Präventivmedizin

Dem Übergewicht professionell zu Leibe rücken

Ein Ernährungs- und Bewegungskonzept, das eine Gewichtsabnahme ohne Jojo-Effekt ermöglicht, wurde nun in München mit den ersten Erfolgsdaten unterlegt. Das ernährungsphysiologisch gut fundierte Modell wird in Deutschland bereits an mehr als 360 Gesundheitszentren praktiziert, die an Arzt- oder Zahnarztpraxen assoziiert sind.

Das hier vorgestellte Konzept wurde von den Ärzten Drs. Marie-Bernadette und Hardy Walle aus Ommersheim im Saarland entwickelt. Die beiden Gründer standen in München der Fachpresse Rede und Antwort. Das Programm setzt sich aus eingehenden individuellen und gruppenbezogenen Beratungen mit ausgearbeiteten Lernmitteln, einer Protein-angereicherten Nahrungsergänzung im Rahmen eines Drei-Mahlzeiten-Prinzips, regelmäßigen Bestimmungen des Körperfetts und Bewegungstraining, bevorzugt Nordic Walking, zusammen. Der sonst bei allen Schnelldiäten gefürchtete Rebound (Jojo-Effekt) wird vor allem durch die geschickte Supplementierung von hochwertigen Molke-Eiweißen vermieden.

Therapieziel zehn Prozent

Eine allmähliche Gewichtsabnahme der Teilnehmer während des ersten halben Jahres von zehn Prozent ist das Ziel des Programms. Wenn dieses Ziel mit intensiver Schulung, Beratung, Supplementierung von Proteinen und Bewegungstraining erreicht ist (das so genannte Wohlfühlgewicht, das individuell auch etwas tiefer liegen kann), wechseln die Teilnehmer in eine wesentlich lockerere Phase, in der die Erhaltung des gewichtsreduzierten Zustandes das Ziel ist.

Wie Dr. Walle berichtete, wurden in seinem Gesundheitszentrum 402 Teilnehmer der letzten zwei Jahre in einer kleinen Studie erfasst. Die Befragung nach der Zufriedenheit bei den Teilnehmern, die ein Jahr absolviert hatten, war mit 96,0 Prozent recht groß. Im Vordergrund stand die von den Teilnehmern als gut eingestufte Gewichtsreduktion und vor allem das „Abnehmen ohne Hungergefühle“ (92,8 Prozent). 87,3 Prozent der Befragen fühlten sich folgerichtig bereits während der Reduktionsphase besser, bei 52,7 Prozent hatte sich nach eigener Einschätzung bereits der Gesundheitszustand verbessert und 47,0 Prozent hatten sich entschlossen, an der Langzeitbetreuung (Kosten 30,0 Euro im Jahr) teilzunehmen.

Wie gut auch in dieser Langzeitphase das reduzierte Gewicht gehalten wird, zeigt Abbildung 1 anhand der Daten von 144 Teilnehmern, die über 18 Monate erfasst werden konnten. Immerhin hatten 61,0 Prozent von Ihnen das Ziel, ihr Gewicht dauerhaft um mindestens zehn Prozent zu senken, über diese lange Zeit eingehalten. Das ist für Programme zur Gewichtsreduktion ungewöhnlich viel, wie Dr. Walle kommentierte.

Ernährungsphysiologisches Wissen

Der hohe Anteil fettleibiger Menschen in Deutschland kommt nicht von ungefähr. Wir essen zu häufig, zu üppig und zu fett. Aber selbst Hungerdiäten, wie sie zyklisch im Frühjahr bevorzugt in Frauenjournalen angeboten werden, sind oft kontraproduktiv: Sie bauen durch Proteinmangel vor allem Skelettmuskeln ab, erzeugen Heißhunger durch Insulininduktion und entnerven Abnehmwillige durch den Jojo-Effekt.

Neuere ernährungsphysiologische Erkenntnisse drängen nun wieder auf einen Mindestgehalt von 30 Prozent Eiweiß in der täglichen Kost. Dadurch werden die Blutfette normalisiert, bei Diabetikern zusätzlich die Glukosetoleranz verbessert.

Zum Gewichtsreduzieren ist folgende Erkenntnis für die hier propagierte Diät wichtig gewesen: Gab man adipösen, hyperinsulinämischen Männern eine hypokalorische Kost mit einem höheren Eiweißanteil (45 Prozent Protein, 25 Prozent Kohlenhydrate und 30 Prozent Fett), so kam es zu einem signifikant geringeren Abfall des Grundumsatzes – ein Reflex, mit dem sich der Körper Hungerzeiten anpasst – als bei einer Kost mit geringerem Eiweißanteil (zwölf Prozent) und mehr Kohlenhydraten (58 Prozent).

