Kardiovaskuläre Risikopatienten bleiben viel zu häufig unerkannt
An dieser Stelle wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen vor allem durch die Kombination verschiedener Risikofaktoren exponentiell wachsen. Unbekannt ist jedoch, warum es in Deutschland so viele unerwartete Herzinfarkte und andere kardiovaskuläre Komplikationen, wie Schlaganfall, Herzinsuffizienz, periphere Verschlusskrankheit und mehr, gibt. Auf der diesjährigen Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) Ende September in Magdeburg wurden nun alarmierende Daten auf die Tisch gelegt, die zeigen, dass die Zahl der jährlich knapp 300 000 Herzinfarkte in der deutschen Bevölkerung deutlich verringert werden könnte, wenn man die Risikopersonen erfassen würde.
Normale Hausarztpatienten
Die nun publizierten Daten beruhen auf einer Erhebung in 1 122 Hausarztpraxen bei mehr als 27 000 Patienten, die auf den ersten Blick nicht infarktgefährdet schienen. Die als KHK-Scoring-Woche Anfang Juni durchgeführte Erhebung, konnte die DGK mit Spendengeldern der Firma Aventis durchführen.
Den Ärzten lag ein Abfragebogen vor, der grafisch eindeutig für Männer und Frauen getrennt allein aus den Blutdruck- und Cholesterinwerten und der Raucher-sowie der Diabetes-Anamnese heraus das Risiko für einen Herzinfarkt innerhalb der kommenden zehn Jahre ermittelt (Abb. 1). Die erfassten Patienten waren zum großen Teil (95 Prozent) im Alter über 55 Jahre. 55 Prozent waren Männer, 45 Prozent Frauen. 22 Prozent Raucher waren in der Stichprobe und 35 Prozent Diabetiker. Nur jeder Dritte hatte einen normalen Blutdruck. Ebenso gering war der Anteil mit normalen Blutfetten: 27 Prozent der Untersuchten hatten sogar hohe bis extrem hohe Cholesterinwerte im untersuchten Serum.
So wundert es nicht, dass mehr als ein Drittel der scheinbar gesunden Probanden Patienten mit einem behandlungsbedürftigen hohen Infarktrisiko waren. Teilweise hatten sie ein mehr als 40 Prozent hohes Risiko, in den kommenden zehn Jahren an einem Herzinfarkt zu erkranken, der bekannterweise zu mehr als 50 Prozent tödlich ausgeht.
Till Uwe Keil