Die richtige Standortwahl ist bei der Niederlassung entscheidend

Punktlandung für die Praxis

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Nach den Ursachen für die Wahl ihres Praxisstandortes befragt, verweisen Zahnärzte gerne auf demographische und infrastrukturelle Faktoren. Oft sind es das Einzugsgebiet, die Verkehrsanbindung, die zentrale Lage oder die Nähe zu einem stark frequentierten Einkaufszentrum, die über den Ort einer Niederlassung entscheiden. Natürlich haben solche Kriterien ihre Berechtigung. Dennoch sollte ein Zahnarzt die Wahl des Standortes seiner zukünftigen Praxis nicht auf Grund unsicherer wirtschaftlicher Gegebenheiten treffen, sondern sie durch ein schlüssiges Konzept auf ein solides Fundament stellen.

Häufig ist die Wahl eines Standortes von der zu erwartenden Anzahl an Patienten aus dem Einzugsgebiet bestimmt. Die Praxis soll sich möglichst schnell etablieren, deshalb wird kurzerhand entschieden – viele meinen, eine Fußgängerzone, ein Wohngebiet oder die unmittelbare Nähe zu einem Einkaufszentrum seien Garanten für den zukünftigen Erfolg einer Praxis. Vernachlässigt wird in dieser Entscheidungsphase aber in vielen Fällen eine systematische Vorgehensweise, die sowohl die individuelle Ausrichtung der Praxis als auch ihre langfristigen Perspektiven adäquat berücksichtigt.

Angst ist ein schlechter Berater

Nach einigen Jahren zeigen sich dann oft die gravierenden Folgen einer vorschnellen Standortwahl. Was damals aus einem vermeintlichen Zwang heraus entschieden wurde, erweist sich nun als Nachteil. Der große Zulauf sorgt zwar dafür, dass die Praxis ausgelastet, wenn nicht gar überlaufen ist – der Zahnarzt hat also eigentlich das erreicht, was er ursprünglich wollte. Trotzdem stellt sich mehr und mehr Unzufriedenheit ein. Die Arbeit macht dem Praxischef und seinem Team keinen großen Spaß mehr, da nur mit den wenigsten der zahlreichen Patienten die Formen der Zahnmedizin umsetzbar sind, auf die die Praxis spezialisiert ist. Patienten, die potenziell hochwertigeren Behandlungen gegenüber aufgeschlossen wären, lassen sich darüber hinaus nur schwer für die Praxis begeistern, da der Großteil der bestehenden Klientel die effektive Ansprache der Wunschpatienten sogar verhindert.

Folge dieser Entwicklung ist häufig, dass die Umsätze stagnieren, die Arbeitsabläufe immer monotoner werden und das Team nur noch schwer zu motivieren ist. Um dieser Gefahr präventiv zu begegnen, sollte ein Zahnarzt schon vor seinem Start in die Selbstständigkeit wissen, wie er sich beruflich entwickeln und welche Patientengruppen er zu seiner Wunschklientel machen möchte. Diese Gesichtspunkte nämlich spielen bei der Standortwahl eine entscheidende Rolle.

Eine Zahnarztpraxis, die in der Regel auf einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten ausgerichtet ist, sollte kontinuierlich aufgebaut werden. Schnellschüsse, die nur auf eine hohe Anzahl von Patienten abzielen, erweisen sich nicht selten als kontraproduktiv – vor allem, wenn die Weiterentwicklung der Praxis angestrebt wird. Um eine Praxis hingegen auf Dauer zu etablieren und bereits in der Gründungsphase den Grundstock für eine fortschreitende erfolgreiche Entwicklung zu schaffen, ist die Wahl des Standortes eine zentrale Entscheidung, die genau überlegt sein will.

Nicht der finanzielle Druck und die damit verbundene Notwendigkeit eines raschen Zulaufs sollten diese Entscheidung tragen, sondern die persönlichen Ziele des Zahnarztes. Sie sind die absolute Voraussetzung für den beruflichen Lebensweg, für den Erfolg einer Praxis und für die persönliche Zufriedenheit, die ein Zahnarzt aus seinem Beruf schöpft. Im Idealfall wird die Standortwahl also im Zuge eines definitiven Konzeptes getroffen.

Vor einer Niederlassung sollte daher immer die Analyse dereigenen beruflichen Zielestehen, die mit der Beantwortung der folgenden Fragen definiert werden können.

• Was möchte ich persönlich erreichen?

• Wo liegen meine besonderen fachlichen Stärken?

• Welche Behandlungsmethoden bevorzuge ich?

• Auf welche zahnmedizinischen Teilbereiche möchte ich mich künftig spezialisieren?

• Welche Praxisphilosophie möchte ich verfolgen?

• Welche Elemente der Service-Orientierung stehen für mich im Mittelpunkt?

• Wohin möchte ich meine Praxis führen?

• Welches Image soll meine Praxis in der Öffentlichkeit haben?

Nachdem durch die Beantwortung dieser Fragen die künftige Ausrichtung der Praxis genau definiert ist, kann der Zahnarzt damit beginnen, diePatientenzielgruppenzu bestimmen, mit denen er seine Wunschpraxis verwirklichen kann. Zentrale Bedeutung hat dabei die Klärung der folgenden Punkte.

