Fortbildungsteil 1/2005

Kariestherapie und Kavitätenpräparation

Heftarchiv Zahnmedizin

Die Karies ist neben der Parodontitis die am weitesten verbreitete Infektionserkrankung überhaupt. Obwohl die Kariesprävalenz durch Präventionsmaßnahmen, wie die Fluoridierung, in den letzten 30 Jahren deutlich zurückgegangen ist, stellt die Karies immer noch ein bedeutendes Problem für Kinder und Erwachsene dar [Micheelis und Reich, 1999]. Neuere Untersuchungen in den USA bescheinigen, dass 90 Prozent der Bevölkerung unbehandelte oder behandelte Karies haben [ADA, 2001]. Weiterhin ist festzustellen, dass sich der Kariesrückgang seit den 90er Jahren nicht weiter fortzusetzen scheint und daher möglicherweise abgeschlossen sein könnte [Featherstone, 1999].

Wird eine behandlungsbedürftige Karies diagnostiziert, muss nach wie vor die erkrankte und infizierte Zahnhartsubstanz entfernt werden. An das Präparationsverfahren werden dabei die Kriterien der Substanzschonung, der möglichst selektiven Kariesentfernung, der Unbedenklichkeit für die Vitalität der Pulpa, der gewünschten Schmerzfreiheit für die Patienten und der Vorbeugung der Entstehung einer neuen Karies gestellt. Da diese geforderten Kriterien von dem herkömmlichen „Bohrer“ nur unzureichend erfüllt werden können, ist die Zahnmedizin seit längerem bemüht, die rotierenden Instrumente zu ersetzen. Als Alternative steht heute neben chemo-mechanischen Verfahren die Laser-Technologie zur Verfügung.

Schon kurz nach dem Aufbau des ersten optischen Lasers (1960) versuchten Stern und Sognnaes 1964 Zahnhartsubstanzgewebe mit Laserstrahlung abzutragen. Der dabei verwendete Rubinlaser konnte zwar Schmelz und Dentin verdampfen, es kam aber zu einer erheblichen Schädigung des umliegenden Gewebes. Spätere Versuche mit kontinuierlich strahlenden CO2-Lasern wurden ebenfalls wegen zu geringer Effektivität und großer thermischer Schäden abgebrochen. In den 80er Jahren weckte die Entwicklung gepulster Lasersysteme neue Hoffnung. Der Nd:YAG Laser (1 064 nm) fand wegen seiner geringen Absorption in der gesunden Zahnhartsubstanz und der damit verbundenen möglichen thermischen Schädigung der vitalen Pulpa keine Indikation im Rahmen der Kariestherapie und Kavitätenpräparation. Untersuchungen zum Einsatz der Eximer Laser (193, 308 nm) haben die Möglichkeit zur schonenden Hartgewebsbehandlung aufgezeigt. Allerdings konnte mit diesen Systemen kein ausreichend großer Substanzabtrag erzielt werden. Ein Vorteil dieses Wellenlängenbereichs liegt in einer möglichen selektiven Kariesentfernung [Koort und Frentzen, 1990; Rechmann et al., 1993]. Ein großer Nachteil dieser Laser sind die gesundheitsschädlichen Halogenidanteile (F-, Cl+) im Lasergas, die eine praktische Anwendung der Systeme erschweren.

Im Jahre 1988 untersuchte Paghdiwala zum ersten Mal die Möglichkeit, mit einem Er:YAG Laser die Zahnhartsubstanzen zu präparieren [Paghdiwala, 1988]. Kurz darauf zeigten Keller und Hibst (1989), dass die Präparation von Kavitäten in Schmelz und Dentin ohne klinisch relevante Nebeneffekte möglich ist.

Bis heute sind Laser dieses Typs die einzigen, die für die Praxis zur Kariesentfernung verfügbar sind. Daher wird im Folgenden der derzeitige Stand des Wissens zur Kariestherapie und Kavitätenpräparation mit Erbium-Lasersystemen (Er:YAG, Er:YSGG) und die Implikationen ihrer praktischen Anwendung dargestellt.

