Eine Erfolgsstory

Kaugummikauen – Mundgesundheit oder Lebensart

217880-flexible-1900
Heftarchiv Zahnmedizin
sp
Vor nunmehr zehn Jahren, im Jahre 1992, brachte die William Wrigley J. Company den ersten auch von der Weltzahnärzteorganisation FDI anerkannten und empfohlenen Zahnpflegekaugummi auf den deutschen Markt. Damit bekamen die Bemühungen der Zahnärzte um die Kariesprophylaxe eine große Unterstützung. Anlässlich dieses Jubiläums bringen die zm einen Überblick über die Entwicklung des Kaugummis vom Baumharz zum heute modernen Zahnpflegehilfsmittel. Denn aus dem einstmals leckeren aber verpönten Genussmittel, das vor allem für Kinder und Jugendliche geeignet schien, ist heute ein moderner „Prophylaxebegleiter für zwischendurch“ der mobilen Generation geworden, der auch von der Wissenschaft als wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Mundgesundheit akzeptiert wird.

Mit Seife fing alles an

Der Selfmademan William Wrigley I startete in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts mit dem Verkauf von Seifenpulver. Und weil man in Amerika immer schon gerne Werbegeschenke verteilte, gab es für die Kunden als „Extra“ ein Päckchen Backpulver als Zugabe. Die Hausfrauen liebten das und kauften Seife, mehr als sie brauchten und – eigentlich nur des Backpulvers wegen. Die Spürnase des Geschäftsmannes roch den Erfolg seines Konzeptes und so sattelte er rasch um und verkaufte jetzt bevorzugt Backpulver. Diesmal erhielten die Kunden zum Backpulver einen Kaugummi. Und den riss man ihm förmlich aus den Händen. Schon wieder war das Backpulver abgelöst, diesmal aber von dem Erfolgsprodukt aller Zeiten. Nun hatte der kleine Geschäftsmann ein Produkt, das sich fast von alleine verkaufte, er hatte einen Selbstrenner gefunden.

Wie es sich für eine echte Erfolgsstory aus der Neuen Welt gehört, verkaufte der Selfmademan seine Produkte anfangs überwiegend selbst – so bewahrte er sich ein feines Gespür für die Bedürfnisse und Vorlieben seiner Kundschaft. William Wrigley I hielt auch eisern an seinem einmal gefundenen Erfolgsprinzip fest: Er lieferte stets eine „Extra“-Zugabe zu seiner Ware. Die Einnahmen aus dem Kaugummigeschäft wurden größtenteils reinvestiert, unter anderem in eine effektive Werbung und in die Forschung und Weiterentwicklung weiterer hochwertiger Produkte.

Kaugummi – die Lebensart

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts galt ein Kaugummi als der Luxus schlechthin. Während hier in Europa über die Währungskrisen und den zweiten Weltkrieg viele schlechte Jahre über das Land und die Bevölkerung gingen, kaute sich Amerika bereits fröhlich durchs Leben. Und brachte schließlich den „modernen“ Lebensstil auch zu uns nach Deutschland. Kindheitserinnerungen von vielen Lesern gehen sicherlich dahin, das sie das erste Kaugummi ihres Lebens von einem Amerikaner geschenkt bekommen haben.

Heute vermittelt Kaugummi etwas ganz Neues – Kaugummi hat sich von einem schmackhaften Genussmittel so ganz nebenbei zu einem Gesundheit fördernden Kosmetikum entwickelt. Vor dem Hintergrund zunehmender wissenschaftlicher Erkenntnisse zur signifikanten Speichelstimulation (um 300 Prozent!) und raschen pHNeutralisation durch zuckerfreies Kaugummikauen unmittelbar nach kohlenhydrathaltigen Nahrungsmitteln [Jensen, M. E.: JADA (1986) 113; Hoerman, K. C.: Caries Res (1988) 22 und mehr] kam 1992 mit der Marke Wrigley’s EXTRA der erste, auch von der Weltzahnärzteorganisation FDI anerkannte und empfohlene Zahnpflegekaugummi auf den deutschen Markt. Aus dem Stand war dieses Produkt Marktführer bei kosmetischen Zahnpflegekaugummis, und mit einem abgerundeten Sortiment mit diversen Geschmacksrichtungen und Zielgruppen hält man heute einen Marktanteil von 80 Prozent im Segment der kosmetischen Zahnpflegekaugummis. Diese Entwicklung zeigt die allmähliche Umwälzung des Gesamtkaugummimarktes von einem ehemals klassischen Süßwarenmarkt hin zu einem Markt mit überwiegend zuckerfreien, zahnfreundlichen Produkten: Für das Jahr 2001 hat der Kaugummi ohne Zucker bereits mit etwa 66 Prozent gegenüber den zuckerhaltigen Produkten (etwa 34 Prozent) die Nase vorn, so schätzt es der Kaugummiverband, Bonn, Januar 2002.

