Amalgamdiskussion in der EU

Kein Grund zur Besorgnis

Heftarchiv Gesellschaft
pr
Nach Vorlage von zwei Gutachten und nach Abschluss des öffentlichen Konsultationsprozesses liegt nun der abschließende Bericht der beiden wissenschaftlichen Ausschüsse der EU-Kommission zum Thema Amalgam vor. Kernaussage: Von Amalgam gehen weder gesundheitlich noch umweltbezogen nennenswerte Risiken aus.

Zum Hintergrund: Im Jahr 2005 startete die EU-Kommission ihre Quecksilberstrategie mit dem Ziel, die Quecksilberbelastung in der Umwelt weiter zu reduzieren. Als Follow-up wurden die beiden unabhängigen wissenschaftlichen Ausschüsse SCENIHR (Verträglichkeit) und SCHER (Umwelt) beauftragt, ihre Gutachten zu erstellen (Details im nachfolgenden Fachbericht). Beide kommen zu dem Schluss, dass die Sicherheit von Amalgam als Füllwerkstoff erneut bestätigt werden kann. Sie unterstreichen, dass Amalgam mit Ausnahme von möglichen allergischen Reaktionen keine Gesundheitsrisiken berge, und dass auch die Umweltgefahren bedeutend niedriger seien als die erlaubten Grenzwerte.

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der beiden vorläufigen Berichte im Januar hatte die Kommission eine öffentliche Konsultation gestartet, um Interessensvertretern die Möglichkeit zu geben, den beiden Ausschüssen weitere Informationen oder Datenmaterial zur Verfügung zu stellen. Dieser Prozess wurde Ende Februar abgeschlossen.

Beratung der Zahnärzte

Bereits weit im Vorfeld stand der Council of European Dentists CED (als europäische Vertretung der Zahnärzteschaft aus 30 europäischen Ländern) der Kommission zu diesem Thema beratend zur Verfügung. Er übermittelte eine ausführliche Bestandsaufnahme und Bewertung der Fachliteratur aus mehreren EU-Mitgliedstaaten sowie der entsprechenden nationalen Gesetzgebung. Daran war die BZÄK maßgeblich beteiligt. Der CED hat sich seit 2006 als beratendes Gremium der EU-Kommission etabliert. Mit dem Thema Amalgam setzt er sich seit 2006 intensiv auseinander und hat dazu eigens eine Arbeitsgruppe gegründet, der für die BZÄK Prof. Dr. Gottfried Schmalz, Regensburg, und Prof. Dr. Georg Meyer, Greifswald, angehören.

Nach Vorlage der beiden Gutachten gab der CED eine kurze Stellungnahme ab und erklärte Folgendes:

• In Bezug auf Gesundheitsrisiken: Begrüßt wird das Gutachten des wissenschaftlichen Ausschusses „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken” (SCENIHR), in dem anerkannt wird, dass Amalgam weiter zum Rüstzeug der Zahnärzte gehören sollte, um die Bedürfnisse der Patienten in der gesamten Gemeinschaft am besten zu erfüllen. Es ist wichtig, dass Patienten weiter frei über die Behandlungsmöglichkeiten bestimmen können, insbesondere da Amalgam für viele Füllungen weiterhin das am besten geeignete Material ist, da es leicht zu verarbeiten, haltbar und preisgünstig ist.

• In Bezug auf Umweltgefahren: Begrüßt wird das Gutachten des wissenschaftlichen Ausschusses „Gesundheits- und Umweltrisiken“ (SCHER), in dem das seltene Auftreten von Umweltgefahren anerkannt wird. Der zahnärztliche Berufsstand nimmt die potenziellen Auswirkungen all seiner Tätigkeiten auf die Umwelt sehr ernst und ist bemüht, die Risiken zu minimieren, zum Beispiel, indem er nachdrücklich den Einsatz von Amalgamabscheidern unterstützt.

Berichte veröffentlicht

Am 8. Mai haben die beiden Ausschüsse SCENIHR und SCHER nach Abschluss des Konsultatinsprozesses ihre endgültigen Berichte über die Sicherheit von Amalgam veröffentlicht. Die Schlussfolgerungen der Gutachten sind damit voll und ganz bestätigt worden. Dentalamalgam sei sowohl für Patienten wie auch für das zahnärztliche Personal effektiv und sicher, unterstrich die EU-Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz (GD SANCO) in einer Presseerklärung. Amalgam stelle aus gesundheitlicher Sicht – außer bei allergischen Reaktionen – kein Risiko dar. Bezogen auf Umweltgefahren ist zunächst festzuhalten, dass eine umfassende Risikobewertung mangels ausreichender Daten nicht möglich war. Es sei aber, so die Schlussfolgerung, festzustellen, dass die tatsächliche Exposition von Menschen (also das indirekte Gesundheitsrisiko durch Quecksilber in der Umwelt) geringer ausfalle als die entsprechend aufgestellten Grenzwerte. Deswegen seien auch ernsthafte Gesundheitsrisiken gering.

Der CED betrachtet dieses Ergebnis als sehr erfreulich. CED-Vizepräsident Prof. Dr. Wolfgang Sprekels, gleichzeitig Vizepräsident der BZÄK, zeigte sich erfreut, dass sich die Berichtsergebnisse mit der Auffassung der europäischen Zahnärzteschaft decken. Es sei unabdingbar, dass Patient und Zahnarzt nach einem Beratungsgespräch gemeinsam entscheiden, welche Art von Füllungsmaterial verwendet werden soll.

Der CED ist von der GD SANCO gebeten worden, die Berichtsergebnisse unter den rund 300 000 Zahnärzten in Europa bekannt zu machen.

Sonderweg Skandinavien

In Norwegen sind am 1. Januar 2008 weitreichende Einschränkungen bei der Verwendung von Amalgam in Kraft getreten. Einschränkungen wurden auch in Schweden und Dänemark angekündigt. Sie sollen noch im Laufe dieses Jahres in Kraft treten. Der CED wird diese Entwicklungen in Skandinavien genau verfolgen. Das CED/BZÄK-Büro in Brüssel hält es nach der Veröffentlichung der EU-Stellungnahmen über die Sicherheit von Amalgam für unwahrscheinlich, dass die Entwicklung in Skandinavien einen großen Einfluss auf Diskussionen in anderen Ländern hat, ob die Verwendung eingeschränkt werden soll oder nicht.

Die Situation in Skandinavien sei eine besondere, erläutert Sprekels. Ähnliche Einschränkungen in anderen Ländern kämen nicht infrage. Insbesondere in den skandinavischen Ländern hätten präventive Maßnahmen in der Zahnheilkunde eine lange Tradition mit dem Ergebnis, dass dort weniger und kleinere Kavitäten auftreten, für die Amalgamalternativen höchst geeignet seien. In vielen anderen europäischen Ländern, die stärker auf Amalgam angewiesen seien, um eine den Bedürfnissen der Bevölkerung angemessene zahnärztliche Versorgung zu gewährleisten, hätten Einschränkungen jedoch negative Auswirkungen auf die Mundgesundheit. Auf EU-Ebene werde es insbesondere darauf ankommen, diese Botschaft den Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu vermitteln, die 2006 EU-weite Einschränkungen von Amalgam als Füllwerkstoff gefordert hätten.

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