Fortbildungsteil 2/2009

Implantation beim alten Patienten

Die implantologische Versorgung des älteren Patienten gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Über 20 Prozent der deutschen Bevölkerung ist bereits 65 Jahre alt oder älter, Tendenz steigend (Statistisches Bundesamt, 2008).

Nach der Deutschen-Mundgesundheitsstudie aus dem Jahre 2005 (DMS IV) weisen Menschen über 65 Jahre eine höhere Inzidenz für Parodontalerkrankungen und Wurzelkaries auf. Im Durchschnitt fehlen 14,2 Zähne, und 22,6 Prozent der Patienten sind zahnlos. Hervorzuheben ist, dass von 1997 nach der DMS-III und in der DMS-IV bis 2005 der prozentuale Anteil dieses Patientenkollektivs mit implantatgetragenem Zahnersatz von 0,7 Prozent um das 3,7-Fache auf 2,6 Prozent gestiegen ist.

Hintergründe des Alterns

Alter ist nicht gleich Alter. Von manchen Autoren wird unterschieden zwischen dem biologischen Alter anhand des Organismuszustands, dem psychischen Alter anhand geistiger Funktionen und Einstellungen und dem sozialen Alter anhand sozialer Rollen und Verhaltensweisen [Schäfers, 2001]. Es sollte berücksichtigt werden, dass der Prozess des Alterns individuell sehr verschieden verläuft. Die Veränderungen im Alter sind einerseits systemischer Natur, andererseits muss aber beachtet werden, dass die Merkmalsvarianz zwischen den Individuen sehr groß ist. Und auch innerhalb einer Person können sich biologisches Alter (der körperliche und geistige Zustand) und kalendarisches Alter bezogen auf verschiedene Funktionen unter Umständen stark unterscheiden [Haigh, 1993; Böning, 1989]. Charakteristisch für den Prozess des Alterns ist eine Abnahme der Muskelkraft. Bis zu einem Alter von rund 30 Jahren steigt diese an, fällt dann jedoch kontinuierlich ab. Nach einer Studie von Poljakov (1991), durchgeführt an Arbeitern verschiedener Altersstufen, besitzt ein Arbeiter im Alter von 70 bis 79 Jahren nur noch circa 80 Prozent der durchschnittlichen Muskelkraft eines 20- bis 29-Jährigen. Zittern, mangelnde Beweglichkeit der Gelenke und nachlassender Tastsinn führen zu Einbußen in der Feinmotorik älterer Menschen [Poljakov, 1991].

Wie der gesamte menschliche Organismus unterliegt auch das orofaziale System irreversiblen und fortschreitenden Alterungserscheinungen. Während des Alterungsprozesses kommt es zu einer generalisierten Atrophie der Muskulatur, die im Bereich des M. masseter eine Reduktion des Muskelquerschnitts von bis zu 40 Prozent ausmachen kann. Entsprechend verringert sich die Muskelkraft beim Kauen. Die Schleimhaut der zahnlosen Kieferkammabschnitte verliert an Feuchtigkeit und Elastizität. Daraus resultiert eine geringere mechanische Belastbarkeit. Weiterhin sind die Kiefergelenke im Alter anfälliger für degenerative Erkrankungen. Durch die Lockerung des Bandapparats und die Abflachung der Gelenkgrube gewinnen sie an Bewegungsspielraum [BZÄK, 2002; Müller & Nitschke, 2002]. Oft wird eine Mundtrockenheit beobachtet, die jedoch meist auf die Medikation von Antihypertonika oder Antidepressiva zurückzuführen ist [Ciancio, 1997]. Die Altersveränderungen im Bereich des Alveolarknochens werden generell mit einem Substanzverlust beschrieben. Nach dem Wolff’schen Transformationsgesetz reduziert sich an mechanisch nicht beanspruchten Stellen die Knochensubstanz, zum Beispiel nach Zahnverlusten. Der Knochen bildet das Minimum an Substanz für die benötigte Funktionalität. Die senile Atrophie scheint ein multifaktorielles Geschehen zu sein, bei dem zum Beispiel die Ernährung, die genetische Disposition, Kalziummangel und Hormone eine Rolle spielen [Baylink, Wergedal, Yamamoto & Manzke, 1974; Bras, 1990; Wical & Swoope, 1974].

