EU-Ost-Erweiterung im Bereich der Zahnmedizin

Die Anerkennung von Diplomen gilt jetzt überall

Der Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder zur EU ab 1. Mai nimmt auch Einfluss auf den Bereich der Zahnmedizin. Konkret geht es um die gegenseitige Anerkennung von Diplomen und um das Niederlassungsrecht. Selbstständig tätige Zahnärzte aus den Beitrittsländern können jetzt grundsätzlich ohne Prüfung zur Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland tätig sein.

Mit dem Beitritt von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Zypern, Polen, Slowenien, der Slowakei, der tschechischen Republik und Ungarn ab 1. Mai 2004 zur EU stehen neue Herausforderungen für das vereinte Europa bevor (siehe dazu auch den weiteren Bericht zur EU-Ost-Erweiterung in diesem Heft). Auch die Zahnärzteschaft ist betroffen, vor allem im Hinblick auf die berufsrechtliche Anerkennung. Mit der Beitrittsakte wurde die EURichtlinie 78/686/EWG von 1978 geändert. Darin geht es um die gegenseitige Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen des Zahnarztes sowie um Maßnahmen, die die tatsächliche Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr erleichtern.

Ausreichende Deutschkenntnisse

Selbständige Zahnärzte aus den Beitrittsländern können ab dem 1. Mai 2004 grundsätzlich ohne jede Prüfung zur Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland zugelassen werden. Ausreichende Deutschkenntnisse sind nach der Rechtsprechung für die Erteilung der Approbation und die Kassenzulassung allerdings notwendig. Übergangsregelungen, wie sie zur Sicherung des Gleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt für unselbständige Beschäftigte installiert wurden, sind für die Freien Berufe nicht vorgesehen.

Die Kommission hatte in Vorbereitung der Ost-Erweiterung Reisen in die Beitrittsländer mit entsprechenden Expertengesprächen organisiert. Der Bundeszahnärztekammer war es seinerzeit gelungen, an den Reisen nach Polen und Tschechien beteiligt zu werden, und sie war von der Kommission beauftragt worden, den Gesamtbericht für alle Beitrittsländer zu fertigen. Auf diese Weise wurde zahnärztlicher Sachverstand massiv in den Bericht eingebracht. Dies geschah mit dem Ziel, alle Standards für Aus- und Fortbildung und Praxisführung in den EU-Ländern konsequent und ohne Verlust an Qualität auch für neu hinzukommende Kollegen geltend zu machen. Obwohl Defizite bezüglich des Anteils der zahnmedizinischen wie praktischen Ausbildung moniert wurden, konnte die Bundeszahnärztekammer mit ihrer Forderung nach Übergangsfristen nicht durchdringen. Alle Einwände und Bedenken wurden von der politischen Ebene beiseite gewischt.

Die geänderte EU-Richtline wurde um die zahnärztlichen Berufsbezeichnungen der neuen Mitgliedsländer ergänzt. Sonderbestimmungen bezüglich zahnärztlicher und fachzahnärztlicher Befähigungsnachweise gibt es für Estland, Lettland, Litauen, wo Zahnärzte, die seinerzeit in der Sowjetunion ausgebildet wurden, gleichgestellt wurden. Gleiches gilt für slowenische Zahnärzte, die ihrer Rechte im ehemaligen Jugoslawien erworben haben und für Zahnärzte aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die im heutigen Tschechien und in der Slowakei arbeiten.

Viele offene Fragen

Das sächsische Sozialministerium ist vor kurzem an das Bundesgesundheitsministerium (BMGS) herangetreten mit offenen Fragen zur Diplomanerkennung und Gleichwertigkeitsprüfung. Bei folgenden Fragestellungen bat man um Klärung:

• Können bei bisher fehlender Gleichwertigkeit der Diplome aus den Erweiterungsstaaten mit der deutschen Ausbildung entsprechende Auflagen erteilt werden?

• Sind bei bisher befristet erteilten Erlaubnissen zur unselbständigen Tätigkeit künftig Approbationen zu erteilen?