Theorie der Gewebeablation

Die Anwendbarkeit einer bestimmten Laserstrahlung wird durch die optischen Eigenschaften der zu bearbeitenden Gewebe vorgegeben. Für einen Gewebeabtrag ist in erster Linie die Absorption der jeweiligen Laserwellenlänge entscheidend. Bei hoher oberflächlicher Absorption ist die Eindringtiefe des Lichts und damit die Gefahr einer thermischen Schädigung des Zahnes gering. Ist die Absorption nur unzureichend, dringt das Licht in tiefere Areale und kann dort zu einer unkontrollierten Wechselwirkung führen. Die Zahnhartsubstanzen weisen in den Wellenlängenbereichen um 3 μm und 10 μm Bereiche hoher Absorption auf (Abb. 1).

Das Absorptionsmaximum von Wasser wird im Wellenlängenbereich um 3 μm durch die Emissionswellenlängen der Erbium-Laser abgedeckt. Für die Zahnmedizin sind Er:YAG (2,94 μm) und Er,Cr:YSGG (2,79 μm) Laser kommerziell erhältlich. Die hohe Absorption von Hydroxylapatit im Bereich von 10 μm stimmt mit den Emissionswellenlängen der CO2-Laser überein. Geräte für die Kariestherapie beziehungsweise Kavitätenpräparation sind aber noch nicht verfügbar, da hier nur kurzgepulste Lasersysteme (< 100 μs) in Frage kommen.

Die derzeit gültige Theorie der Gewebeablation mit Erbium-Lasern besagt, dass die Laserenergie das im Gewebe enthaltene Wasser schlagartig erhitzt. Dabei entsteht Wasserdampf, der expandiert. Die Volumenausdehnung geschieht so vehement, dass kleine Gewebestücke aus dem Verbund des Gewebes herausgesprengt werden (Abb.2). Da die Ablation also durch das im Gewebe enthaltene Wasser (Zahnschmelz: 12 Vol-Prozent, Dentin: 25 Vol-Prozent) vermittelt wird, werden keine Temperaturen über dem Schmelzpunkt von Hydroxylapatit für den Abtrag von Schmelz und Dentin benötigt. Aufgrund der hohen Absorption der Wellenlängen beträgt die Eindringtiefe des Lichts in die Zahnhartsubstanzen nur wenige Mikrometer. Läuft der wasservermittelte Ablationsprozess optimal, wird fast die gesamte eingestrahlte Energie für den Abtrag verbraucht. Im Gewebe verbleibt dann nur wenig Energie, die in Temperatureffekte konserviert wird. Das erwärmte Gewebe wird in der Regel bereits mit dem folgenden Laserpuls abgetragen. Diese Tatsachen führen dazu, dass bei sachgerechter Anwendung der Erbium-Laser eine thermische Schädigung des Zahnmarks ausgeschlossen werden kann [Keller et al., 1991]. Für einen effektiven und sicheren Abtrag ist ein extern zugeführtes Wasserspray notwendig, ähnlich dem bei rotierenden Instrumenten zur Kühlung. Dieses Wasser legt sich als Wasserfilm auf die zu bearbeitende Oberfläche und verhindert eine Dehydration. Neuere Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass die Laserstrahlung Effekte in diesem Wasserfilm verursacht, die die Ablation zusätzlich unterstützen und möglicherweise sogar den größeren Beitrag zum Abtrag leisten. Phänomene wie Kanalbildung, Kavitation, Rückstoß und Schockwellen werden diskutiert [Fried, 2000].