Allgemeinerkrankungen und Risiken im Alter

Aus dem Gesundheitsbericht der Bundesrepublik Deutschland von 2002 geht hervor, dass bei älteren Menschen die Prävalenzund Inzidenzzahlen in den meisten Krankheitsgruppen höher als bei jüngeren Erwachsenen liegen. Im Vordergrund stehen dabei Herz-Kreislauf-Krankheiten, Stoffwechselkrankheiten, Muskel- und Skelettkrankheiten sowie bösartige Neubildungen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Hypertonie, Herzinsuffizienz, ischämische Herzerkrankungen, zerebrovaskuläre Krankheiten, Diabetes mellitus, Störungen des Lipidstoffwechsels, Arthrose, Dorsopathien und chronische Lungenerkrankungen. Es ist festzustellen, dass der größte Anteil an multimorbiden und schwerbehinderten Patienten in Deutschland älter als 65 Jahre ist. Laut Angaben des statistischen Bundesamtes machen diese über 50 Prozent der Schwerbehinderten aus [Statistisches Bundesamt, 2008]. Nach der ASA-Klassifikation werden Patienten entsprechend ihrem Allgemeinzustand in sechs Stufen, P1 - P6, eingeteilt (Abbildung 2). Eine Implantation ist bei den Stufen P1 und P2 bedenkenlos möglich. Bei Stufe P3 ist eine intensive allgemeinmedizinische Betreuung notwendig, um durch den Eingriff und die Folgebehandlungen diesen Patienten nicht zu schaden. Da es sich bei der dentalen Implantation um einen Wahleingriff mit prothetischen Alternativen handelt, sollte sich das Augenmerk bei Risikopatienten zunächst auf die Behandlung der Grunderkrankung richten und eine Implantation erst bei stabilen allgemeinmedizinischen Zuständen erwogen werden [Neukam, Wichmann & Wiltfang, 2007]. Die Überlebensrate von Implantaten kann bei Patienten von verschiedenen systemischen Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen unter anderem Rauchen, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, eine postmenopausale Östrogentherapie und Medikamente, die den Knochenmetabolismus beeinflussen wie Steroide und Bisphosphonate [Moy, Medina, Shetty & Aghaloo, 2005; Beikler & Flemmig, 2003; Hwang & Wang, 2007].

Das Alter allein stellt kein Risiko für eine Implantation dar [Zarb & Schmitt, 1994]. Lediglich Begleiterkrankungen und Medikationen, die vermehrt bei älteren Patienten auftreten, aber auch bei jüngeren Menschen vorkommen, können den Therapieerfolg einschränken.

Planung der Implantologie-Therapie

(chirurgisch/prothetisch) Am Anfang der implantologischen und prothetischen Planung sollte in einem persönlichen Gespräch erörtert werden, welche Bedürfnisse und Erwartungen der Patient an eine neue Versorgung hat. Darauf basierend können dem Patienten realistische Therapievarianten unter Erläuterung der Vor- und Nachteile angeboten werden.

Zu unterscheiden ist zwischen Patienten, die trotz eines höheren kalendarischen Alters bei guter Kondition sind und eine möglichst vollständige kaufunktionelle Restitution – meist auf der Basis eines festsitzenden Zahnersatzes – anstreben, und solchen, bei denen der fortgeschrittene biologische Alterungsprozess lediglich die Sicherung der Kau- und Sprechfunktion als Therapieziel zulässt (Abbildung 3).

Es sollte darauf geachtet werden, dass der Therapieplan mit seinem zeitlichen Ablauf verstanden wird sowie dass die finanzielle Belastung und mögliche Risiken eines chirurgischen Eingriffs bewusst gemacht werden [Stanford, 2007].

Bei zahnlosen Patienten, die hier im Mittelpunkt der Betrachtung stehen sollen, kommt der Evaluation der verbliebenen Kieferbasen, alleine und in ihrer bimaxillären Relation, eine entscheidende Rolle zu. Der Bezug zur Okklusionsebene muss dabei stets im Auge behalten werden. Die Situation lässt sich individuell gut mittels einer Fern-Röntgen-Seiten-Aufnahme (FRS) überblicken, bei der vorhandene Kunststoffprothesen in korrekter Bisslage die Kieferrelation sichern. Die sich mit fortschreitender Atrophie ändernden Hebelverhältnisse und die damit verbundene Zunahme der mechanischen Belastung im Bereich der Implantat-Abutment-Verbindung macht Abbildung 4 deutlich.

Zahnloser Oberkiefer

Eine klinische „Landmarke“ stellt die Position der Papilla incisiva dar, die beim Bezahnten hinter den Palatialflächen der Zähne liegt. Je weiter sie beim Unbezahnten nach rostral wandert, desto stärker ist in transversaler Relation der Verlust der fazialen Knochensubstanz einzuschätzen. Erst ab dem Eckzahnbereich reduziert sich dieser Knochenverlust; in Höhe der Crista zygomaticoalveolaris ist er neutralisiert (Abbildung 5). Im Frontzahnbereich gesetzte Implantate stehen daher häufig zu weit palatinal, was zur Einschränkung des Funktionsraums der Zunge führen muss (Phonetik).

