GKV-Verwaltungskosten explodieren

Kostenmoloch Krankenkasse

Kliniken, Ärzten und Patienten verordnet die GKV seit langem eine strikte Spardiät. Im eigenen Haus kämpft man gegen die überflüssigen Pfunde weniger diszipliniert: Im vorigen Jahr verschlang allein der Verwaltungsapparat der Kassen 8,2 Milliarden Euro.

Der Wasserkopf der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) schwillt immer mehr an: Gegenüber dem Vorjahr sind die Kosten 2003 noch einmal um 2,3 Prozent gestiegen. Das berichtet die Zeitung „Die Welt“ unter Berufung auf einen jüngst vom Bundesgesundheitsministerium (BGMS) erstellten Jahresabschluss für die GKV. Gemessen an den gesamten Leistungsausgaben belaufen sich die Kosten für Bürokratie damit auf 5,66 Prozent. Allein im Westen ist dieser Posten seit 1989 um mehr als 50 Prozent gestiegen. Im Klartext: Das Geld, das die Verwaltung schluckt, fehlt dort, wo es am dringendsten gebraucht wird – für die Behandlung von Krankheiten.

Von Prasserei mag trotzdem keiner reden: Die steigenden Ausgaben seien kein Hinweis auf Verschwendung, sondern auf zusätzliche Aufgaben der Kassen, betonten die Kassensprecher einmütig.

Auch das Gesundheitsministerium hielt sich mit Kritik zurück: Ein unsinniges Aufblähen der Kassenverwaltung sei nicht zu erkennen. Die Versicherer gingen im Wesentlichen effizient mit den Ressourcen um.

Mehr Internet, weniger Filialen

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun sieht das freilich anders: „Einsparpotenzial gibt es genug, es muss nur ausgeschöpft werden!“ Andere Verwaltungseinrichtungen hätten doch erfolgreich vorgemacht, wie man die Kosten senkt. Er rät den Kassen, die neuen Kommunikationsmittel konsequent einzusetzen: „Mehr Internet, weniger Filialen.“

Wer vor Ort präsent sein will, muss nämlich zahlen: Miete, Möbel, Personal – all das treibt die Kosten in die Höhe. Das haben die Betriebskrankenkassen (BKKn) längst begriffen. Ihr Behördenaufwand ist traditionell niedrig, weil sie in der Regel nur per Telefon beraten und via Internet informieren. Die Bilanz gibt ihnen Recht: Während die Verwaltungsgelder bei den Angestellten-Ersatzkassen vergangenes Jahr pro Kassenmitglied rund 184 Euro brutto betrugen, waren es bei den BKKn nur etwas über 118 Euro.

Die Verbandssprecher Udo Barske (AOK) und Martin Plass (VdAK) hoben hervor, dass auch bei ihnen in den vergangenen Jahren bereits tausende Stellen abgebaut und hunderte Filialen geschlossen worden seien. Auch das verbesserte Management beim Krankengeld diene letztlich der Ersparnis, so Barske. „Niemand würde auf die Idee kommen, bei der Steuerung der Zentralheizung zu sparen, weil dies auf die Brennstoffkosten durchschlägt.“ Stimmt – aber was nützt der beste Ofen, wenn das Holz zum Feuern fehlt?

Und daran fehlt es an allen Ecken und Enden. Nicht genug, dass die GKV mittlerweile einen Schuldenberg von fast sechs Milliarden Euro angehäuft hat: Allein für die Kreditzinsen musste die GKV im vergangenen Jahr 150 Millionen Euro zahlen.

Wer ist nun für die Misere verantwortlich? Zweifellos hat das BGMS im Zuge der Reform den Kassen klare Vorgaben gemacht und die Verwaltungsausgaben per Gesetz gedeckelt. Gleichzeitig erlaubte ihnen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) jedoch, sich zu verschulden. Klar ist: Die Reform konnte die Zettelwirtschaft nicht eindämmen. Im Gegenteil: Praxisgebühr, Zuzahlungen und die dazugehörigen Anträge auf Befreiung haben eine neue Verwaltungslawine ins Rollen gebracht. Der Schlamassel ist quasi hausgemacht.

Bei den Pro-Kopf-Verwaltungskosten schlage der Mitgliederschwund der großen Kassen zudem besonders negativ zu Buche, bekannte Plass. Die Branche setzt daher nach wie vor auf die Reform, konkret: auf Chronikerprogramme und Fallpauschalen im Krankenhaus. Zurzeit schraubten diese Maßnahmen die Kosten zwar nach oben – langfristig werde dadurch aber die Versorgung billiger. Bis es soweit ist, müssen Patienten wie Ärzte den Gürtel enger schnallen: In der GKVKüche ist bis auf Weiteres Schmalhans Küchenmeister! ck

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