Kauen – eine besondere Lust

Doch wie kommt es, dass ein Produkt wie Kaugummi einen solchen Siegeszug um die Welt angetreten hat? Menschen kauen seit Urzeiten, sei es auf Hölzern, sei es auf Zuckerrohr, auf Mastix-Gummi, wie bei den alten Griechen, oder wie es die englischen Seebären taten, Kautabak. Kauen, was bringt das? Weshalb haben die Menschen schon immer gekaut? Doch nicht nur allein, um sich zu ernähren?

Tiefenpsychologisch betrachtet stellt der Mund für den Säugling die früheste Lustquelle dar. Vom Stillen über den Schnuller bis hin zum Kauen lassen sich so alle diese Verhaltensweisen auf die Befriedigung des Saugreflexes zurückführen. Auch der immer wieder beobachtete Abbau von Stress, Spannungen oder einem Handlungsstau durch Kaugummikauen lässt sich tiefenpsychologisch plausibel begründen und wurde unter anderem bereits 1939 an der Columbia Universität, New York belegt [Hollingworth, H. L.: Archives of Psychology (1939) 239]. Darüber hinaus reinigt das Kauen die Zähne und gibt besseren Atem, das weiß man seit Urzeiten. Und: Kauen fördert die Konzentration – neuere Studien weisen sogar daraufhin, dass das Kauen von Kaugummi die Geistesleistung bei Schülern verbessern helfen könnte. So erzielten in einer kontrollierten Untersuchung von Lucy Wilkinson und Andrew Scholey am Neurologischen Institut der Universität von Newcastle im Jahre 2001 (www.online.unn.ac.uk/whats/news/news_ archive/gum_0302.htm) die Probanden der Verum-Gruppe ein besseres Prüfungsergebnis als die nicht kauenden Studenten der Vergleichsgruppe. Die Wissenschaftler stellten eine höhere Herzfrequenz bei ihren Kaugummi kauenden Freiwilligen fest und diskutierten auf der Jahreskonferenz der Britischen Psychologischen Gesellschaft 2002, wo die Ergebnisse vorgestellt wurden, dass durch Kaugummikauen mehr Sauerstoff und mehr Nährstoffe ins Gehirn transportiert würden. Außerdem werde dadurch die Produktion von Insulin angeregt – so die Neurologen – , was den Teil des Gehirns anrege, der für Erinnerungen zuständig sei. Kaugummi – eine legale Schülerhilfe für Klassenarbeiten also! Allerdings sollte man die Akzeptanz der Lehrerschaft nicht zu sehr strapazieren und im Gespräch mit dem Pädagogen den Kaugummi weder außerhalb noch innerhalb der Mundhöhle sichtbar werden lassen, empfehlen die Wissenschaftler.

Von Mastix bis Chicle

Wie schon erwähnt, kauten die Griechen noch auf dem Harz des Mastix-Baumes, der zuhause auf dem Peloponnes und in Kleinasien wuchs. Für Griechinnen war es ein Muss in der Körperhygiene, regelmäßig zu kauen, denn Zahnbürsten waren noch nicht erfunden, und man konnte sich sonst die Zähne nur mit ausgefaserten Zweigen reinigen. Zusätzlich erhofften sie sich davon einen „süßen“ Odem, der sie bei den Männern attraktiver machte. Anders in Asien und Südamerika: Hier kauten vornehmlich die Ärmsten – um den Hunger abzuwenden – die Bethelnuss. Meistens wird heute noch die Nuss zusammen mit einigen Pflanzenblättern und einer kleinen Beigabe von Kalk zwischen den Backenzähnen so lange gekaut, bis der braunrote Saft den gesamten Mundbereich dunkel gefärbt hat. Auch in Amerika kauten schon die Ureinwohner, und als die Europäer die Quellen des Naturkaugummis ausrotteten, stiegen sie auf gemeines Fichtenharz um.