• Welche Patientenklientel passt am besten zu der fachlichen und der soziokulturellen Ausrichtung meiner Praxis?

• Welche Erwartungen haben diese Patienten an eine Zahnarztpraxis?

• Welche Probleme oder welche Wünsche haben diese Patienten?

• Welche Fähigkeiten und Kompetenzen muss mein Team für diese Patienten besitzen?

• Wo sitzt meine zukünftige Patientenzielgruppe? Wo arbeitet sie? Wo hält sie sich tagsüber auf?

Die Beantwortung dieser Fragen ist wesentlich für die Auswahl des künftigen Standortes. Für eine Praxis, die sich auf die Behandlung von Kindern spezialisieren will, bietet sich als Standort ein Wohngebiet an, in dem vor allem Familien ansässig sind und in dessen Umkreis sich Schulen und Kindergärten befinden. Wer vornehmlich Manager und berufstätige Patienten behandeln möchte, die einer hochwertigen Versorgung gegenüber aufgeschlossen sind, sollte die Standortwahl von den Gewohnheiten eben dieser Klientel abhängig machen: Wann gehen diese Patienten zum Zahnarzt? Wie kommen sie in die Praxis? Es böte sich in diesem Fall als Standort durchaus ein Bankenviertel oder ein Wirtschaftszentrum an. Die begehrte Fußgängerzone erweist sich zwar meist hinsichtlich der Bekanntheit und des kurzfristigen Zustroms als vorteilhaft, kann sich aber auf Dauer erfolgshemmend auswirken – nämlich dann, wenn die Praxis eigentlich auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen spezialisiert ist. Wichtig ist bei jeder Praxisgründung oder -übernahme also eine genaue Analyse des zukünftigen Standortes. Er sollte weitestgehend mit der sozialen Struktur der Patientenzielgruppe deckungsgleich sein.

Die meisten Zahnärzte starten mit erheblichen finanziellen Belastungen in die Selbstständigkeit. Hohe monatliche Finanzierungskosten sorgen nicht selten dafür, dass es einem angehenden Praxisgründer vor allem darauf ankommt, einen Standort zu wählen, der in kurzer Zeit einen hohen Patientenzulauf verspricht und so eine schnelle Tilgung des Praxisdarlehens gewährleistet. Auf Dauer gesehen wirkt sich eine solche Entscheidung oft als nachteilig aus, da nach kurzfristigem Erfolg die Ernüchterung darüber folgen kann, dass der gewählte Standort der eigentlichen Praxisphilosophie keineswegs Rechnung trägt. Einer langfristigen positiven Entwicklung steht er dann sogar im Weg.

Aktiver erster Schritt

Zahnärzte, die dieser Gefahr bereits mit der Wahl ihres Standortes prophylaktisch begegnen, bauen nicht auf den verheißungsvollen schnellen Erfolg, sondern betrachten die überlegte Wahl des Standortes für ihre Praxis als ersten aktiven Schritt eines auf viele Jahre angelegten Konzeptes. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass die Praxis mit ihrem ausgesuchten Standort mittel- und langfristig genau die Patienten anspricht und an sich bindet, die ihrer Ausrichtung in erster Linie entsprechen.

Dieses Konzept muss auch der Bank schlüssig dargelegt werden, mit deren Geld die Praxisgründung finanziert wird. Hier hilft meist ein detailliert ausgearbeitetes Praxisplanungs- und Finanzierungskonzept, das neben dem Leistungsspektrum, der Zielgruppenbestimmung und der Kommunikationsstrategie vor allem eine genaue Standortanalyse enthält sowie eine möglichst objektive Wirtschaftsprognose für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren. Ein solches Konzept bewirkt, dass die finanzielle Belastung sich zwar durch niedrigere Raten in den ersten Jahren auf einen längeren Zeitraum erstreckt. Durch die längere Anlaufzeit kann die Praxis aber kontinuierlich und gezielt etabliert werden, was sich langfristig gesehen als sehr viel besser erweisen kann. Die Bank ihrerseits verfolgt dasselbe Ziel: Sie präferiert in den meisten Fällen eine langfristige Betreuung ihrer Mandanten zur beiderseitigen Zufriedenheit. Nicht der schnelle Patientenzulauf, sondern die Aussicht auf eine kontinuierliche Entwicklung der Praxis sollte im Mittelpunkt stehen, wenn es um die Wahl eines Standortes geht. Die Erfahrung zeigt, dass sich vermeintlich lukrative Faktoren auf den zweiten Blick als tendenziell unvorteilhaft erweisen können. Im schlimmsten Fall ist der Zahnarzt nach einer Fehlentscheidung gezwungen, die Praxisräumlichkeiten zu verlegen oder in einem langwierigen und anstrengenden Prozess neue Zielgruppen zu aktivieren und an die Praxis zu binden. Nicht selten entpuppt sich ein nach erstem Anschein weniger attraktiver Standort als weitaus geeigneter – vorausgesetzt eine Praxisplanung liegt zu Grunde, die von Beginn an konkrete Ziele verfolgt und die über Jahrzehnte den größer werdenden Erfolg und die Zufriedenheit des Zahnarztes vorsieht.

Stefan SeidelIm Vogelsang 6355578 Wallertheim

Jochen KriensOranienstraße 4865185 Wiesbaden

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