Anleihen für alle Fälle

Renditejagd bei steigenden Zinsen

Nach dem Tief im vergangenen Jahr werden die Zinsen 2006 moderat steigen. Anleger, die einen Teil ihres Vermögens in festverzinsliche Wertpapiere investieren wollen, finden für jede Gelegenheit das richtige Angebot. Die Skala reicht von sicheren Staatsanleihen bis zum Hochrisikobereich der Junkbonds.

Ein alte Anlegerweisheit sagt: Wenn die Aktien gut laufen, sieht es für die Anleihen schlecht aus. 2005 feierte die Börse viele Erfolge, der Dax stieg um satte 30 Prozent. Für 2006 geben sich die Propheten verhalten optimistisch, die Kurse deutscher Aktien haben bereits deutlich angezogen. Seit zwei Jahren lauern die Inhaber von Rentenportfolios auf die Zinswende. Etwas wirklich Entscheidendes ist bis jetzt nicht passiert. Doch die Experten sind sich einig: Die Konjunktur dies- und jenseits des Atlantiks wird ihre Spuren auf den Konditionen von Zinspapieren hinterlassen. Die Prognosen sprechen von gut drei Prozent Wachstum in den USA und rund 1,5 Prozent in Deutschland. Die Daten verheißen steigende Einkommen und sicherere Arbeitsplätze. Für die Inhaber von Renten bedeuten sie jedoch wenig Gutes: Eine florierende Wirtschaft braucht Kapital, um anstehende Investitionen zu tätigen. Die Unternehmen wollen für die steigende Nachfrage gerüstet sein, sie brauchen Kredite, für die sie Zinsen zahlen müssen. Und die steigen umso stärker, desto mehr Geld gebraucht wird.

Das Spiel um Inflation und Zinsen

Gleichzeitig fürchten Wirtschaftswissenschaftler um die Stabilität der Währung, wenn mehr Geld in Umlauf gerät und die Preise für Rohstoffe steigen. Um dem zu begegnen, erhöhen sie den Leitzins. In den USA dürfte das Ende der Fahnenstange bald erreicht sein: Experten sehen den Höchststand für 2006 bei 4,75 Prozent. Für Europa wird der Präsident der Europäischen Zentralbank Claude Trichet wahrscheinlich bei maximal 2,75 Prozent den Schlussstrich ziehen.

Was die Wirtschaft freut, ärgert also die Freunde der Anleihen. Denn um neue Anleihen am Markt platzieren zu können, müssen die Schuldner die Konditionen attraktiver gestalten. Für die alten Renten aber interessiert sich dann kaum noch jemand. Die Kurse fallen, gleichzeitig passt sich die Rendite nach oben an.

Dieser Effekt wirkt sich bei Langläufern stärker aus als bei kurz laufenden Papieren. Tatsächlich in der Kasse spüren nur diejenigen den negativen Zinseffekt, die ihre Anleihen vorzeitig – also vor dem Rückzahlungstermin – verkaufen müssen und für ihre Renten deshalb keinen guten Preis erzielen.

Zwar erwarten die Experten keine dramatischen Einbrüche bei Anleihen. Dennoch empfehlen sie Neueinsteigern, erst einmal zu kurzfristigen Papieren zu greifen.

Eine Möglichkeit, sich vor bösen Überraschungen zu schützen, ist der Kauf von variabel verzinsten Anleihen, so genannten Floatern. Bei ihnen passt sich der Kupon regelmäßig an den Kapitalmarktzins an. Ihr Kurs notiert deshalb auch fast immer bei 100 Prozent. Bei Bundesanleihen liegen die Rendite-Prognosen für 2006 um die 3,5 Prozent. Die größte Sicherheit bieten die oben genannten deutschen Staatsanleihen aber auch die Treasuries der USA sowie die Papiere anderer westlicher Staaten. Hierbei gehen die Investoren davon aus, dass diese Schuldner immer zahlungsfähig sind.

Aufregende Appetithäppchen

Größere Gewinne als die in Euro notierenden Anleihen versprechen Papiere in fremden Währungen. Denn in USA, Südafrika oder Polen gibt es höhere Zinsen. Das Risiko besteht im Verhältnis der jeweiligen Landeswährung zum Euro. Denn Zinsen und das am Ende der Laufzeit zurückgezahlte Kapital müssen wieder in Euro zurückgetauscht werden. Dabei kann es zu Verlusten kommen, wenn die Anlagewährung während der Laufzeit der Anleihe an Wert verliert. Steigt sie hingegen, kassiert der Anleger gleich doppelt: die hohen Zinsen und den Währungsgewinn. Die Wechselkurse schwanken fast immer sehr stark, so dass es äußerst schwierig ist, die Entwicklung von Dollar, Zloty oder südafrikanischem Rand vorherzusagen. Die Vergangenheit hat gezeigt, leidet ein Land unter einer hohen Inflation, verliert die Währung an Wert; zum Ausgleich zahlt das Land hohe Zinsen. Manchmal passiert es, dass eine Währung trotz hoher Inflationsrate aufgewertet wird. Beispiele dafür sind Polen, wo der Zloty im Jahr 2004 rund 20 Prozent gewonnen hat, und die Türkei, wo die Lira in ersten Halbjahr 2005 um zehn Prozent zugelegt hat.