Der hohe Eiweißanteil führt zur Stimulation von Glukagon, was zu forciertem Fettabbau führt. Durch den relativ niedrigen Kohlenhydratanteil mit vielen Ballaststoffen wird ein niedriger glykämischer Index erreicht, also wenig Insulinausschüttung, wenig Hungergefühl, kaum Fettaufbau. Ebenso achtet man auch auf die Fettzusammensetzung (gesättigte zu einfach zu mehrfach ungesättigten Fettsäuren 1:1:1).

Das neue Programm kennt zwei Starttage, an denen sich die Teilnehmer in fünf kleinen Mahlzeiten mit Magermilch ein Eiweißkonzentrat aus Molke zuführen. Diese Phase führt zunächst zur Entwässerung.

Dann folgt die eigentliche Reduktionsphase, in der eine vollwertige Mahlzeit (nach eigenem Kochbuch) mit zwei speziellen Mahlzeiten kombiniert wird, bei denen wiederum ein (anderes) Eiweißkonzentrat die Hauptrolle spielt. In dieser Phase wird vor allem die Fettmasse reduziert, was durch wöchentliche Messungen kontrolliert wird. Um den Erfolg dieser Phase zu gewährleisten, gehen die Teilnehmer danach in eine Stabilisierungsphase, bei der neben zwei Vollwert-Mahlzeiten nur noch eine spezielle Diät zugeführt wird.

Zwischenmahlzeiten sind in allen drei Phasen gestrichen, gewarnt wird auch vor Getränken, die mit Zuckeraustauschstoffen gesüßt sind (das führt nämlich ebenfalls zur Insulinausschüttung, dieses Mal aber über einen mentalen Zirkel).

Bewegung mit Spaß

Zusätzliche Bewegungstrainings wöchentlich in der Gruppe fördern nicht nur den Effekt der Diät, sondern stabilisieren die Muskelmasse – und sollen vor allem Spaß machen, um zu motivieren. Neben allen grundsätzlich geeigneten Arten des Ausdauersports, wie Schwimmen und Radfahren, eignet sich hier das „Nordic Walking“ mit Stöcken und Einsatz des Oberkörpers nach Erfahrung des Sportmediziners Prof. Heinz Liesen, Köln, am besten. Stressmanagement und Entspannungstechniken ergänzen das Programm.

Die Kosten für eine dreimonatige Teilnahme am Programm (dazu verpflichtet sich der Teilnehmer nach einer gründlichen Vorberatung) führen zu knapp drei Euro Kosten pro Tag. Da hier in der Regel die Produkte für zwei Spezialmahlzeiten pro Tag eingeschlossen sind, gibt der Teilnehmer kaum mehr aus als bei normaler Lebensweise. Auch dieser Punkt hebt das hier besprochene Programm wohltuend von anderen ähnlichen Ansätzen ab, bei denen die Teilnehmer in aller Regel wesentlich mehr zu zahlen haben.

Zusätzliches wirtschaftliches Standbein

Für den Arzt oder Zahnarzt bietet sich mit einem solchen Angebot ein interessanter Einstieg in den freien Markt ganzheitlicher Gesundheitsaktivitäten, die von den Betroffenen selbst finanziert werden. Da ja eine vernünftige Ernährung auch für die Zahngesundheit eine gewisse Rolle spielt, lassen sich in einem Gesundheitszentrum, das etwa von der Ehefrau oder einem anderen Familienmitglied geführt wird, sicherlich mehrere frei anbietbare Leistungen bündeln.

Der Einstieg in eine derartige Aktivität wird dem Zahnarzt relativ leicht gemacht. Er erhält in seinem Einzugsbereich Gebietsschutz. Ein „Jung-Center-Startprogramm“ begleitetet den Gründer bis zum eigentlichen selbständigen Startpunkt, die Herstellerfirma der diätetischen Produkte gewährt eine Handelsspanne von etwa 50 Prozent abzüglich fünf Prozent Systemgebühr. Die durchschnittlichen Monatsumsätze der Gesundheitszentren haben sich von 1 500 Euro in 1998 auf 4 200 Euro in den ersten Monaten diesen Jahres erhöht.

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