Lasersysteme zur Kariestherapie

Für den klinischen Einsatz sind verschiedene Erbium-Lasersysteme am Markt erhältlich. Dazu gehören Er:YAG und Er,Cr:YSGG Laser. Die Systeme bieten je nach Hersteller unterschiedliche Bauelemente und Ausstattungen. Das Licht kann entweder über einen Spiegelgelenkarm oder eine Lichtleitfaser vom Gerät zum Handstück geleitet werden. Im Handstück wird das Licht meist im Winkel von 90 Grad umgelenkt. Ausgekoppelt wird die Strahlung durch ein Fenster oder einen Applikator-Tipp. Während die erst genannte Variante die Fokussierung des Strahls notwendig macht, erlaubt die Verwendung eines Tipps eine Applikation in Kontakt beziehungsweise Quasi-Kontakt zum Zahn. Dies kommt der dem Zahnarzt gewohnten taktilen Arbeitsweise nahe. Zusätzlich wird die Reinigung des Austrittsfensters während der Behandlung überflüssig.

Die Effektivität eines Lasersystems wird vordergründig durch die durchschnittliche in Watt gemessene Leistung bestimmt. Diese ergibt sich bei gepulsten Lasern als Produkt aus der Pulsenergie und der Pulswiederholungsrate. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Pulsenergie geliefert werden muss, um einen effektiven Abtrag zu gewährleisten. Eine hohe Pulsfrequenz allein ist also kein Garant für einen schnellen Abtrag.

Zusätzlich unterscheiden sich die Geräte im Detail bezüglich des räumlichen und zeitlichen Strahlprofils des emittierten Laserpulses. Während Laser, bei denen das Licht über eine Faser geleitet wird, eine über den Strahldurchmesser nahezu Gauß-förmig verteilte Energie liefern, leiten Spiegelgelenkarme das Laserlicht bauartbedingt mit einem so genannten Modenprofil weiter. Dies führt zu unterschiedlichen Energiedichten im Strahlprofil. Das zeitliche Pulsprofil bestimmt zusätzlich die Effektivität des Lasers. Kürzere Pulse (< 150 μs) bieten höhere Pulsspitzenleistungen, fördern die Effizienz des Abtrags und verhindern dadurch auch einen höheren Temperatureintrag in das Gewebe [Apel et al., 2002; Meister et al., 2003, 2004].

Ratschläge für Leistungseinstellungen zur Kariestherapie oder Kavitätenpräparation können aufgrund der Unterschiedlichkeit der Geräte am Markt nicht pauschal gegeben werden. Für die Einstellungen zu den verschiedenen Indikationen sollten die Herstellerangaben herangezogen werden. Diese wiederum sollten durch wissenschaftliche Studien mit dem angebotenen Gerät belegbar sein.

Indikationen und Kontra-Indikationen

Die Anwendung der Erbium-Laser in der Kariestherapie wird von einer zwischenzeitlich gesicherten Evidenz gestützt. Seit der Einführung dieser Wellenlänge gibt es zahlreiche klinische Untersuchungen. Alle diese Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass Erbium-Laser ein sicheres Instrument zur Kariestherapie darstellen [Cozean et al., 1997; Dostalova et al., 1997; Keller et al., 1997; Matsumoto et al., 1996, Pelagalli et al.; 1997]. Zusätzlich sind sowohl der Er:YAG als auch der Er,Cr:YSGG Laser in den USA von der FDA (Food and Drug Administration) für diese Indikation zugelassen worden [FDA].

Die klassische Indikation eines Erbiumlasers ist die Therapie primärer kariöser Läsionen. Eine gute Zugänglichkeit und direkte Sicht auf die Kavität erleichtert die Handhabung des Lasers. Aus diesem Grund können die Versorgung von Klasse V Kavitäten und die erweiterte Fissurenversiegelung als Domäne des Lasers bezeichnet werden (Abb. 3 bis 5). Aber auch die Versorgung aller anderen Kavitätenklassen ist grundsätzlich möglich. Dabei ist allerdings zu beachten, dass unterminierende Karies aufgrund des senkrechten Austritts des Lichts aus dem Applikator nur schwierig zu entfernen ist. In diesem Fall muss mehr gesunde Zahnhartsubstanz geopfert werden, was dem minimalinvasiven Anspruch einer Lasertherapie entgegensteht.

