Länderpressereferenten tagten in Kiel

Qualitätsförderung – Chance zum Aufbruch

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„Vorwärts immer – rückwärts nimmer“ – unter diesem Motto diskutierten die Referenten für Öffentlichkeitsarbeit der Kammern und KZVen in Kiel über das Thema Qualität. Die Quintessenz: Qualitätsförderung, -sicherung und -management sind für den Berufsstand unerlässlich und bieten Chancen zum Aufbruch aus verkrusteten Strukturen. Wichtig ist aber, dass die Zahnärzteschaft die Gestaltung selbst in die Hand nimmt.

Die Förderung, Sicherung und das Management von Qualität spielen in der zahnärztlichen Versorgung eine immer größere Rolle. Aufgrund von steigenden Anforderungen der Öffentlichkeit und des Gesetzgebers in puncto Transparenz und Qualitätssicherung bei der Patientenversorgung brennt das Thema auch der Zahnärzteschaft immer mehr unter den Nägeln. Grund für die Referenten für Öffentlichkeitsarbeit der Länderkammern und KZVen, diesen vielschichtigen Komplex bei ihrer halbjährlichen Koordinierungskonferenz aus Sicht der Kommunikation für die Öffentlichkeit auf die Agenda zu setzen.

Eine Einführung in das Thema gab Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Universität Heidelberg und Geschäftsführer des AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung. Das Institut hatte vor Kurzem im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Qualitätssicherung der Versorgung im Gesundheitswesen nach § 137a SGB V (Qualitätsinstitut) den Zuschlag erhalten. Szecsenyi stellte die Herausforderungen für die ärztliche und zahnärztliche Profession im Rahmen der Qualität heraus. Er ging auf Ansätze in der ambulanten Versorgung ein und skizzierte die großen Trends dort, wie Evidenzbasierung, Qualitätszirkel, Leitlinien, strukturierte Behandlungsprogramme, die Transparenz nach innen und außen, das Feld von Patientensicherheit und Fehlervermeidung oder Qualitätsindikatoren. Die Debatte über Qualität habe sich in Deutschland inzwischen weiterentwickelt, und zwar vom bloßen Kontrollgedanken hin zu einem Optimierungsparadigma, zu dem das Management von Qualität genauso gehöre wie deren Förderung.

Ausführlich ging er auf Qualitätszirkel in der Zahnmedizin ein, hier habe der Berufsstand eine Vorreiterrolle geleistet. Szecsenyi verwies auch auf das Projekt der Evaluation von Leitlinien durch Qualitätszirkel, das die Zahnärztliche Zentralstelle Qualitätssicherung (zzq) im Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) durchgeführt hatte.

Eine Führungsmethode

„Qualitätstmanagement ist eine Führungsmethode“, unterstrich Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Sana Kliniken AG. Sie stellte Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement als Marketingfaktor im stationären Sektor am Beispiel ihres Klinkverbundes vor. Besonders im Krankenhausbereich seien Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement seit Jahren feste Größen im Versorgungsalltag. Sie unterstrich, dass beide Bereiche wesentliche Teile der Unternehmenskultur darstellten. Qualitätsmanagement beinhalte Elemente, die in jedem System zu finden sein müssten, QM müsse maßgeschneidert für eine Organisation entwickelt werden und sei als Basis für die Unternehmenskommunikation unerlässlich.

Spagat schaffen

Als Chance zum Aufbruch aus verkrusteten Strukturen bezeichnete der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz die Qualitätsdiskussion im der vertragszahnärztlichen Versorgung. Der Zahnarzt sei gefordert, den (gesetzlich bedingten) Spagat zwischen dem GKV-Wirtschaftlichkeitsgebot einerseits und dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse andererseits zu schaffen. Qualitative Anforderungen habe es in dem historisch gewachsenen Regelwerk der GKV jedoch schon lange gegeben. Neu sei, dass diese jetzt systematisiert worden seien. Fedderwitz verwies auf die Bestimmungen zum einrichtungsinternen QM, zu einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung und auf die neuen Rollen des G-BA und des IQWIG. Er skizzierte die neue Struktur des G-BA als zentrale Instanz der Normsetzung. Er ging auf die Diskussion um Qualitätsindikatoren ein und nannte mögliche Beispiele für den zahnärztlichen Bereich. Bislang sei aber noch kein geschlossener Indikatorenkatalog vorhanden, betonte er. Die Haltung des Berufsstands zum Thema Qualität sei zwiespältig: Einerseits befürchte man Risiken wie finanziellen oder zeitlichen Mehraufwand, die Schaffung von „closed shops“ durch Spezialisten oder den Verlust an Autonomie. Andererseits sehe man auch Chancen wie mehr Imagegewinn, Vorteile im Wettbewerb, Rationalisierungsgewinne in der Praxis oder eine Steigerung der Versorgungsqualität.

„Qualität wird in Zukunft zum entscheidenden Faktor für Versorgungssteuerung und Honorarverteilung werden“, prognostizierte der KZBV-Vorsitzende. Die Zahnärzteschaft müsse auf die Anforderungen aktiv gestaltend eingehen. Das Thema müsse auch in der Öffentlichkeitsarbeit offensiv mit all seinen Facetten aufgegriffen werden. Ziel sei die Schaffung von Transparenz und Vertrauen.