Hilfreich ist es, ein Prothesenduplikat aus klarem Kunststoff als Set-Up zu verwenden, um die Diskrepanz Frontzahnbogen – Kieferbasis abschätzen zu können. Die in Abbildung 6 eingezeichneten Markierungen lassen die günstigeren Implantatpositionen in den Regionen 3, 4 und 5 anstelle der Frontregionen erkennen.

Dieses Prothesenduplikat lässt sich auch als Röntgenschablone verwenden, wenn in die zugehörigen Basen der Zähne 3, 4 und 5 kleine Metallmarker eingearbeitet werden und damit ein Orthopantomogramm (OPG) erstellt wird. Mithilfe von Röntgenschablonen der Implantathersteller (im entsprechenden Vergrößerungsmaßstab) können dann vertikale und horizontale Relation der Implantatpositionen beurteilt und gegebenenfalls ein Augmentationsbedarf des Kieferhöhlenbodens festgestellt werden. Die transversale Relation lässt sich konventionell nach dem bekannten Verfahren der Schleimhautdickenmessung und Übertragung auf die positionsanalogen Sägeschnitte des Modells bestimmen. Schließlich kann das Duplikat nach Reduktion der Kunststoffanteile vestibulär (Lappenbildung) als Positionierungsschablone für die Implantate intraoperativ genutzt werden (Abbildung 7).

Zahnloser Unterkiefer

Das bevorzugte Implantatareal, die Regio interforaminalis, lässt sich analog zum Oberkiefer durch eine Röntgenübersichtsaufnahme mit eingesetztem Prothesenduplikat und eingearbeiteten, zahnpositionsanalogen Metallmarkierungen in vertikaler und horizontaler Relation erfassen. Das transversale Knochenangebot kann meist nicht mehr über ein Sägeschnittmodell ermittelt werden, da ein ausreichend dimensionierter Alveolarfortsatz fehlt. Zu dessen Beurteilung ist die FRS-Aufnahme hilfreich (Abbildung 8). Darauf kommt überdies die lingual zurückweichende Kieferbasis zur Darstellung, was gleichzeitig eine Einschränkung der auf dem OPG ausgemachten vertikalen Relation bedeuten kann (Perforationsgefahr zum Mundboden).

Da die exakte Fixierung der Positionsschablone (Prothesenduplikat) aufgrund der reduzierten Basis im Unterkiefer schwierig ist, sollte diese durch den Patienten selbst mittels eingesetzter Oberkieferprothese in Okklusionsposition gehalten werden; die Bohrkanäle erreichen von vestibulär her den freigelegten Kieferkamm (Abbildung 9).

Zunehmend wird von einer dreidimensionalen Erfassung der Kieferverhältnisse unter Beurteilung von Relation und Struktur heute Gebrauch gemacht mittels Computertomographie (CT) oder Digitaler Volumentomographie (DVT). Unerlässlich hierbei ist die Einbeziehung der angestrebten prothetischen Endlösung von Anfang an, um mittels Softwareprogrammen die Position der Implantate planen und über entsprechende Schablonen mit eingearbeiteten Hülsen in den OP-Situs übertragen zu können. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die exakt reproduzierbare Positionierung der Schablonen (zum Beispiel über Hilfsimplantate). Fast alle namhaften Implantathersteller bieten heutzutage systemspezifische Hardware an.

Chirurgische Aspekte

Durch die generell nachlassende Elastizität des Gewebes im Alter kann es zu ausgedehnten Hämatomen kommen, die nach kaudal abwandern. Eine schonende Weichgewebspräparation, womöglich nicht über die mukogingivale Grenze hinaus, wäre hier zu empfehlen. Bei länger bestehender Zahnlosigkeit, aber auch altersbedingt ist die Spongiosastruktur meist reduziert, was besonders im Oberkiefer die Primärstabilität der Implantate beeinflusst. Eine mehr kondensierende (Handinstrumente) statt spanabhebende Präparationsweise unter Verwendung von Implantaten mit konischem Gewindegrund verbessert das finale Eindrehmoment. Im Unterkiefer muss dagegen – speziell in der intraforami-nalen Region – häufig mit kortikalisähnlichen Strukturen der Kieferbasis gerechnet werden, was eine komplett spanabhebende (maschinenangetriebene Bohrer) Präparation unter Einschluss eines formgebenden Gewindeschneiders erfordert. Ein Hitzetrauma (Eindrehen rau strukturierter Implantate!) wird hier dank der reduzierten Trophik kaum toleriert.

