zm-100 JAHRE

Zahnärztliche Entwicklung im Spiegel der Zeit

Es hat sich im Laufe der Jahrzehnte viel gewandelt. Ein übersichtsartiger Abriss zeigt, dass die zm die Entwicklung und den Fortschritt in der Zahnmedizin stets begleitet haben. Hier ein Daumenkino der letzten 100 Jahre Zahnmedizin in diesem Fachblatt der Deutschen Zahnärzteschaft.

Schon im vierten Jahrgang (1913) haben sich die Zahnärztlichen Mitteilungen im damaligen Deutschland etabliert. Mit 2 500 Mitgliedern ist ein großer Leserstab herangewachsen und die Themenwahl des Blattes zeigt deutlich, was die Zahnärzteschaft damals beschäftigte. Neben den aktuellen Problemen zu Versicherungsfragen (RVO) ist das Thema Aufklärung über Zahngesundheit vorrangig. Man setzt sich für die Gründung von Schulzahnkliniken und für Reihen - untersuchungen ein und begleitet diese Bemühungen mit zahlreichen Protokollen.  

Kernthema Aufklärung

Wissenschaftliche Informationen gibt es in diesen Jahren eher selten, die Anzeigenwerbung der frühen Jahre gibt aber einen Eindruck von den Produkten, mit denen die Zahnheilkunde in der Zeit des Ersten Weltkriegs außer der Zange noch funktionierte.

So war man froh, dass sich die eine oder andere Firma anbot, mit ein wenig Salär die Druckkosten zu unterstützen, um auf diese Weise ihre Information an die Leserschaft zu bringen. Das Thema Bakteriologie steckt noch in den Kinderschuhen, wie eine aufschlussreiche Anzeige von Karl August Lingners Odol dokumentiert.

Hauptanzeigenkunden sind Hersteller von Amalgam. Auch lobt man „Apotheker Starnbergs amerikanische Zahntinktur, ein Mundwasser für gelockerte Zähne und Spezifikum bei Diabetes.“ Dies lässt damals schon erahnen, was dann später von vielen Wissenschaftlern nachgewiesen und unter anderen von Kocher aus Greifswald in den 80er-Jahren, wissenschaftlich aufbereitet, in den zm erscheint: die Koinzidenz von Parodontitis und Diabetes!

Im ersten Erscheinungsjahrzehnt wird bereits deutlich, dass ein Schiefstand der Zähne ästhetisch bemängelt wird. Anzeigen mit „Regulierapparaten“, gefertigt von Zahnarzt Emil Herbst, spiegeln den Trend der Zeit und den Wunsch des Patienten wieder.

Erste Überlegungen zur Gruppenprophylaxe erfolgen bereits ab 1913. So macht sich Kehr aus Düsseldorf Gedanken über die Zahngesundheit der Schulkinder und fordert eine großzügige, von Behörden, Zahnärzten und Ärzten möglichst einheitliche Durchführung der Schulzahnpflege. Nach dem Ersten Weltkrieg sorgte dann das Deutsche Zentralkomitee für Zahnpflege in der Schule wieder für die Zahngesundheit des deutschen Nachwuchses.

Regelmäßig berichten die zm – seit 1920 dann sogar allwöchentlich und in einem großen Zeitungsformat – über Sitzungen von Vertretern der Zahnärzteschaft.

Die „Sozialhygienische Akademie“ in Charlottenburg bietet berufsbegleitend zur Praxis ein „Studium“ der „sozialen Zahnheilkunde“ an und stellt einen umfangreichen Stundenplan zusammen, wie in den zm vom 13. Januar 1923 zu lesen ist. Der Stundenplan in den zm enthält leider keine fachlichen Inhalte, sondern listet nur die Lehrenden auf. Hier finden sich unter anderen Namen wie Simon, Kaldevey, Goerke, Cohn, Mosbacher und andere.

Mundspüllösungen werden immer beliebter, Kolynos wird gegen Mundgeruch gepriesen, Pergenol-Präparate haben sich, glaubt man der Werbung, bei Kriegsverletzungen bewährt. Aber, wie Lehmann in den zm 13/1914 schreibt, zeigen sich die sogenannten Perhydrit-Tabletten, bestehend aus an Harnstoff gebundenem Wasserstoffperoxid, als das immer noch wirksamste Antiseptikum, und er appelliert an die Krankenkassen, die praktische Tablette doch zur Verordnung zuzulassen.

Gebisse auf Reichskosten

Die Jahre 1914 bis 1918 sind politisch und wirtschaftlich geprägt durch den Ersten Weltkrieg. So hat sich der Schwerpunkt der zahnärztlichen Arbeit mit dieser Notsituation verschoben. Die Chirurgie tritt in den Vordergrund, Einsatz im Lazarett ist gefragt und verschlägt manch einen Zahnarzt aus seiner Praxis zur Arbeit an die Front. Die zm veröffentlichen in diesen Jahren immer wieder Protokolle und Fallbeschreibungen des Komitees für kriegszahnärztliche Hilfeleistung in Berlin, in denen unter anderen Zahnarzt Lachmann-Hamburg einzelne Patienten, ihre Verletzungen und deren Therapie vorstellt. Die Ausgabe 12 aus dem Jahr 1914 berichtet im Zusammenhang mit dem „Anrecht auf Gliederersatz nach Kriegsverletzungen“, dass bereits die Epithetik Einzug in das Fachgebiet hält. So heißt es: „Bei Verlust der Augen werden Augen und bei Zahnverlust künstliche Gebisse auf Reichskosten beschafft.“

Die Transplantation eines Kieferknochens aus Oberschenkel oder Tibiaknochen bei einem Verwundeten in einem Solinger Lazarett wird den Lesern vorgestellt. Dieser Eingriff macht die Forderungen nach einer Kieferklinik laut, die Bruhn dann in Düsseldorf einrichtete. Damit ermöglichte er vielen verwundeten Soldaten „ihr Kommissbrot zu kauen“, wie es in den zm heißt.

Materialien werden knapp, alles Metall, das zur Verfügung steht, wandert in die Rüstungsindustrie. Angeboten werden nur noch Amalgam und einige Lote über die Hintertür, deutsche Firmen liegen in Trümmern. Aber man zeigte sich erfinderisch. Unger aus Dresden beschreibt die Herstellung von Kriegskautschuk aus Altgummi, was der Prothesenherstellung dient. Buchbesprechungen wie „Erfahrungen mit Kieferschüssen“ und Ähnliches sind an der Tagesordnung.