Eine relative Kontraindikation ist in der Versorgung vorbehandelter Kavitäten zu sehen. Obwohl die Wissenschaft gezeigt hat, dass sich Kompositfüllungen abtragen lassen, sollte diese Anwendung auf sehr kleine und oberflächliche Füllungen beschränkt bleiben. Außer Zweifel steht, dass die dabei auftretenden Temperaturen deutlich über denen beim Abtrag der Zahnhartsubstanzen liegen [Hibst und Keller, 1991]. Welche möglicherweise gesundheitsschädlichen Abbrandprodukte und Gase bei dieser Anwendung entstehen, ist noch nicht bekannt. Die Entfernung von Zementen sollte ebenfalls nicht erfolgen. Hierbei treten sehr hohe Temperaturen auf, welche nicht nur den Zahn, sondern auch die Applikatoren beschädigen können.

Als absolute Kontraindikation ist die Entfernung von Amalgamfüllungen zu sehen. Grund hierfür ist das Entstehen gefährlicher Quecksilberdämpfe. Gusslegierungen und Keramiken können ebenfalls nicht bearbeitet werden.

Bei der Anwendung eines Erbium-Lasers kann es ähnlich wie bei der Verwendung rotierender Instrumente zu einer Irritation der umliegenden Weichgewebe kommen. Da diese Wellenlänge keine koagulierende Wirkung hat, sind bei der Behandlung von Patienten mit Gerinnungsstörungen die gleichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, wie bei der Verwendung rotierender Instrumente.

Kariesexkavation

Der wasservermittelte Ablationsprozess begünstigt den Abtrag von Karies aufgrund des höheren Wasser- und Proteingehalts im Vergleich zu gesunder Zahnhartsubstanz. Das selektive Entfernen von erkrankter Substanz unter vollständiger Schonung der gesunden Zahnsubstanz ist allerdings auch mit den Erbium-Lasern nicht möglich. Grund hierfür ist der zu geringe Unterschied in der Ablationsschwelle von kariösem im Vergleich zu gesundem Dentin [Rechmann et al., 1993]. Trotzdem sollte für die Entfernung von kariöser Substanz die Pulsenergie des Lasers reduziert werden, um den zuvor beschriebenen geringen Unterschied zwischen erkrankter und gesunder Zahnhartsubstanz vorteilhaft nutzen zu können und eine Überexkavation weitestgehend zu vermeiden.

Das Bild einer vollständig exkavierten Kavität erscheint dem Zahnarzt ungewohnt. Die Dentinoberfläche ist bedingt durch den Abtragmechanismus rau und ohne Glanz. Nur der „Kratztest“ mit der Sonde bietet sich hier als Exkavationskontrolle an.

Vorteilhaft gegenüber der herkömmlichen Exkavation mit rotierenden Instrumenten ist der zusätzlich antibakterielle Effekt von Laserstrahlung. Dieser wird unter anderem in der Endodontie und Parodontologie und in der industriellen Anwendung zur Oberflächendesinfektion genutzt. Dieser Effekt lässt sich auch für die Erbiumlaser nachweisen [Hibst et al., 1996]. Die antibakterielle Wirkung, gekoppelt mit der Temperatur hat jedoch eine geringe Tiefenwirkung. Eine Überlegenheit gegenüber konventionellen Verfahren – zum Beispiel der Applikation von Ca(OH)2-Suspensionen – konnte bisher wissenschaftlich noch nicht belegt werden.

Die Abtragsgeschwindigkeit der Erbium- Laser in Schmelz und Dentin ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Wie oben bereits erwähnt, ergeben sich bauart- und leistungsbedingt bereits Unterschiede zwischen den verschiedenen Lasersystemen. Ein Vergleich zu den herkömmlichen rotierenden Instrumenten lässt sich wissenschaftlich nur schwierig ziehen, da die Abtragsrate der rotierenden Instrumente von einer Vielzahl von Faktoren (Schnittgeschwindigkeit, Anpressdruck und Schärfe des Instrumentes), beeinflusst wird. Betrachtet man die Präparationsgeschwindigkeit alleine, so schneidet der Laser unzweifelhaft schlechter ab. In der klinischen Routine ist aber zu berücksichtigen, dass zum Beispiel ein Instrumentenwechsel für die verschiedenen Arbeitsschritte entfällt.