Kaugummi heute

„Moderner“ Kaugummi, so wie wir ihn heute kennen, wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem Chicle-Gummi, einem Harz tropischer Bäume aus Zentralamerika, gewonnen. Der Sapotill-Baum ist immer noch eine der natürlichen Quellen der Kau-Rohmasse, wobei heute der größte Teil dieser Rohsubstanz synthetisch hergestellt wird. Synthetische Kau-Rohmasse hat den Vorteil, dass man eine konstant gleich bleibende hohe Qualität, unabhängig von Schwankungen natürlicher Ingredienzen, erhält.

Bis aus Kau-Rohmasse ein gut schmeckender und der Zahngesundheit zuträglicher Kaugummi entsteht, müssen noch viele Fertigungsschritte durchlaufen werden. Hier liegt auch das besondere Geheimnis des Erfolges der Kaugummihersteller. Der Rohmasse werden Zucker beziehungsweise Zuckereraustauschstoffe zugefügt. Daneben werden natürliche Aromastoffe in geheim gehaltenen Mischungsverhältnissen eingeknetet, die für die unwiederbringlichen Geschmacksnoten verantwortlich sind.

Die Entwicklung des Zahnpflegekaugummis vollzog sich über eine Reihe von Jahren. Bereits als die ersten Erkenntnisse zur zahnmedizinischen Relevanz von Kaugummi bekannt wurden [Edgar W. M., Geddes D.: J Dent Res 65 (1986), Jensen, M. E. et al.: JADA 113 (1986)] begannen die Hersteller, neue Formulierungen zu entwickeln.

Aber alles brauchte seine Zeit. Einer der ersten am Markt war wieder mal unser „Selfmademan“. Erst als eine vergleichbare Qualität zu zuckerhaltigen Kaugummis erreicht war, wurde die neue Produktfamilie der kosmetischen Zahnpflegekaugummis mit einer genau ausgewogenen Mischung aus den Zuckeraustauschstoffen Sorbitol, Xylitol, Mannitol, Aspartam und Acesulfam auf den Markt gebracht. Das war genau vor zehn Jahren. Wrigley’s Extra erblickte 1992 das Licht der Welt.

Xylitol – ein effizientes Kariesprotektivum

Besonders interessiert die Zahnmediziner in diesem Zusammenhang der Zuckeraustauschstoff Xylitol, der überwiegend aus den Rohstoffen Birken- und Buchenholz, Getreiderückständen oder Stroh gewonnen wird. Xylitol schmeckt genauso süß wie Haushaltszucker, wird aber Insulin-unabhängig verstoffwechselt und wirkt gemeinsam mit dem stimulierten, besonders mineralreichen Speichel gegen Karies [Mäkinen et al.: Int Dent J 46 (1966), Birkhed: Acta Odontol Scand 52 (1994)]. Die Streptokokken, die nachgewiesenermaßen als die Hauptverursacher der Zahnkaries gelten, werden durch Xylitol deutlich im Wachstum gehemmt. Man erklärt sich diese Bakteriostase damit, dass die Bakterien diesen Zuckeraustauschstoff ganz wie normale Saccharose aufnehmen, aber nicht in der Lage sind, diese zu verstoffwechseln. Somit „hungern“ sie regelrecht aus.

Auch die Frequenz des Kauens scheint eine nicht unbedeutende Rolle bezüglich der Zahngesundheit zu spielen, denn die Speichelstimulation nimmt in diesem Zusammenhang einen sehr wichtigen protektiven Faktor ein. So konnte die nur einmal tägliche Anwendung der absoluten Xylitmenge von einem Gramm die Kariesinzidenz nicht reduzieren, während die Verteilung derselben Konzentration auf dreimal tägliches Kauen zu einer Reduktion der Kariesneubildung um nahezu 41 Prozent führte [Kandelman D. et Gagnon G.: J Dent Res 69 (1990); Isokangas et al.: J Am Dent Ass 117 (1988)].

Jede Art der durch Kauen stimulierten vermehrten Speichelausschüttung wirkt sich somit präventiv aus. Beim Kauakt erfolgt eine erhebliche Steigerung der Salivation – man kann bis zu dreimal soviel Speichel beim Kauen erzeugen wie dies in der Ruhephase gegeben wäre. Einerseits ist es die starke Spülwirkung, andererseits die proteolytischen Fermente sowie die Remineralisation, die der erhöhte Speichelfluss fördert.