Wirtschaftlich wird es in Deutschland immer schwieriger, das Geld wird knapp und gleichzeitig weniger wert, Materialien sind zwar noch hier und da zu beschaffen, aber was man heute bestellt, kann morgen schon das Doppelte kosten. Einige Hersteller garantieren per Anzeige einen bestimmten Tagessatz, andere verschwinden ganz vom Markt.

Zm-Anzeigen machen nun auch Politik. So war es die Pflicht eines jeden Deutschen, die vaterländische Industrie durch Kauf deutscher Fabrikate zu unterstützen, und in den Kriegsjahren wird in jeder Ausgabe mit großen Anzeigen darauf aufmerksam gemacht. Zusätzlich warnt der „Verband der Handlungen zahnärztlicher und zahntechnischer Gebrauchsgegenstände e.V.“ davor, dass England auch den Handel in Deutschland in Zukunft vernichten will, und bittet die zahnärztliche Kollegenschaft, „Käufe bei englischen Firmen tunlichst zu unterlassen“. Ein Vorgehen, das heute – Gott sei Dank! – undenkbar ist.

zm für 1,20 Reichsmark

Die Zahnärztlichen Mitteilungen erscheinen seit 1920 wöchentlich und zwar immer am Sonntag, zu haben für ganze 1,20 Reichsmark. Eine einspaltige Anzeige kostet 20 Goldpfennig und gedruckt wird in unmittelbarer Nachbarschaft zum Sitz der heutigen zm-Redaktion in der Kochstraße 67 beim Verlag Karl Lohner in Berlin-Mitte.

Was wir heute unter Fortbildung in Fachzeitschriften verstehen, ist in den 20er-Jahren kaum im Standesblatt des „Wirtschaftlichen Verbandes Deutscher Zahnärzte e.V.“ zu finden. Zwar zeugen umfangreiche Buchbesprechungen von wissenschaftlicher und klinischer Aktivität diverser Hochschullehrer, aber im Großen und Ganzen ist relativ wenig zu erfahren, mit welchen fachlichen Inhalten sich die Zahnärztliche Forschung in diesen Jahren beschäftigt. In der Ausgabe 6/1921 nimmt Pichler Stellung „Zur Frage der Wurzelspitzenresektion“. Hier und da erscheint ein Aufsatz von Partsch, in dem er neben gesellschaftlich-politischen auch auf fachliche Fragen und Entwicklungen eingeht. So wird sein Vortrag, den er zum 50. Stiftungsfest der Berliner Zahnärztlichen Gesellschaft hält, in den zm 1924 in zwei Teilen zur Veröffentlichung gebracht. Nach wie vor legen die Anzeigen-Themen fachlich Zeugnis ab für die 20er und ihre zahnärztliche Entwicklung. So werben Amalgamlieferanten für ihre Zahnfüllstoffe, Goldlote, Goldbleche und Golddrähte und offenbaren damit deutlich die gängigen Methoden der Zahnheilkunde. Havard-Zement kommt nun schon fast 30 Jahre zur Anwendung und hat Einzug in fast jede Praxis gehalten. Aschers künstlicher Zahnschmelz lässt ebenso auf die Fortschritte in der Zahnheilkunde schließen wie Gelaform, eine flüssige Wurzelfüllung, die – gelatinös erstarrt – unlöslich ist und den Zahn nicht verfärbt, wie die Werbung verspricht. Aber auch Dr. Scheuer hat eine gelatinöse Wurzelfüllung auf dem Markt, sie verspricht, in jeden Kanal zu fließen und ihn möglichst vollständig zu verschließen. Üblich ist, die Produkte nach dem Erfinder zu benennen. Heute ist hiervon nur noch Dr. Bests Zahnpaste übrig geblieben, der als „Dr. Best“ allerdings lediglich eine fiktive Werbefigur ist. Arnold Biber aus Pforzheim ist Großlieferant für Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände für die zahnärztliche Behandlung und Zange, Messer, Scheren und Mundspiegel werden von Krupp in Essen aus nicht rostendem Stahl hergestellt, nachdem die Rüstungsindustrie den Stahl nicht mehr exklusiv für sich benötigt.

Zahnmedizinische Beiträge

Mit dem zweiten Halbjahr 1929 erscheint halbmonatlich eine „Wissenschaftliche Beilage“. Der Schriftleiter Greve ruft seine Leser auf, fleißig mitzuarbeiten, und bittet um „Berichte über wissenschaftliche Errungenschaften“, „technische Neuerungen“ und schreibt „auch kleinere Originalarbeiten dürfen nicht fehlen“. Aber die Einsendungen bleiben anscheinend noch lange aus, größere Veröffentlichungen gibt es nicht, ist doch auch die Inflation auf Höchstniveau. Der Mitgliedsbeitrag für den Verband beträgt zum 15. Oktober 1923 120 000 000 Mark! Zahnärzte haben andere Sorgen.

Die Redaktionsleitung ruft die Leser schließlich auf, nur bei den Firmen einzukaufen, die auch Anzeigenkunden sind, und damit „auch in schweren Zeiten Zugehörigkeit zum Verband [zu] signalisieren.“

Nach und nach trudeln erste Beiträge ein, meistens über Neuerscheinungen, wie ein „neuartiges Instrument zur Zahnpflege“, dem wohl ersten Halter für Zahnseide (zm 50/1927), dessen Handhabung und Vorzüge explizit beschrieben werden.