Ziel ist der Patient

„Zielprojekt bei allen Maßnahmen zur Qualitätsförderung ist der Patient“, betonte der Vizepräsident der BZÄK, Dr. Dietmar Oesterreich. Qualitätsförderung sei eine ureigene innerprofessionelle Aufgabe. Sie diene der Transparenz der Arbeit des Zahnarztes, der Verbesserung der Patientenversorgung und Lebensqualität und der Orientierung im Versorgungsalltag. Oesterreich verwies in diesem Zusammenhang auf die „Agenda Qualitätsförderung“, ein Grundsatzpapier, das BZÄK und KZBV bereits 2004 gemeinsam verabschiedet hatten. Wichtig sei, das Thema mit Blick auf den Versorgungsalltag umzusetzen und wissenschaftliche Erkenntnisse auf die täglichen Bedürfnisse in der Praxis herunterzubrechen.

Oesterreich nahm eine Bestandsaufnahme zur Qualitätssicherung im Berufsstand vor und nannte dabei Beispiele der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Auch in den Heilberufsgesetzen der Kammern sowie im Schwerpunktprogramm der BZÄK sei das Thema verankert. Qualitätsförderung sei intergraler Bestandteil auch der BZÄK-Gremienarbeit sowie der Forschungsarbeiten von IDZ und zzq.

Seine Folgerung für Berufspolitik und Öffentlichkeitsarbeit: Qualitätsförderung ist ein permanentes und langfristiges Thema für den einzelnen Zahnarzt wie auch für den Berufsstand. Es ist für den Erfolg einer Praxis zwingend notwendig und unterstützt den Zahnarzt bei seiner Berufsausübung. Der Berufsstand sollte dabei die Chance zur selbstbestimmten Gestaltung im Sinne der Freiberuflichkeit erkennen. „Mit einer Ablehnung machen wir uns als Berufsstand nicht mehr glaubwürdig,“ so der Vizepräsident.

Kein Run auf den Basistarif

Neben dem Thema Qualität standen weitere aktuelle Diskussionspunkte auf der Agenda der Öffentlichkeitsarbeiter. So galt es, über den kommunikativen Umgang mit dem Basistarif zu beraten. Der KZBV-Vorsitzende Fedderwitz gab einen kurzen Sachstandsbericht und zog eine Zwischenbilanz. Der Basistarif sollte von Anfang an kein Erfolgsmodell werden, und dieser Trend zeichne sich jetzt, zwei Monate nach dem Start, bereits ab. Selbst die Stiftung Warentest rate – mit Ausnahme der Nichtversicherten – allen Zugangsberechtigten vom Wechsel in den Tarif ab. Die mittel- und langfristige Entwicklung sei allerdings offen. Derzeit sei es von Seiten der Öffentlichkeitsarbeit nicht nötig, auf das Thema zu fokussieren. Besser sei abzuwarten, bis das Zeitfenster zum Wechsel Ende Juni 2009 geschlossen sei. Eine Neueinschätzung der Lage könne erfolgen, sobald erste definitive Zahlen zur Mitgliederentwicklung vorliegen.

Arbeitsschwerpunkte der BZÄK

Last but not least umriss der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, die Arbeitsschwerpunkte der BZÄK für das Jahr 2009. Im Mittelpunkt der Diskussionen steht derzeit die GOZ. Engel skizzierte die gegenwärtigen Knackpunkte aus Sicht der BZÄK, ging ausführlich auf Zahlendivergenzen zwischen den Berechnungen des BMG und der Zahnärzteschaft ein (Engel: „Wenn man ein Studium braucht, um Leistungen abzurechnen, kann etwas an diesem System nicht stimmen!“) und kritisierte die Bematisierung der GOZ. Er warnte eindringlich davor, an der alten GOZ von 1988 nachbessern zu wollen und kündigte eine Fortschreibung an der HOZ an.

Engel kam weiterhin auf gesundheitspolitische Entwicklungen im Zuge der Einführung des Gesundheitsfonds zu sprechen und prognostizierte eine Neuorientierung im GKV- wie PKV-Bereich. Auch was die Entwürfe zu einem neuen Medizinproduktegesetz, dem Arzneimittelgesetz und der Betreiberverordnung angehe, werde sich die Zahnärzteschaft professionell aufstellen und sich fachlich in die politischen Prozesse einbringen.

Mit großer Emotionalität sei das Thema „Generalist und Master“ behaftet. Der BZÄK-Präsident sprach sich klar für den Generalisten aus, der „nach seiner Approbation ein kompletter Zahnarzt“ sei. Dieser habe all das an Innovationen im Berufsstand hervorgebracht, was an Hochschulen versäumt wurde. Engel kam auf die Entwicklung zu Tätigkeitsschwerpunkten zu sprechen und kritisierte den Wildwuchs im Bereich der postgradualen Masterausbildung. BZÄK und DGZMK hätten mit ihrem gemeinsamen Konzept zur postgradualen Fort- und Weiterbildung einen gemeinsamen Level geschaffen, welcher internationale Vergleichbarkeit ermögliche. Er betonte den Anspruch der zahnärztlichen Profession, eigene Vorgaben für das zu machen, was am Markt geschehe.

Vom postgradualen Master klar zu trennen sei der Bologna-Prozess im Hochschulwesen mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Hier seien laut Wissenschaftsrat Fächer wie Medizin und Zahnmedizin ausgenommen. Es gelte aber, hier wachsam zu sein, um staatlichen Bestrebungen hinsichtlich einer Deprofessionalisierung Einhalt zu gebieten.

Die Veranstaltung wurde abgerundet durch Berichte über interessante Projekte zur Öffentlichkeitsarbeit der Länder (siehe Kasten).

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