Speichel wehrt Krankheitserreger ab

Speichel ist ein recht komplexes Gemisch unterschiedlichster wirksamer Substanzen. Immunglobuline und andere bakteriostatisch und virostatisch wirkende Inhaltsstoffen, zum Beispiel Thiocyanat, dienen der Erhaltung der allgemeinen Gesundheit, denn die Mundhöhle ist oft die erste Eintrittspforte für potenzielle Krankheitserreger. Darüber hinaus enthält Speichel wichtige Enzyme für die Nahrungsvorverdauung, wie auch Stärke spaltende Amylase, zum Beispiel Mucine, und Schleimstoffe, die das reibungslose Gleiten des Nahrungsbolus gewährleisten.

Ausschlaggebend für die Gesunderhaltung der Zähne ist jedoch der hohe Anteil an Mineralsalzen im Speichel, und hier speziell der Phosphat- und Kalzium-Ionen. Es ist sogar möglich, insbesondere durch den Zusatz von Kalzium zum Kaugummi, bereits vorgeschädigte, demineralisierte, Zahnhartsubstanz bis zu einem gewissen Grad wieder gesunden zu lassen, sie zu remineralisieren [Zero D. T. et Moss M.: University of Rochester N.Y. (1999) Data on file, Chow L. C. et al.: J Dent Res 73 (1994)].

Gesunde Ernährung und Zahnprophylaxe

Wenn man den von Ernährungswissenschaftlern und Ärzten empfohlenen Diätplan näher betrachtet, wird man rasch zahnmedizinische Probleme finden, die nicht so einfach lösbar sind. Empfohlen wird ein hoher Anteil an Kohlenhydraten an der Nahrung – nur, jedes Kohlenhydrat, egal ob „Zucker“ oder Stärke, ist prinzipiell auch von der Mundhöhlenflora zu Milchsäure vergärbar. Und zusätzlich wird auch empfohlen, in hohem Maße Obst zu verzehren. Obst enthält jedoch immer neben Zucker (!) auch ganz selbstverständlich Säuren.

Damit nicht genug, es wird auch empfohlen, nicht mehr wie traditionell üblich, wenige Hauptmahlzeiten einzunehmen, nein, es sollen möglichst viele kleine Snacks verteilt über den Tag sein. Damit jedoch wird, stellt man einmal ein Säureprofil auf, der pH-Wert in der Mundhöhle dauerhaft abgesenkt. Es fehlen die wichtigen Erholungsphasen für eine Remineralisation, beziehungsweise sie sind zu kurz (Abbildung: pHTagesprofil). Die Folge ist, dass bei intensiver Mundhygiene der Patienten zwar keine Karies, dafür aber großflächige Erosionen infolge des Säureangriffs auftreten [Bartlett D. W. et al.: Br Dent J 182: 179-184 (1997)]. Weil dann, insbesondere im zervikalen Bereich, die Temperatursensibilität oft erhöht ist, wird weniger intensiv geputzt und es kommt eben doch zur kariösen Läsion, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung.

Bei häufigen kleinen Zwischenmahlzeiten untertags ist demnach sofortiges Zähneputzen jeweils im Anschluss weder praktikabel, noch aus zahnmedizinischer Sicht empfohlen. Man kann zwar eine Remineralisation durch Anwendung von Fluoridspülungen erreichen – doch, welcher Patient bringt es fertig, nach jedem kleinen Snack oder nach einem sauren Getränk gleich mit Speziallösungen zu spülen? Bloßes Spülen mit Wasser wäre auch hilfreich, nicht jedoch dann, wenn es Kohlensäure enthält.

Aktueller Stand der Wissenschaft ist, dass nach säurehaltigen Speisen oder Getränken etwa eine Stunde gewartet werden sollte, bis geputzt werden darf.

Prophylaxe für unterwegs

Hier ist der Zahnpflegekaugummi das perfekte Mittel, um die Prophylaxelücke zu füllen. Wird nach dem Essen (oder Trinken) für mindestens 20 Minuten gekaut, so sind nachweislich keine Absenkungen des pHWertes auf den Zahnoberflächen zu erwarten, beziehungsweise es findet eine rasche und vollständige Neutralisation statt. Diese „Zahnprophylaxe für Zwischendurch“ wird von den zahnmedizinischen Fachgesellschaften, wie der DGZ, angeraten als adäquates Mittel zur Optimierung der Prävention. Dies betrifft vor allem berufstätige Menschen, oder auch diejenigen, die häufig auf Reisen sind.