Schwieriger wird es bei Anleihen von Ländern mit geringerer Schuldnerqualität, wie etwa von den südamerikanischen Ländern. Das gilt zum Beispiel für die mexikanischen Anleihen in Peso, die mit Renditen von zehn Prozent locken. Die Weltbank warnt bereits vor der extrem hohen Kriminalität in diesem Land, die Investoren abschreckt. Anleger, die ruhig schlafen wollen, halten sich hier bedeckt. Für die Amateure unter den Anlegern eignen sich Fremdwährungsanleihen nur bedingt.

Wer nicht darauf verzichten will, konzentriert sich vielleicht auf hiesige Emittenten wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder die Weltbank. Sie legen hin und wieder Anleihen in fremder Währung auf. Solche Papiere bedürfen der ständigen Beobachtung. Entwickeln sie sich für den Anleger negativ, ist der sofortige Verkauf angesagt, um die Verluste zu begrenzen.

In unruhige Gewässer begeben sich Anleger, die auf risikoreiche Unternehmensanleihen setzen. Die versprochene Rendite lockt die Spieler unter den Investoren. Doch bevor sie sich für ein Papier entscheiden, sollten sie sich möglichst viele Daten über das Geschäfts- und Finanzprofil der jeweiligen Firma besorgen. Denn anders als bei Bundesanleihen, die die Rating-Agenturen immer noch mit der Bestnote (siehe Beitrag Rating auf Seite 96) auszeichnen, spielt hier die Seriosität des Schuldners eine große Rolle. Die Unternehmen nutzen Anleihen für die Finanzierung von Investitionen und Akquisitionen oder zur Umschuldung von Verbindlichkeiten. Kauft der Anleger eine Unternehmensanleihe, gewährt er der Firma einen Kredit. Die Rendite, die solche Papiere versprechen, hängt stark von der Bonität des Unternehmens ab. Zins- und Tilgungszahlungen erfolgen regelmäßig, so lange dessen wirtschaftliche Situation in Ordnung ist. Gerät der Schuldner ins Trudeln und wird er am Ende sogar insolvent, guckt der Anleger in die Röhre: Sein Kapital kann er abschreiben. Im besten Fall bekommt er nach komplizierten Umschuldungen einen Teil davon zurück. Wie bei Anleihen von Ländern in unsicherer Finanzlage und hoher Inflation, gilt auch für Unternehmenspapiere: Je höher das Risiko, desto höher die Renditeversprechen. Einen wichtigen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Seriosität liefern die Noten der Rating-Agenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch. Ohne deren Urteil findet kaum eine Anleihe ihre Käufer, es sei denn, das Unternehmen heißt Porsche und ist über jeden Zweifel erhaben. Doch dabei handelt es sich um die berühmte Ausnahme von der Regel. Der Normalverbraucher in Sachen Geldanlage weiß fast immer zu wenig über die finanzielle Lage der jeweiligen Firma und ist auf Zusatzinformationen angewiesen. Ein Zeichen für den Grad der Seriosität gibt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche. So gilt die Versorgerbranche als besonders sicher. Strom, Wasser und Gas verkaufen sich immer. Die Unternehmen gelten als zahlungsfähig. Ganz anders sieht es beispielsweise in der Baubranche oder bei den Medien aus.

Harakiri an der Börse

Anleger auf der Suche nach einem möglichst hohen Nervenkitzel werden bei den Junkbonds (Müll-Anleihen) fündig, Papieren, deren Schuldner ständig mit der Insolvenz ihres Unternehmens rechnen müssen. Sie kamen 1980 in Mode. Während ihrer Laufzeit fallen die Kurse dieser Anleihen und die Rendite steigt. Parallel dazu verschlechtert sich die finanzielle Situation des Emittenten. Geht es gut und zahlt die Firma, können die Investoren einen großen Gewinn einstreichen. Oft genug aber dürfen sie ihren Einsatz abschreiben.

Für private Anleger sind solche Harakiri-Spielchen nicht geeignet. Sie beschränken sich besser auf Anleihen, die an der Börse gehandelt werden, damit sie ihre Werte problemlos verkaufen können.

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