Die Amalgam-Diskussion beginnt mit dem Aufsatz von Schindler über einen Vortrag von Fleischmann über die „Gefährlichkeit des Quecksilbers aus Amalgamfüllungen“ in den zm 16/1927, stetige Diskussionsbeiträge

schließen sich an. Fleischmann und Borinski hatten die Luft in Schulzahnkliniken und in Behandlungsräumen von Zahnarztpraxen untersucht und erstaunlich hohe Hg-Werte gefunden. Eine Koinzidenz zu den bei Schulzahnärzten und ihren „Schulzahnarztschwestern“ häufigen Stomatitiden und Darmstörungen wird vermutet. Amalgam wird damals als Kupferamalgam und Silberamalgam eingesetzt, Zusammensetzung und Verarbeitung des damaligen Silberamalgams unterscheiden sich jedoch grundlegend von heutigem Amalgam. Forensische Beiträge zum Beispiel über das „Aspirieren einer Nervnadel“ liefern dem Zahnarzt kurzweiligen Lesestoff und helfen derartige Notsituationen zu vermeiden. Buchbesprechungen werden zum festen Gegenstand der zm-Ausgaben, sind sie doch die einzige Möglichkeit, über das Standesorgan neueste Forschungsergebnisse flächendeckend zu verbreiten. Bei der Suche nach Originalbeiträgen, wie wir sie heute kennen, lässt sich noch wenig finden. Die Schulzahnheilkunde nimmt inzwischen einen immer größeren Part ein, mehr als 15 Beiträge im Jahr sind die Regel. Abbildungen von humanen Gebissen werden erstmals im Rahmen der Schulgesundheitserziehung – als Anschauungsmaterial – gedruckt.

Genetik und Sozialhygiene

1933 hält das Dritte Reich Einzug in das Fachblatt der Zahnärzteschaft. Auf dem 15. Deutschen Turnfest 1933 in Stuttgart, gab es erstmals Zahnärzte, die dazu eingesetzt waren, die zahnärztliche Versorgung der Teilnehmer zu sichern, liest man in den zm.

Die fachlichen Inhalte der nächsten Jahrgänge sind geprägt durch das Regime. So wird nicht mehr über Rheuma-Tagungen, sondern über Fortbildungsveranstaltungen zur Thematik Psychologie und Psychiatrie berichtet, ein Aufsatz über „Probleme der Seelenkunde“ wird 1941 publiziert.

Betrachtet man nur die wissenschaftlichen Beiträge, so fallen jetzt Aufsätze zur Rassenpolitik mit der Thematik Genetik, Sozialhygiene und Erbpolitik ins Auge. Diese Thematik nehmen Staehle et al. in 18 und 19/2004 in ihrem Aufsatz „Alternative Zahnmedizin im Nationalsozialismus“ kritisch unter die Lupe. Beide Folgen stehen im Leserservice zum Download bereit.

Staehle schreibt in seiner Publikation zur „veränderten“ Zahnmedizin über die Themen der Zeit: Vertreter der „Neuen deutschen Zahnheilkunde“ hätten in zahlreichen Fachartikeln allgemeine und konkrete Forderungen zur Vorbeugung und Behand-lung von Erkrankungen auf praktisch dem gesamten Gebiet der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (zum Beispiel Karies, parodontale und endodontische Erkrankungen, Neuralgien, traumatische und funktionelle Schäden) erhoben. Besonderes Augenmerk hätten sie dabei auf parodontale Erkrankungen, die sie mit zahlreichen Entgiftungs- und Ausleitungsmaßnahmen unter Einbeziehung von Blasenpflastern, Brechmitteln, Dampfbädern, Darmausleitungen, Eigenblutbehandlungen, Fußbädern, homöopathischen Interventionen, speziellen Diäten und vielem mehr zu behandeln trachteten, gerichtet.

Nie hat das Standesblatt bis dato so viele gedruckte Seiten wie in diesen Jahren. Zum Jahreswechsel 1935/1936 wird von Antiqua auf Fraktur umgestellt, eine Schrift, die man auch „das Kleid der Deutschen Sprache“ nannte.

Allgemeinmedizin findet nun wieder mehr Raum. Auch hier ist die Lektüre von Staehle hilfreich: Die Hinwendung zur Allgemeinmedizin sei ja prinzipiell richtig gewesen, nur sei damals ein unwissenschaftliches Konzept verfolgt worden im Sinne eines deutschnationalen Weges der Zahnmedizin. Das Thema Tuberkulose hat nun auch die Zahnärzte interessiert, kinderreiche Mütter sollten bevorzugt behandelt werden. Dies nur als kleine Auswahl aus den Prioritäten dieser Zeit.

1936 wird erstmals der KRVO-Krankenschein eingeführt und auf der Rückseite steht erstmals das Zahnschema, das bis heute seine Gültigkeit bewahrt hat, die zm berichten in ihrer Ausgabe 27/1936 darüber.

Besonders erwähnt sei die Sonderauflage einer Abhandlung, die anlässlich des VIII. Deutschen Zahnärztetages in Düsseldorf auf Büttenpapier erscheint, zum Thema „Aus dem Einst und Heute der Mund- und Kieferchirurgie“ die von Hippokrates bis Heister alles Nennenswerte zum Fach subsumiert. Lorenz Heister (1683–1758) war ein Botaniker und Anatom, der für seine Schriften über die Chirurgie bekannt war.

Für die Volksgesundheit

Über allem steht jetzt das Motto: „Die Wissenschaftliche Zahnheilkunde dient der Volksgesundheit!“ So weisen Sonderseiten auf die fachlichen Inhalte der Deutschen Zahnärztetage hin, die damals wie heute in enger Kooperation mit dem wissenschaftlichen Fachverband, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, abgehalten werden. Euler schreibt eine große Abhandlung zum Ernährungsproblem, in der er den Verzehr von Vollkornbrot propagiert – wissenschaftlich begründet, versteht sich.

Ständig neue Werkstoffe

Ein Überblick über die Entwicklung und die Aufgaben der zahnärztlichen Werkstoffe von Schoenbeck (1954) liest sich spannend, spiegelt er doch die vergangenen 40 Jahre zahnärztliche Entwicklung und damit auch ihren Wandel wider. Während in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts die vielfach notwendigen Präparate im Laboratorium des Zahnarztes oftmals selbst hergestellt werden – soweit man nicht auf ausländische Produkte zurückgriff – beginnt parallel dazu jetzt nach dem Ersten Weltkrieg vermehrt die industrielle Herstellung von zahnärztlichen Materialien. Naturgemäß – damals wie heute – erfüllen nicht alle neuen Werkstoffe und Medikamente die Anforderungen der Praxis, so dass das eine oder andere Präparat in der täglichen Anwendung noch Wünsche offen lässt, so zeigen Erfahrungsberichte. Aus dem Ausland benötigte Grundsubstanzen sollen möglichst durch einheimische ersetzt werden, wie regelmäßig geschaltete Anzeigen in den zm dokumentieren. Das Versuchsfeld ist groß. Man experimentiert mit Substanzen, Brenntemperaturen, Zementen und schließlich Metallen und ihren Legierungen, wie Schoenbeck schreibt. Dank der Fortschritte der Metallurgie wird es möglich, verbesserte prothetische und orthodontische Apparaturen herzustellen.

