten versicherte der neue KZBV-Vorsitzende im Namen des neuen Vorstandes, dass man sich der „schweren Bürde, die wir übernommen haben, bewusst“ sei und für die Zahnärzteschaft eine gute Politik betreiben werde. Mit Blick auf die turnusgemäße Vertreterversammlung im Herbst dieses Jahres erklärte Löffler: „Sie werden uns nach einem halben Jahr an unseren Leistungen messen können, im Sinne Ihrer Vorstellungen für unseren Berufstand.“

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