Zentrale Anästhesien in der Zahnarztpraxis

Notwendige Vollnarkosen bleiben im Leistungskatalog der GKV

Der für die Zahnärzteschaft fatale Narkose-Beschluss des Bewertungs- Ausschusses Ärzte ist endgültig vom Tisch – auch künftig darf der Zahnarzt bei der Behandlung den Schmerz per Narkose ausschalten. Kraft der konzentrierten Arbeit der KZBV sind die Belange der Zahnärzteschaft in der Neuregelung weitestgehend berücksichtigt: In medizinisch notwendigen Fällen gehören Vollnarkosen damit weiterhin zur Leistungspflicht der GKV, Wunschnarkosen muss der Patient hingegen privat bezahen.

Wir erinnern uns: Der Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen hatte die Zahnärzte im Oktober vergangenen Jahres mehr oder minder vor vollendete Tatsachen gestellt und mit dem neuen EBM die ärztlichen Narkosen in Zahnarztpraxen aus dem GKV-Leistungskatalog verbannt. Einzige Ausnahmen: Geistig behinderte Patienten oder solche mit Dyskinesie. Nur sie sollten weiterhin eine Vollnarkose auf Krankenversicherungskarte erhalten. Alle anderen, zum Beispiel Kleinkinder mit mangelnder Compliance und Angstpatienten die zentrale Anästhesie dagegen aus eigener Tasche zahlen.

Eine fatale Entscheidung – für die Patienten wie auch für die gesamte Versorgungslandschaft: Wenn auch das Thema „Narkose“ in den letzten Jahren zunehmend aus dem Blickwinkel von Wellness und Wunsch gesehen wurde, so lassen sich doch eine Reihe von Therapien im Zahn-, Mund- und Kieferbereich nicht mit einer Lokalanästhesie erbringen – hier ist eine Narkose notwendig.

Stimmige Lösung gefordert

Mund, Kiefer- und Gesichtschirurgen, Oralchirurgen und Zahnärzte waren sich daher zumindest im Tenor einig: Dieser Beschluss war nicht tragbar. „Die vorgesehenen Ausnahmen hätten den Indikationsrahmen nicht ansatzweise abgebildet und die Sicherstellung der Versorgung in Frage gestellt“, beschreibt der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer den ursprünglichen Plan des Bewertungsausschusses. „Es ist zwar erklärter Wille des KZBV-Vorstandes, möglichen Gestaltungsmissbrauch bei Narkosen zu Lasten der GKV auszuschließen, vollkommen falsch ist aber, diesen Einzelfällen mit einer pauschalen Ausgliederung zu begegnen.“

Für die Zahnärzte war deshalb entscheidend, den Beschluss zu korrigieren. Und zwar dahingehend, dass medizinisch notwendige Narkosen klar gegen die Wunschnarkosen abgegrenzt werden. Das stellten KZBV und Bundeszahnärztekammer unmissverständlich klar. Wichtig war dabei auch, dass die Leistungspflicht der GKV für die Narkose allein von der sie erforderlich machenden Leistung abhängt, aber dabei völlig unabhängig von der Art der Abrechnung besteht – egal, ob über die KV oder die KZV. Denn während der nun revidierte Beschluss bei zahnärztlichen Leistungen eine Narkose auf Kosten der GKV verwehrte, stellte er sie den Ärzten über ihr gesamtes Leistungsspektrum weiterhin zur Verfügung. Eßer: „Mit dieser Regelung hätte man nicht nur die Zahnärzte benachteiligt, sondern auch die Interessen der Patienten komplett übergangen.“

Der KZBV-Vorstand initiierte intensive Gespräche mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, dem Berufsverband Deutscher Oralchirurgen sowie dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten und verfasste im Namen aller Beteiligten eine fachliche Stellungnahme, die inhaltlich mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten abgestimmt war. Die BZÄK unterstützte die Arbeit der KZBV, indem sie die Position der Zahnärzteschaft in einem Schreiben an die Bundesärztekammer und das BMG verdeutlichte. Die Anstrengungen waren erfolgreich: Nicht nur dass die Vorschläge der KZBV weitestgehend übernommen wurden – der Ausschuss geht in seinem neuen Beschluss teilweise sogar darüber hinaus. Das heißt, zum 1. 1. 2007 sind zentrale Anästhesien im Zusammenhang mit zahnärztlichen und mund-, kiefer-, gesichtschirurgischen Behandlungen dann im GKV-Leistungskatalog enthalten, wenn man den Schmerz nicht anders beseitigen kann. Dies ist der Fall bei Eingriffen entsprechend Abschnitt 31.2.8 EBM – also auch dementsprechenden chirurgischen BEMA- oder GOÄ-Leistungen, als ein Beispiel seien hier die umfangreichen Osteotomien genannt, – sofern eine Behandlung in Lokalanästhesie nicht möglich ist. Der Anästhesist ist dabei verpflichtet, den ICDKode anzugeben.

Darüber hinaus ist die GKV im Einzelfall leistungspflichtig bei

• Patienten mit Kontraindikationen gegen die Durchführung des Eingriffs unter Lokalanästhesie oder Analgosedierung – unter Angabe der ICD-Kodierung inclusive Begründung seitens des Anästhesisten. Unter diesen Punkt fallen auch anerkannte Phobiker mit ICD-10, F 40.2 und dringender Behandlungsbedürftigkeit – unter der Voraussetzung, dass die attestierte Phobie eine Kontraindikation gegen die Behandlung unter Lokalanästhesie oder Analgosedierung bedeutet.

• notwendigen Behandlungen von Kindern bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr, sofern wegen fehlender Compliance, die vom Zahnarzt nach erfolglosen Behandlungsversuchen dokumentiert werden sollte, und/oder durch den Eingriff bedingt, der Schmerz nicht auf andere Art als durch die Narkose auszuschalten ist. Der Anästhesist ist verpflichtet, die ICD-Kodierung anzugeben.

• Patienten mit mangelnder Kooperationsfähigkeit bei geistiger Behinderung und/oder schwerer Dyskinesie. Auch hier muss der Anästhesist gegenüber seiner KV den Grund der Narkose mittels ICD-Kodierung angeben.

Die ursprünglich geplante Regelung hätte die zahnärztlichen Narkosen quasi aus dem GKV-Katalog verbannt. Wir haben bewirkt, dass Wunschnarkosen ausgeschlossen sind, der Patient in medizinisch notwendigen Fällen aber nach wie vor eine Vollnarkose erhält.

Dr. Wolfgang Eßer,Vize-Chef der KZBV

Insgesamt ist bei der Anwendung des Beschlusses des Bewertungsausschusses-Ärzte in der Praxis ein verantwortungsvoller und einheitlicher Umgang der beteiligten Anästhesisten, Zahnärzte und Krankenkassen erforderlich, vor allem auch unisono gegenüber dem Patienten, um dort keine falschen Anreize zu setzen.

Irritationen bestehen derzeit aber offensichtlich in der unterschiedlichen beziehungsweise fehlerhaften Interpretation des Beschlusses insbesondere auch durch die KVen. Daher sieht sich der Vorstand der KZBV im Interesse aller Beteiligten veranlasst, die KZVen, Verbände, Spitzenverbände der Krankenkassen und die KBV nochmals auf eine sachgerechte Anwendung des Beschlusses hinzuweisen. zm

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