So hat sich aber auch gezeigt, dass selbst hochwertige Edelmetall-Legierungen, miteinander kombiniert, Spannungen verursachen können. Man nennt dieses Phänomen „Oraler Galvanismus“ und bis heute wird heftig darüber diskutiert. Durch die Einrichtung eines Zahnärztlichen Materialprüfungsamts im Jahre 1934 in Berlin war eine Instanz geschaffen worden, die sich bereits in den 30er-Jahren mit dem Thema Qualitätssicherung beschäftigte. Ein Tätigkeitsfeld für Zahnärzte und Industrie gleichermaßen ist nun geschaffen, um weitere geeignete Materialien zu finden. Auch die Kieferorthopädie (Simon) und die „Paradentose“ (Weski) finden breiten Raum und setzen für die wissenschaftliche Entwicklung Meilensteine. Wie in den zm detailliert nachzulesen, bestreitet die KfO den Inhalt der Jahrestagung der DGZMK im Jahr 1939. Damit soll dieses Fach nicht nur den zahnärztlichen Kollegen, sondern auch der Öffentlichkeit nähergebracht werden.

Chirurgie im Lazarett

Wieder ist Krieg. Berichte vom Einsatz als Kriegszahnarzt stehen erneut auf der Themenliste der beginnenden 40er-Jahre.

1942 stattet ein zm-Mitarbeiter einem Lazarett einen Besuch ab und berichtet über die Verwundungen der Soldaten und die Fortschritte der kieferchirurgischen Operationen (17/42, 18/42).

Wie im ersten Weltkrieg werden die Materialien knapp, die wissenschaftlichen Berichte spärlich, sind doch alle herausragenden Wissenschaftler entweder an der Front, im KZ oder in der Emigration.

Eine sehr fundierte und engagierte Abhandlung des späteren zm-Redakteurs Häussermann über die Zahnheilkunde im Dritten Reich, die in mehreren Folgen in den Jahren 1996 und 1997 veröffentlicht wurde, bezeugt die menschenverachtenden Anschauungen des damaligen Regimes und seiner herausgehobenen Vertreter, zum Teil auch in der Zahnärzteschaft. Staehle hat verdienstvollerweise das gleiche Thema in den zm (siehe oben) aufgegriffen und auch das Wirken von H. Euler kritisch beleuchtet. Mehr hierzu siehe auch im Leserservice.

Die zweite zm 1

Nach Kriegsende erscheinen die zm nach vier Jahren Pause am 1. November 1948 in Nürnberg wieder mit der Nummer 1, was den Vorsitzenden des Verbands in seinem Vorwort zu einem „Endlich!“ veranlasst. Das Ziel ist eindeutig: Das Heft „soll die Erhaltung und Förderung eines guten und gesunden Zahnarztstandes in Deutschland“ fördern. Geier schreibt 1949 über den Gestaltwandel der Zahnheilkunde und das Aufgabenfeld des Zahnarztes in der Praxis. Kirch beschreibt in den zm 9/50 die biologische Wurzelfüllung. Calxyl und Cionit werden besprochen. Weiter geht’s mit der Iontophorese zur Wurzelbehandlung (24/51), die „Wurzelkanal-Elektrolyse“ wird diskutiert.

Der neue Fortbildungsteil

Mit dem neuen Chefredakteur Hans Paul Reckort gestaltet sich auch das wissenschaftlich-klinische Bild der Zahnärztlichen Mitteilungen 1976 neu. In Zusammenarbeit mit Hochschullehrern und der DGZMK begründet er einen umfangreichen Fortbildungsteil, der mit der Ausgabe 7 im Jahr 1976 „aus der Taufe gehoben“ wird. Geplant war, in unregelmäßigen Abständen ein zahnmedizinisch relevantes Fachthema aus verschiedenen Sichtweisen mit Übersichtsreferaten zu beleuchten. Praxisreife und Praxisnähe sollen wiedergegeben werden, was mit dem Thema „Herausnehmbarer Zahnersatz“ gelingt. Zusätzlich brennt Autoren der Hochschule das Thema „Metallkeramik“ unter den Nägeln, das sich zwar schon etabliert hat, aber noch nach Verbesserungen sucht und so immer wieder in den zm eine Plattform findet. Mehr und mehr festigt sich die Freundschaft zur DGZMK, regelmäßige Berichte – tituliert mit „die Deutsche informiert“ und „die Deutsche nimmt Stellung zu Fragen“ – geben Zeugnis davon. Eingehende Berichte über Vorträge der großen Jahrestagungen haben einen festen Platz gefunden.

Auch die Gesundheit des Zahnarztes selbst wird Thema. Leidet doch besonders er ständig an Rückenschmerzen, was findige Köpfe schließen lässt, dass es an der Behandlungshaltung liegen könnte. Protagonisten mit Namen wie Schön, Hilger, Neddermeyer, Höfling, Einfeldt, Neuhauser, Wagner, Münch und andere liefern sich angeregte, zum Teil kontroverse Diskussionen und sind sich bis heute noch nicht immer ganz einig, ob die 9-Uhr-Position oder die 12-Uhr-Position die bessere ist. Aber man hat doch wenigstens erkannt, dass es sinnvoller ist, den Patienten „ans Liegen“ zu bringen, als die Wirbelsäule einer steten Torsion auszusetzen. Kimmel, der dieser Ergonomie- Bewegung angehört, schreibt sich als regelmäßiger und über Jahrzehnte mit den zm eng verbundener Autor in über 250 Beiträgen „die Finger wund“ – und die Industrie zieht mit. Allein im Jahr 72 erscheinen neun Beiträge zum Thema, Kimmel stellt in den zm 5/74 die „Lernziele in der zahnärztlichen Ergonomie“ zusammen. Heute ist ein Behandlungsstuhl gleich einem kleineren Raumschiff, das dreidimensional bewegt und damit in fast jede erdenkliche Position gebracht werden kann.

Ein weiteres Highlight wird von den zm begleitet: In seinem Festvortrag zum Zahnärztetag verkündet Naujoks die Gründung der Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) und ruft gleichzeitig den Arbeitskreis für Kinderzahnheilkunde und Kariesprophylaxe ins Leben (10/74).