• Sind Approbationen auch dann zu erteilen, wenn eine Gleichwertigkeitsprüfung endgültig nicht bestanden wurde?

Grundsätzlich, so betont das Bundesgesundheitsministerium in seiner Stellungnahme, hätten EU-Staatsangehörige einen Rechtsanspruch auf die Approbation, wenn sie ein EU-Dipolm vorweisen, das in den Anlagen der geänderten EU-Richtlinie genannt sei und wenn die übrigen Approbationsvoraussetzungen gegeben seien. Bei diesen Diplomen dürften keine Auflagen, Anpassungskurse oder Praktika gefordert werden. Nur in begründeten Zweifeln sei zu klären, ob die Sachlage anders zu beurteilen sei. Das sei zum Beispiel der Fall, wenn das Diplom von der Bezeichnung her nicht mit demjenigen übereinstimme, das in der Richtline enthalten sei.

Die Kommission beabsichtigt, ihren Mitgliedsstaaten eine Liste zu übersenden, aus der hervorgeht, ab welchem Zeitpunkt ein Diplom den Mindestanforderungen der Richtlinie entspricht. Diplome, die vor diesem Zeitpunkt ausgestellt wurden, würden dann nicht automatisch unter die Anerkennung fallen. Die Bundeszahnärztekammer wird sich dafür einsetzen, auf die Inhalte dieser Liste Einfluss zu nehmen.

Zur näheren Erläuterung: Für die Anerkennung der Diplome gibt es keine Übergangsregelung. Die Europäische Kommission wird jedoch eine Liste mit den endgültigen Konformitätszeitpunkten herausgeben. Dabei handelt es sich um eine rein informatorische Liste, die lediglich den nationalen Verwaltungen die Durchführung der Anerkennungsverfahren erleichtern soll. Migranten, die nach diesen (noch festzulegenden) Konformitätszeitpunkten ihre Diplome erhalten haben, brauchen dann keine individuelle Bestätigung mehr vorzulegen. Die Durchführung des Anerkennungsverfahrens ist jedoch unabhängig vom Zeitpunkt des Vorliegens dieser Liste.

Personen, die bislang mit einer beschränkten Berufserlaubnis tätig waren, hätten gegebenenfalls einen Rechtsanspruch auf die Approbation, erläuterte das BMGS gegenüber dem sächsischen Ministerium weiter. Eine Beschränkung sei nur noch über das Arbeitserlaubnisrecht möglich, soweit nicht Malta oder Zypern betroffen seien, für die es keine Übergangsregelungen für das Arbeitserlaubnisrecht gebe.

Auch wenn ein Antragsteller eine Gleichwertigkeitsprüfung endgültig nicht bestanden habe, erwerbe er – so die Auffassung des BMGS – mit dem Beitritt zum 1. Mai 2004 einen Rechtsanspruch auf die Diplomanerkennung und damit gegebenenfalls auch auf die Approbation. Soweit ein Antragsteller auf Grund der Richtlinie einen Anspruch auf die Approbationserteilung herleiten könne, sehe das Ministerium keine Möglichkeit, diese zu verweigern, weil die Gleichwertigkeitsprüfung nicht bestanden wurde. Welch hahnebüchener Unsinn in Hinblick auf die so vollmundig geforderten Qualifikationen und Qualitätsstandards!

Für Freiberufler und Heilberufler gilt also die geänderte EU-Richtline ohne Wenn und Aber und ohne Übergänge. Was den Bereich unselbständiger Erwerbstätigkeit angeht, sehen die Dinge anders aus. Deutschland wird von den in den Beitrittsakten vorgesehenen Sonderregelungen Gebrauch machen und Übergangsregelungen schaffen. Die Bundesregierung hat dem Bundestag einen Gesetzesentwurf („Entwurf eines Gesetzes über den Arbeitsmarktzugang im Rahmen der EU-Erweiterung”) vorgelegt, in dem die Vorschriften des Arbeitsgenehmigungsrechts ergänzt und angepasst werden sollen.

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