Vorbeugung von Zahnverfärbungen

Nach der genaueren Kenntnis der Möglichkeiten einer Beeinflussung der Mundhöhle durch Kaugummi sind weitere Gedanken zur Marktreife entwickelt worden. So wurde 2001 ein kosmetischer Kaugummi mit dem Inhaltsstoff Natriumbikarbonat eingeführt. In Untersuchungen hat die neue Rezeptur signifikant die Neubildung von Verfärbungen auf den Zahnoberflächen vermindert [Yankell S. L.: J Clin Dent 8(6):169-7 (1997)]. Diese werden einfach „weggewaschen“, wie Yankell et al. zeigen konnten (Abbildung: Mittlere Zunahme von Zahnverfärbungen bei täglicher Anwendung eines Zahnpflegekaugummis mit Natriumbikarbonat über sechs Wochen (n = 72) gegenüber der Kontrollgruppe ohne Kaugummikauen) [Yankell S. L.: J Clin Dent 8(6):169-7 (1997)].

Kauen gegen Oligosalie

Mit zunehmendem Alter weist ein immer größerer Prozentsatz der Bevölkerung eine partielle (Oligosalie) oder sogar vollständige Sekretionsstörung der Speicheldrüsen (Xerostomie) auf. Etwa jeder vierte Deutsche klagt laut einer Statistik des Instituts der Deutschen Zahnärzte (2001) über Mundtrockenheit. Neben Stress, bestimmten chronischen Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, Diabetes sowie einer Strahlentherapie im Kopf-/Halsbereich kommen als Ursache für reduzierten Speichelfluss mehr als 400 Medikamente in Frage. Dazu gehören Antihistaminika, Antidepressiva (wie Psychopharmaka ganz allgemein), Antihypertonika, und mehr. Diesem Problem kann durch Kaugummikauen entgegengewirkt werden. Alleine der mechanische Reiz genügt, die Glandulae zur vermehrten Sekretion anzuregen [Dodds et al.: J Dent Res 70 (1991)].

Kaugummi gegen Sodbrennen

Einige Stimmen vermuten, dass Kaugummikauen zu einer erhöhten Magensäureproduktion führt, weil dem Magen ständig „vorgegaukelt“ wird, es gäbe gleich etwas zu essen. Diese Bedenken sind wissenschaftlich widerlegt: Wenn die Salivation um 300 Prozent gesteigert wird, dann kommt es folglich zum Verschlucken derselben Menge. Die starke Pufferwirkung des Speichels fängt Säure rasch und effektiv ab und neutralisiert sie. Ganz abgesehen davon, findet durch die verschluckte Flüssigkeitsmenge auch eine Verdünnung statt. Diese Zusammenhänge wurden auch wissenschaftlich belegt, wie das Deutsche Ärzteblatt [Vol. 99, Nr. 10(2002)] berichtete [Avidan B. et al.: Aliment Pharmacol Ther 15 (2001)]. So kann man Kaugummi auch als Mittel gegen Sodbrennen empfehlen, weil das Gegenteil der befürchteten Wirkung eintritt.

Kiefergelenke und Kaugummi

Auch werden immer wieder Bedenken geäußert, es könne durch regelmäßiges Kauen zu einer Überlastung der Kiefergelenke kommen. Jedoch fehlt es an wissenschaftlichen Studien, die einen Zusammenhang von Gelenkerkrankungen und regelmäßigem Kaugummikauen hergestellt hätten. Natürlich kann ein massiv vorgeschädigtes Gelenk beim Kauen Probleme machen – ein gesundes jedoch nicht, und es erkrankt auch nicht durch Kauen!

Wenn ein Patient über Gelenkschmerzen nach Kaugummikauen klagt, so sollte dies als Hinweis für eine Okklusionsstörung verstanden werden, und eine gnathologische Abklärung ist unerlässlich. Und noch eins: Wenn man in der Start- oder Landephase eines Flugzeuges kaut, so dient das dem Druckausgleich über die Eustachsche Röhre und es knackt dann nicht in den Ohren.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.