Wichtig: Materialkunde

Ein vorrangiges Thema der frühen Achtzigerjahre ist die Diskussion um die Herddiagnostik, treffen hier doch immer wieder konträre Meinungen hart aufeinander. Auch Entwicklungen in der Diagnostik der Mund-Schleimhaut-Erkrankungen bringen den Zahnarzt immer mehr in die Rolle des „Mundarztes“, der häufig als erster an Veränderungen der Mundschleimhaut Allgemeinerkrankungen zu diagnostizieren vermag. Die Fissurenversiegelung von Molaren kommt als Errungenschaft der Kariesprophylaxe in die Vortragssäle und damit auch in die zm. Erste Erfahrungen mit Kompositmaterialien haben dies möglich gemacht, und es wird angeregt diskutiert, ob direkt versiegelt werden soll oder ob eine – auch noch nicht kariöse – Fissur doch besser vorher aufgezogen werden sollte – ein Streit, der viele Druckseiten füllt und viel Blut in Wallung bringt, aber heute so gut wie vom Tisch ist. Am Horizont der Goldlegierungen bahnen sich weitere Diskussionen an, diese besonders in Verbindung mit den Kassenleistungen. Denn die „fetten“ Jahre der Goldrestaurationen sind langsam vorbei, Norbert Blüm wirft seinen „Bauch“ voraus, bis schließlich im Sommer 1986 wenigstens eines klar ist: Preiswertere Legierungen sind gefragt und die zm nehmen die Diskussionen um Verarbeitung, Kompatibilität und vieles mehr vornehmlich mittels Autoren der Werkstoffkunde ins Boot; Schwickerath, Meiners, Kerschbaum und andere sind hier noch in bester Erinnerung.

Nicht nur Werkstoffkunde

Auch andere Themen wie die Parodontologie werden mehr und mehr in den zm abgehandelt, ebenso die sich langsam abzeichnende Verquickung mit der Immunologie findet ihren Niederschlag. Mit Beiträgen der Autoren Lange, Erpenstein und Einfeldt (13/67) gewinnen auch die zm noch mehr, vor allem junge, interessierte Leser, rufen aber in gleicher Weise eine Reihe konservativer Denker auf den Plan und auf die Leserbriefseiten. In der Rubrik „Aus der Postmappe der Schriftleitung“ wird immer wieder darüber berichtet. 50 Jahre Spezialisierung für das Fach Kieferorthopädie: Das ist nicht nur eine Feierstunde, sondern natürlich auch eine ordentliche Würdigung in den zm durch Drosner wert. Er hält die Geschichte der Gebietsbezeichnung fest.

AIDS – das sind für Zahnmediziner zuerst nur Hieroglyphen, die die zm jedoch bald genauer erklären. Mit 19 Publikationen bereits in den Jahren 1984/85 wird das Wissen über Infektionsweg, Schutz, Epidemiologie und mehr vertieft. Das gewonnene Wissen bringt aber auch die traurige Erkenntnis dass AIDS unweigerlich eine Gefahr für den Zahnarzt, sein Personal und den Patienten in der Praxis darstellt.

Hat man doch gerade eine Hepatitis-Studie von Berliner Zahnärzten „verdaut“, die die Durchseuchungsrate mit den Praxisjahren eines Zahnmediziners in Korrelation brachte und explizit die Impfung schon in Studienjahren als einziges Mittel aus dem Dilemma empfiehlt. Und nun das. Drähte zu Behörden und Gesundheitsämtern laufen heiß, Hygieniker diskutieren, konferieren, publizieren (natürlich auch in den zm), und alle kommen zu dem Ergebnis: Schutzhandschuhe, Mundschutz und Brille müssen her! Die Industrie zieht mit, bietet hauchdünne Handschuhe an mit hohem Sicherheitsfaktor und hochaktive Desinfektionsmittel der neuen Stunde. Man macht sich Gedanken über die Infektionswege, und das Schlagwort Sprühnebel wird immer wieder zum Anlass, dass Hygieniker wie Bößmann, Daschner und Grün „zur Feder greifen“ und die zm mit zum Teil immer noch per Hand geschriebenen Manuskripten beglücken. Man diskutiert leidenschaftlich über Stichverletzungen, Haftungsfragen und Allergiepotential. Letzteres wenigstens kann man heute mit latexfreien Handschuhen in den Griff bekommen.

Im Zeichen der Prophylaxe

Die Achtziger stehen wie die Jahrzehnte zuvor ganz im Zeichen der Prophylaxe, viele Gruppierungen haben sich firmiert, der Verein für Zahnhygiene informiert mit der Unterstützung von Standesverbänden, Zahnhygieneprodukteherstellern, Gesundheitsämtern und Behörden Schul-/Kindergartenkinder und die Öffentlichkeit. Kontakte zur sogenannten Yellow Press animieren zum zahngesunden Denken und zur Verwendung von Fluoridzahnpasta. Arbeiten von Gülzow, Wetzel, Schübel und anderen namhaften Autoren unterstützen diese Prophylaxebewegung. Bereits im Jahr 1955 werden 29 Beiträge zum Thema Fluoridierung in den zm veröffentlicht, und man orientiert sich an den Vorreitern wie Schweden und der Schweiz. Kontakte zum Karolinska-Institut in Schweden werden geknüpft.

Dann kommt der Schlag ins Gesicht: Der schwarze Tag für die Kariesprophylaxe und für die gerade im Aufbau befindlichen Prophylaxeaktionen der Arbeitsgemeinschaften Zahngesundheit im Rahmen der Vereinbarungen des BDZ (Bund Deutscher Zahnärzte) mit den Krankenkassen ist der 1. Oktober 1985, an dem das WDR-Magazin „Monitor“ den Beitrag „Fluor – unwirksam gegen Karies? Der Filz zwischen Zuckerindustrie und Zahnärzteverbänden“ ausstrahlt. Auch hier sind wieder die zm für den deutschen Zahnarzt eine wesentliche Quelle der Richtigstellung. Nun kommt es Schlag auf Schlag. Gazetten und sensationslüsterne Journalisten haben sich auf den Stand der Zahnärzte und ihre Behandlungsmethoden eingeschworen. Während in der Fluoriddiskussion durch treffsichere Argumente namhafter Wissenschaftler der Ball noch niedrig gehalten werden kann, schlagen die „Macher“ von Monitor am 1. September 1986 erneut zu. Diesmal mit der Frage: „Parodontose durch Zahnpasten?“ Im Fokus steht Natriumlaurylsulfat, das als Ingredienz Pasten zum Schäumen bringt und in Pastakonzentraten entsprechend höher dosiert ist. Da es sich um Konzentrate handelt, dürfen diese nur in kleinsten Mengen zur Anwendung kommen. Das haben die Monitor-Redakteure wohl nicht richtig bedacht, aber die zm liefern wieder viele Seiten Argumentationshilfe für den Praktiker am Stuhl.