Die Kriterien für eine prothetische Sofortversorgung (Eindrehmoment > 35 Newtonzentimeter) sind im Unterkiefer meist erfüllbar. Im Oberkiefer kann durch die sofortige starre Verblockung über das Provisorium ein „schwächeres“ Implantat im Verbund geschient werden (Abbildung 10).

Grundsätzlich sind festsitzende von herausnehmbaren prothetischen Konzepten zu unterscheiden. Dabei befindet sich jedoch die teleskopierende Brücke von ihrer Effizienz her näher bei der festsitzenden (verschraubten oder zementierten) Brücke als bei einer implantatretinierten Prothese. Als „Regelversorgung“, sowohl für festsitzende als auch für teleskopierende Brücken, empfehlen wir unseren zahnlosen Patienten sechs Implantate im Ober- und vier Implantate im Unterkiefer (Abbildung 11).

Von ihrer Hygienefähigkeit und Reparaturfreundlichkeit her steht die teleskopierende Brücke an erster Stelle. Einer ihrer großen Vorteile ist ferner, dass sich große Partien fehlender alveolärer Strukturen ersetzen lassen und somit vorzügliche ästhetische Ergebnisse erzielt werden – auch in Bezug auf die Unterstützung des Lippenprofils (Abbildung 12).

Der verständliche Wunsch vieler zahnloser Patienten nach festsitzendem Zahnersatz stößt in der Praxis dann auf Schwierigkeiten, wenn eine oder mehrere der nachfolgend genannten Voraussetzungen fehlen:

• Bereitschaft zu invasiven Eingriffen (bei Augmentationsbedarf)

• Finanzielles Engagement

• Fähigkeit und Motivation zur manuellen Hygiene der Gesamtkonstruktion Ein Problem, das in Zukunft noch mehr

evident werden wird, als es heute bereits in Erscheinung tritt, besteht in der Erfahrung, dass bei alten Menschen die Motivation, insbesondere aber die nötige manuelle Fähigkeit zur Durchführung komplexer Hygienemaßnahmen abnimmt. Eine „Rückbaufähigkeit“ festsitzender Rekonstruktionen hin zu implantatretiniert-abnehmbarem und somit leichter reinigungsfähigem Zahnersatz (Pflegepersonal) sollte daher von Anfang an bedacht werden.

Lösungsansätze für kompromittierte Patienten

Die Industrie bietet bei ihren Implantatsystemen häufig präfabrizierte Komponenten zur Retentionssicherung an, die zudem in den vorhandenen Zahnersatz integrierbar sind. Als Beispiele seien genannt: Locator-Systeme, Magnet-Abutments, präfabrizierte Konussysteme (SynCone®). Der einfache Behandlungsaufwand wirkt sich auch finanziell günstig aus. Der Reinigungsaufwand ist einfach (Abbildung 13).

Der Einsatz von nur zwei Implantaten zur Retentionssicherung des UK-Zahnersatzes empfiehlt sich als gering invasiver Einsatz in erster Linie bei Patienten mit bereits deutlich reduzierter Kaukraft unter Verwendung von suffizienten Retentionselementen wie Stegen oder Konuskronen, wobei wir galvanotechnisch hergestellte Konuskronen aufgrund der einfacheren Hygiene und der idealen Retention bevorzugen (Abbildung 14).

Bei erheblicher Atrophie der Kieferbasen wird zu diskutieren sein, ob nicht ein präimplantologischer Kammaufbau mittels Beckenknochen durchzuführen ist. Dieser für den älteren Menschen aufwendige Eingriff (Hospitalisation) kann für den Unterkiefer dann umgangen werden, wenn noch eine Resthöhe von sieben bis acht Millimetern vorhanden ist und kurze Implantate mit einer stabilen Implantat-Abutmentverbindung zur Verfügung stehen (Abbildung 15).