Schmerzsensation

Die in der Literatur vorliegenden klinischen Untersuchungen zum Einsatz der Erbium- Laser in der Kariestherapie bescheinigen ausnahmslos eine hohe Patientenakzeptanz. Die Laserbehandlung wird von der überwiegenden Zahl der Patienten als schmerzlos beziehungsweise schmerzarm bezeichnet. Die Verwendung einer Lokalanästhesie ist nur im Ausnahmefall notwendig [Keller et al., 1998]. Zusätzlich zeigten histologische und immunhistochemische Untersuchungen nach Erbium-Laserpräparation eine geringere Expression von Entzündungsfaktoren sowie mildere und lokalisiertere Entzündungszeichen [Sonntag et al., 1996; Takamori et al., 2000].

Die Ursache für die geringere Schmerzsensation des Lasers ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Bekannt ist, dass intradentale Nerven durch die Laserpräparation stimuliert werden. Interessanterweise zeigt eine wissenschaftliche Untersuchung, dass sogar höhere Aktionspotentiale bei A- und C- Fasern zu messen sind, als im Vergleich zu einer Mikromotorpräparation oder mechanischen Stimulation [Chaiyavei et al., 2000]. Diese Beobachtungen korrelieren mit dem physikalischen Verständnis der Laserablation, bei der die Absorption in Wasser dominiert. Diese Tatsache führt möglicherweise zu schlagartigen Flüssigkeitsverschiebungen in den Dentintubuli und damit zur Schmerzauslösung im Sinne der hydrodynamischen Theorie von Brännström [Brännström, 1966]. Aus diesem Grund müssen andere Quellen für eine geringere Schmerzempfindung diskutiert werden. Eine Ursache ist möglicherweise in der drucklosen und vibrationsarmen Arbeitsweise des Lasers begründet. Es konnte gezeigt werden, dass die Laserpräparation signifikant geringere Vibrationen verursacht als eine Präparation mit rotierenden Instrumenten [Takamori et al., 2003]. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass akustische Phänomene während der Laserpräparation oder andere psychologische Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf das Schmerzempfinden während einer Zahnpräparation haben.

Versorgung laserpräparierter Kavitäten

Die Anwendung eines Erbium-Lasers am Zahn hinterlässt, bedingt durch den mikroexplosiven Abtrag der Zahnsubstanz, eine raue und zerklüftete Oberfläche. Aus diesem Grund bietet sich ausschließlich die Versorgung der Kavitäten mit plastischen Füllmaterialien an. Eine Inlay- oder Kronenpräparation ist mit dem Laser derzeit nicht möglich. Mikroskopisch ähneln die laserbehandelten Oberflächen denen nach Säureapplikation. Im Schmelz wird bei adäquater Leistungseinstellung ein vergleichbares Prismenrelief mit bevorzugt abgetragenem inter- und innerprismatischem Material sichtbar. Das Dentin ist nach Laserbestrahlung weitgehend frei von einem „smear layer”. Die Dentintubuli sind zum Teil geöffnet.