In zwei großen Fortbildungsteilen in den zm 9/1987 informiert eine Autorengruppe über weitere Themen der Zeit: Strahlenschutz, Qualitätsaspekte bei Röntgenaufnahmen, Panoramaaufnahmetechnik und Fehler in der Röntgendiagnostik. Die zm 21 stellen in fünf Beiträgen die neuen Materialien und Verfahren für Kronen vor. Kerschbaum diskutiert den Randspalt und die Prognose von Restaurationen. Über die Marylandbrücke (Adhäsiv-Brücke) informiert Kern, die Anwendung der neuen Glasionomer-Zemente und materialkundliche Aspekte palladiumhaltiger Legierungen finden viel Interesse.

Immer noch diskutiert man über die richtige Borste in der Bürste, welche Abrundungsverfahren die besten sind, welche Griffform (lang, dünn, dick, breit, abgeflacht oder gebogen) am besten in der Hand liegt oder ob nicht gleich doch mit Saft und Kraft aus der Steckdose die „neue Elektrische“ zum Einsatz kommen sollte (zm16/88). Erste positive Daten, die an Rekruten der Bundeswehr eine größere Plaquereduktion bestätigen, werden zunächst durchaus kritisch bewertet und lassen erst Ende der Achtziger und nach dem Erscheinen einer Vielzahl von positiven Untersuchungsergebnissen eine Empfehlung für motorisch eingeschränkte Patienten (sowie für Kinder) zur Putzmotivation zu. Ein Thema, an dem die Industrie bis heute konsequent weiter entwickelt hat; sie liefert nun Geräte, mit denen gute Zahnpflege in jedem Badezimmer möglich ist.

Dauerbrenner Amalgam

Die Amalgam-Diskussion ist nicht neu, lieferten die Kritiker bereits in den Zwanzigern ihre ersten Argumente (siehe oben). Aber auch nachdem die deutsche Zahnarztpraxis nur noch Gamma-freies Amalgam in sorgsam präparierte Kavitäten legte, finden Amalgamkritiker und Umweltbewegung eine neue Plattform. Man spricht von „Vergiftung“; namhafte Toxikologen, Allergologen und Forscher der Biokompatibilität widerlegen diese Anschuldigungen jedoch nachhaltig. Diskussionsforen schießen aus dem Boden, und es gibt keine zahnärztliche Fortbildung, bei der dieses Thema nicht aufgegriffen wird. Wissenschaftler, Standespolitiker und natürlich die zm haben wieder einen „Dauerbrenner“. Letztendlich wird eines klar: Es gibt kein einziges zahnärztliches Material, das mit so vielen Langzeitstudien belegt ist wie Amalgam. Echte allergische Reaktionen sind selten und auch andere Werkstoffe (selbst Gold) können Allergien auslösen. Wenn doch nur diese Farbe nicht wäre!

Neues am Horizont

Diese Tatsache bringt viele Köpfe ans Denken. So auch die von Mörmann und Brandestini: Als Idee von Zahnarzt und Physiker geboren, „in der Garage“ experimentiert und entwickelt, schließlich mit einer namhaften Dentalfirma umgesetzt, kommt die erste CAD/CAM-Restauration (ein Inlay) zum Einsatz in die Praxis und gilt als Revolution. Dies alles in den zm 21/87 nachzulesen. Per optischen Abdruck soll „chairside“, wie es heute heißt, aus einem Keramikblock eine MOD-Füllung gefräst und in derselben Sitzung mit einem Befestigungskomposit eingesetzt werden. Unglaublich, aber es funktioniert. Fragen nach der „Fuge“ zwischen Keramik und Zahn, vor allem aber die Okklusion bereiten Kopfzerbrechen, aber nach einigen Jahren hat man auch hier sehr interessante Lösungsansätze gefunden. Zehn Jahre später blicken die Autoren wieder in den zm auf ihre umfangreiche Erfahrung zurück und haben vieles verbessert. Zum zwanzigsten Jubiläum ist es sogar möglich, Veneers, Kronen und kleinere Brücken herzustellen, die Akzeptanz bei Zahnarzt und Patient nimmt zu.

Zu Beginn der Neunzigerjahre stehen auch die zm ganz im Zeichen der Vorbereitung des großen 80. Jahresweltkongresses der FDI, der im Herbst 1992 in Berlin seine Pforten öffnet. Im Fortbildungsteil kommt die Kieferchirurgie erneut zu Wort und stellt neueste Operationsmethoden bei Mund-Kiefer-Gesichtsspalten vor. Auf diesem Gebiet zeichnet sich schon damals eine Entwicklung ab, die ästhetisch perfekte Rehabilitationen durchaus möglich macht.

Aber auch noch eine andere Front tut sich auf: Thema Trinkwasser-Fluoridierung. Gegner und Befürworter liefern sich auch in den zm bereits in 5/57 und 15/57 (eine offizielle Ablehnung von Cseryei mit dem Argument „Im Trinkwasser sollen nur solche Substanzen sein, die das Wasser rein halten“) heiße Gefechte, wozu auch Podiumsdiskussionen auf politischer Ebene zählen. Ein Memorandum hierzu kommt dann in den zm 11/75 zur Publikation. Gleichzeitig schielt man aber über die deutsche Grenze in die Schweiz, wo im Kanton Basel das Trinkwasser fluoridiert ist und im Kanton Glarus bereits flächendeckend am Frühstückstisch fluoridiert wird – nämlich mit Brot (mit fluoridiertem Kochsalz gebacken), das mit Marmelade, gesüßt unter anderem mit Zuckeraustauschstoff, bestrichen ist. Die Ergebnisse des Kariesrückgangs in der Bevölkerung sind schlussendlich höchst beeindruckend – übrigens auch in Deutschland, wie große IDZ-Studien belegen. Lange Kämpfe gingen voraus, bis das erste fluoridierte Kochsalz auf dem deutschen Mark erhältlich ist, auch wenn es anfangs nur in aufgeklärte Haushalte Einzug hält. Pilotprojekte der Gruppenfluoridierung in Kantinen, wie sie an der Universitätsmensa in Heidelberg durchgeführt werden, bleiben bis heute Highlights, denen die derzeitige EU-Rechtsprechung immer wieder die Flamme auszupusten versucht. Die zm veröffentlichen schließlich in den zm 16/2002 die neueste Fluoridempfehlung der DGZMK, die jedoch – trotz exzellenter wissenschaftlicher Basis – von den Kinderärzten bis heute unverständlicherweise abgelehnt wird.