Eigene Datenlage

Eine eigene retrospektive Analyse der Überlebensrate von Implantaten bei älteren Patienten (> 70 Jahre) der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie der Universitätsklink Frankfurt am Main zeigte eine Überlebensrate von 98 Prozent. Das Patientenkollektiv bestand aus 121 Individuen mit 400 gesetzten Implantaten (Ankylos, Friadent). Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum betrug 6,3 Jahre. Darunter waren 322 Standardimplantationen, 34 laterale Augmentationen und 44 Implantationen mit externem Sinuslift. Nach der Einheilungsphase, die je nach Aufwand begleitender Augmentationen sechs Wochen bis sechs Monate dauerte, wurde vor der definitiven prothetischen Versorgung ein Knochentraining durchgeführt. Dazu werden die Patienten nach der Freilegung der Implantate für sechs Wochen mit einem okklusal reduzierten Provisorium versorgt und auf eine Diät mit weicher Kost gesetzt. Alle Patienten wurden in einem jährlichen Recall kontrolliert.

Von den 400 inserierten Implantaten gingen acht Implantate verloren. Aus der Kaplan-Meier-Überlebensstatistik ist erkennbar, dass sieben Verluste (87,5 Prozent) sich innerhalb der ersten Monate nach der Implantation ereigneten (Abbildung 16). Diese waren auf eine fehlende Osseointegration oder eine Infektion während der Einheilphase zurückzuführen.

Die prothetische Versorgung wurde bei 211 Implantaten festsitzend und bei 189 Implantaten herausnehmbar gelöst. Insgesamt wurden 2,87 Kaueinheiten pro Implantat ersetzt.

Allgemeinanamnestisch fiel auf, dass unsere Patienten gesünder waren als der Bundesdurchschnitt der über 65-Jährigen [Müller, Eissa & Nentwig, 2008].

„Junggebliebenen“ Patienten im Rentenalter ist die suffiziente prothetische Versorgung des stomatognathen Systems wichtiger als morbiden. Sie führt generell zu einer Verbesserung der Lebensqualität, nicht nur zur Verbesserung der Nahrungsaufnahme. Beobachtungen in Altersheimen zufolge nehmen morbide Patienten eine insuffiziente prothetische Versorgung als ein Teil des natürlichen Alterungsprozesses hin [Priehn-Küpper, 2002]. Das Alter selbst jedoch scheint keinen Einfluss auf die Überlebensrate von Implantaten zu haben.

Ähnliche Studien anderer Autoren kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. So publizierte Jemt bereits 1993, dass von 238 gesetzten Implantaten bei Patienten über 80 Jahren sechs Implantate nach Freilegung und drei weitere zu späteren Zeitpunkten verloren gingen. Die Überlebensrate betrug demnach 96,2 Prozent [Jemt, 1993]. Eine weitere retrospektive Studie von Grant (2007) untersuchte 160 Implantate bei Patienten über 79 Jahren. Dabei betrug die Überlebensrate 99,4 Prozent mit lediglich einem Verlust [Grant & Kraut, 2007]. Bryant konnte bei einer Überlebensrate von 92 Prozent bei 190 gesetzten Implantaten keinen signifikanten Unterschied zu einer Kontrollgruppe jüngerer Patienten finden [Bryant & Zarb, 1998].

Fazit

Mit der immer älter werdenden Bevölkerung steigt auch die Anzahl älterer Patienten, die eine implantologische Versorgung in Erwägung ziehen. Der Alterungsprozess eines Menschen ist dabei nicht vom kalendarischen Alter, sondern vielmehr von der individuellen Konstitution als Parameter für das biologische Alter eines Menschen abhängig. Allgemeinerkrankungen und Medikationen, die ein Risiko für eine erfolgreiche Implantation in sich tragen, kommen bei älteren Menschen häufiger vor als bei jüngeren. Der zu planende Zahnersatz sollte die Hygienefähigkeit, die Geschicklichkeit, die Funktion und die Ästhetik auch im Hinblick auf den weiteren Alterungsprozess beachten. Kurze Implantate oder eine DVT gestützte Implantation reduzieren häufig die Invasivität eines Eingriffs, wenn dadurch augmentative Verfahren umgangen werden. Sind größere chirurgische Eingriffe unvermeidbar, können diese in mehreren Sitzungen erfolgen oder es kann eine Behandlung in ambulanter Intubationsnarkose erwogen werden. Im Hinblick auf den Erfolg einer Behandlung scheint die Überlebensrate von Implantaten bei älteren Patienten der Überlebensrate bei jüngeren Patienten in nichts nachzustehen. Das kalendarische Alter spielt demnach für den Erfolg einer implantologischen Versorgung letztlich keine Rolle.

Prof. Dr. Georg-Hubertus NentwigDr. Christoph Klaus MüllerPoliklinik für Zahnärztliche Chirurgieund ImplantologieZZMK (Carolinum) der J. W. Goethe-Universität Frankfurt am MainTheodor Stern-Kai 7, Haus 2960590 Frankfurt am Mainc.mueller@med.uni-frankfurt.de

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