Aufgrund dieses Erscheinungsbildes wurde lange Zeit vermutet, diese Oberflächen seien besonders für die Befestigung von Kompositmaterialien geeignet und eine zusätzliche Ädhäsivtechnik mit Verwendung von Phosphorsäure nach Laseranwendung überflüssig. Der Haftmechanismus von Kompositfüllungen am Zahn ist heute eine der meist untersuchten Gebiete in der Laserzahnheilkunde. Betrachtet man die Vielzahl von Experimenten in diesem Feld, so ergibt sich aber die Tatsache, dass auf eine Adhäsivtechnik nicht verzichtet werden darf. Nicht zusätzlich konditionierte Laseroberflächen schneiden sowohl im Schmelz als auch im Dentin bei Abzugs- und Farbstoffpenetrationstests signifikant schlechter ab als konditionierte konventionell präparierte oder konditionierte laserpräparierte Oberflächen. Wird der Zahnschmelz nach Laseranwendung mit Säure konditioniert, ergeben sich keine signifikanten Unterschiede [Ceballos et al., 2002; Gutknecht et al., 2001; van Meerbeck et al., 2003]. Die Haftwerte im Dentin sind auch nach Anwendung moderner Haftvermittler signifikant reduziert. Diese Beobachtungen werden damit erklärt, dass die Laseranwendung zu einer Destruktion der Kollagenbestandteile im Dentin führt [Ishizaka et al., 2002]. Bedingt dadurch, lässt sich eine Hybridschicht mit einem freigelegten Kollagengeflecht nicht ausformen. Ob dieses Phänomen einen klinischen Einfluss auf die Haltbarkeit von Kompositfüllungen in laserpräparierten Kavitäten hat, ist derzeit nicht bekannt.

Vorbeugung der Entstehung neuer Karies

Die Anwendung des Lasers zur Kavitätenpräparation ist mit der Hoffnung verbunden, dass die dabei entstehenden Kavitätenwände und -ränder gegenüber einem kariösen Angriff resistent sind. Diese Theorie basiert auf der Tatsache, dass eine Bestrahlung von Zahnschmelz zu einer erhöhten Kariesresistenz führen kann [Featherstone, 2000]. Die Ursache hierfür ist, dass es bereits bei Temperaturen zwischen 300 °C bis 400 °C zu einem effektiven Verlust von gebundenem Karbonat in den Zahnhartsubstanzen kommt und dadurch eine verringerte Säurelöslichkeit auftritt. Die verringerte Säurelöslichkeit von Zahnschmelz nach Laserbestrahlung konnte „in vitro” und „in situ” auch für die Erbium-Laser nachgewiesen werden [Apel et al., 2002, 2004, 2005]. Der nahe liegende Schluss, diesen Effekt auch bei der Kavitätenpräparation zu erwarten, ist aber nicht ohne weiteres zulässig. Im Gegenteil konnte gezeigt werden, dass nach Laserpräparation eher eine erhöhte Säurelöslichkeit die Folge ist [Apel et al., 2003]. Die oben erwähnten Temperaturen werden unter Benutzung eines für den Ablationsmechanismus notwendigen externen Wassersprays möglicherweise gar nicht erreicht. Außerdem führt die Laserpäparation zu einer rauen Oberfläche, die einem Säureangriff eine vergrößerte Angriffsfläche bietet.

Auf diesem Gebiet sind sicherlich weitere wissenschaftliche Studien notwendig, um den Effekt der Laserstrahlung auf die Kariesresistenz von Schmelz und Dentin näher zu untersuchen.

Zusammenfassung

Mit den Erbium-Lasersystemen (Er:YAG, Er:YSGG) stehen dem Zahnarzt effektive und sichere Instrumente zur Kariestherapie und Kavitätenpräparation zur Verfügung. Die klinische Anwendung ist zwischenzeitlich durch viele Studien abgesichert. Vorteile der Laseranwendung sind der schonende Substanzabtrag und der hohe Patientenzuspruch, der wiederum zum Teil als Marketing-Effekt vom niedergelassenen Zahnarzt genutzt wird. Diesen Vorteilen stehen die hohen Anschaffungskosten, der geringfügig erhöhte Zeitbedarf bei Laseranwendung und ein eingeschränktes Indikationsgebiet gegenüber.

Prof. Dr. med. dent. Christian ApelProfessor als Juniorprofessor fürExperimentelle Kariesprävention und -therapieKlinik für Zahnerhaltung, Parodontologie undPräventive ZahnheilkundeUniversitätsklinikum AachenPauwelsstr. 30, 52074 Aachencapel@ukaachen.de

Dr. med. dent. Helmut RießZahnarztpraxis mit den TätigkeitsschwerpunktenLaserzahnkeilkunde und ÄsthetischeZahnheilkundeOberstr. 2154516 Wittlich

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