Damals noch „exotische“ Fachgebiete wie die Hypnose zur Schmerzausschaltung werden in 5/55 angesprochen, heute beschäftigt sich eine Fachgesellschaft mit dieser Methode und viele Patienten haben schon von dieser Form der Schmerzausschaltung profitiert.

Seit 1960 erstmals ein Laser realisiert wurde, hat sein Einsatz in der Zahnheilkunde sowohl aufseiten der Wissenschaft als auch in der Öffentlichkeit großes Interesse gefunden. Manche Erwartung hat sich bis heute noch nicht ganz erfüllt oder musste enttäuscht werden. Vieles ist aber auch bereits in Erfüllung gegangen. Indikationen in der Kariologie, in der Endodontie, in der Parodontologie, in der Oralchirurgie und auch in der Diagnostik werden bearbeitet. Insbesondere

in den letzten zehn Jahren entwickelt sich die Laseranwendung in der Zahnheilkunde zu einem sehr dynamischen Gebiet. Die Laserzahnheilkunde ist bereits ab 5/65 Thema für die zm. Allerdings gibt sie damals noch Anlass zu einem offiziellen Aufruf, dass der Laser den Bohrer nicht ersetze, was allerdings im Fortbildungsteil 11/2001 von mehreren Autoren bereits anders gesehen wird. Klar, die Technik hat sich ja auch erheblich verändert, und so findet man den Laserstrahl bereits an so manchem OP-Tisch.

Den Senior im Blick

Der Blick auf die demografische Veränderung in Deutschland fordert auch die Zahnärzteschaft zum Umdenken auf. Die Alterszahnheilkunde wird immer mehr zum Thema, ein Arbeitskreis für Gerontostomatologie in der DGZMK ist gegründet. Namen wie Wefers, Nitschke und andere finden sich bis heute kontinuierlich in der zm-Autorenliste. Themen der Versorgung immobiler Patienten, Reparaturen von prothetischen Versorgungen statt Neuanfertigung, Vermeidung von Schleim hautirritationen durch unsachgemäße Pflege von Zahnersatz sowie das Thema Polymorbidität fordern auch in den Zahnärztlichen Mitteilungen immer mehr Raum. Endlich schreibt man auch darüber, dass Arzneimittelnebenwirkungen großen Einfluss auf den Speichelfluss und damit auf die Kariesentwicklung, vornehmlich auf die Wurzelkaries bei Senioren, haben. Neben der Alterszahnheilkunde gibt es noch ein neues Pflänzchen, das von einer kleinen Gruppe von Zahnmedizinern, Psychologen und Sozialwissenschaftlern (hier sollen Marxkors und sein Team genannt werden) gehegt und gepflegt wird: Psychologie und Psychosomatik in der Zahnmedizin. Die Erkenntnis wird mehr und mehr öffentlich, dass rund jeder zehnte Patient, der die Praxis betritt, ein psychologisches Problem mit über die Schwelle trägt. Nur ansatzweise seien hier Alkoholismus, Abusus von Sedativa, Depression, Borderline und andere Persönlichkeitsstörungen erwähnt, die auch in den zahnärztlichen Mitteilungen zunehmend mehr Beachtung finden. Hat sich doch auch in einer Untersuchung des Deutschen Instituts der Zahnärzte (IDZ) ergeben, dass immer mehr Zahnärzte Stresssymptome zeigen, die auf den Umgang mit gerade diesen Patienten zurückzuführen sind. Auch das Patientengespräch rückt als hilfreich in den Mittelpunkt, Kommunikation mit dem Patienten ist gefragt. Die zm geben Tipps.

Weitere Innovationen

Der erste Speicheltest ist auf dem Markt und man versucht nun, mit ihm Karies im Vorfeld zu erkennen und Patienten in Risikogruppen einzuteilen. Es wird nicht lange dauern, bis auch ein selektives Verfahren auf Parodontitis-Keime am Markt (und in den zm) ist, erst viele Jahre später werden diese euphorischen Ideen nivelliert und ihr anfangs zu hoch gepriesener Stellenwert relativiert werden. Auch das ist in den zm nachzulesen.

Die Angst vor dem Bohrer – besonders bei Kindern – und die Karies aus dem Zahn sollen mit einem Gel vertrieben werden, das das kariöse Material im Zahn einfach auflöst. Aber dass die Turbine dann gar nicht so selten für Retention oder Zugang sorgen muss, wird vornehm verschwiegen. Trotzdem, eine interessante Innovation für ganz bestimmte Situationen in der Praxis. Spezielle optische Verfahren lassen Karies schon sehr früh erkennen. Anfangs geht das in der Regel nur bei okklusalen Läsionen, doch schon bald soll auch die Approximalkaries auf diesem Wege aufzuspüren sein.

Beiträge über Kopfschmerzen durch Bruxismus und über eine falsche Okklusion, das Schlagwort dazu CMD – sie finden immer wieder ihre Seiten in den zm. OP-Computer, die die Hand des Chirurgen unterstützen, lassen durch einen Beitrag von Haßfeld Einblick in den OP-Saal der Moderne (wie im Jahr 2001 vermutet) zu.

Kunstwerke im Mund

Eine andere Welle schwappt über den Ozean nach Deutschland. Die Ästhetische Zahnmedizin wird immer beliebter und neueste Entwicklungen der „weißen“ Füllungsmaterialien verheißen Wunder. Noch wird viel experimentiert, die Themen Randspalt und Schrumpfung sind ein Problem für die Langzeitprognose dieser endlich als Amalgamersatz angepriesenen Kompositmaterialien. Man ändert die Füllstoffe, experimentiert mit Glas- und Quarzteilchen, im „Nanozeitalter“ dann natürlich auch mit Nanoteilchen, variiert die Fließfähigkeit. Opazität und Lichtführung sind weitere Kriterien des ästhetischen Anspruchs, ebenso die Vereinfachung der Verarbeitbarkeit. Bald wird es möglich, „Weiße“ am Dentin zu befestigen, Dentinkleber sind gefunden, die Haftung wird immer weiter optimiert. Wird das „Leben“ des Zahnarztes leichter? Oder ändern sich nur die Herausforderungen?

Mit der Tatsache, dass diese modernen Materialien nur halten, wenn sie unter Ausschluss von Speichel verarbeitet werden, stellt sich die Frage, wie das denn zu machen sei. So kommt der Kofferdam ins Spiel, zu dem in den zm 15/99 praktische Anleitungen gegeben werden.

Die zm begleiten diesen dynamischen Prozess über Jahrzehnte, nehmen allerdings nur Beiträge über neue Methoden und Materialien zur Publikation an, die sich auch schon einige Jahre in klinischen Studien und der Praxis bewährt haben. Anfangs ist die „weiße Füllung“ nur auf die Front beschränkt, dann kam das Seitenzahngebiet hinzu und 2010 war in den zm nachzulesen, dass auch Aufbauten ganzer Molaren möglich erscheinen. Ein weiterer Beweis , dass Industrie und Wissenschaft Hand in Hand arbeiten müssen, wie es schon die Pioniere der Zwanzigerjahre taten. In regelmäßigem Abstand drängen neue „Weiße“ auf den Markt, meistens kurz vor der inzwischen in Köln abgehaltenen Welt-Dental-Messe IDS. So manche Bewerbungsaktivitäten der einen oder anderen Firma schlafen bereits nach mehreren Monaten wieder ein und das Produkt verläuft „im Sande“. Aber wohl dem Zahnarzt, der nicht zuletzt durch die zurückhaltende und sachliche Berichterstattung in den zm mit diesen „Schnellschüssen“ seine Patientenklientel nicht vergrault hat.

Zeitlich parallel dazu entwickelt sich das „Keramikzeitalter“. So haben sich zum Beispiel Wissenschaftler aller zahnärztlichen Fachbereiche mit Unternehmen in der AG-Keramik zusammengeschlossen, um Keramik-Materialien (nicht nur) als Ersatz der guten alten Goldkrone auf den Weg zu bringen. Dentalkeramiken finden heute flächendeckend Einsatz. Anfangs noch offene Fragen der Befestigung werden intensiv beforscht und es sind heute recht brauchbare Werkstoffe dazu verfügbar, wenn auch noch keine optimalen. Für bestimmte Indikationen etabliert sich mehr und mehr das Zirkonoxid, insbesondere als Gerüst für Kronen und Brücken.

Bei dem Thema Ästhetik soll auch nicht das Bleichen vergessen werden, das sich natürlich immer noch der Hilfe freier Radikale bedient (in den Zwanzigern – und auch zum Teil heute noch an Harnstoff gebundenes Wasserstoffperoxid) Bleichmittel werden allerdings heute chemisch, in der Konzentration des aktiven Stoffes und in der Galenik modifiziert, so dass mittlerweile ein ganzes Arsenal verschiedener Bleichmittel und Bleichmethoden verfügbar ist. Ob durch kräftige Lampen die Bleichmittel klinisch relevant aktiviert werden können, um dann den Kampf mit den Doppelbindungen der ungewünschten Farbpigmente aufzunehmen, ist jedoch noch fraglich. Bleaching heißt das nun (14/2004) und liegt gleichermaßen bei ästhetisch denkenden Patienten wie entsprechend orientierten Zahnärzten hoch im Kurs – und dass es eine außervertragliche Leistung ist, schadet hier auch nicht.

Ansonsten wird die Prothetik „immer fester“. Während man sich früher intensiv Gedanken über den Halt einer „Totalen“, besonders im Unterkiefer, machte und zum Beispiel „Probleme der Bissnahme“ in solchen Situationen diskutierte (21/51), hat sich viel Positives auf diesem Sektor getan. Herausnehmbar kann mehr und mehr durch „fest“ ersetzt werden. Geschiebe sind teuer und zuweilen unpraktisch im Handling für mit dem Zahnersatz alternde Patienten. Die „Beißerchen im Wasserglas“ kommen für immer weniger Patienten in Frage. Heute kann man fest zubeißen, auch wenn nicht mehr die eigenen Zahnwurzeln, sondern Implantate Halt geben. Pioniere der Implantation in Kliniken, Praxen und der Industrie haben es möglich gemacht. Vielerseits wird gefordert: „Die Implantologie gehört in jede Praxis“, darauf hat sich inzwischen auch die Hochschule eingestellt und lehrt nicht nur das „Inserieren von Implantaten“, sondern auch die nötigen Planungen, die Vorbereitungen und die Nachsorge. Einen umfangreichen Beitrag zur Geschichte der Implantologie leistete Hartmann in den zm 22/09, der unter www.zm-online.de abrufbar ist.

Mit der neuen Zahnwurzel kommen aber auch andere Probleme auf den Tisch beziehungsweise in den Mund: die Periimplantitis. Denn nicht jedes Gewebe toleriert jedes Material, ganz zu schweigen von den allgegenwärtigen Bakterien; und schon sind sie wieder gefragt, die Wissenschaftler. Aber auch mangelndes Knochenangebot für Implantate ist eine Herausforderung an den schöpferischen Geist: Gewebestimulation, Eigenblut, Bindegewebstransplantation, Membranen und mehr unter dem Schlagwort „Tissue Engineering“ sind nun Gegenstand von Kongressen, internationalen Publikationen und zm-Beiträgen (12/08).

Blick über den Tellerrand

Interdisziplinarität, das ist das nächste Stichwort in vielen wissenschaftlichen Beiträgen und inzwischen auch Vorträgen der einzelnen Fortbildungsveranstaltungen in Deutschland. Hat man doch die Parodontitis in Verdacht, nicht nur den Diabetes zu triggern, sondern auch auf Herz- und Kreislauf negative Auswirkungen zu haben. Es kommen nun noch Frühgeburten ins Spiel, die bei Parodontitis-Patientinnen augenscheinlich häufiger zu beobachten sind. Inzwischen gelten viele dieser anfangs nur vermuteten Zusammenhänge durch große Studien als evidenzbasiert – wenn auch nicht alle. Endokarditis, eine Gefahr, die unter Umständen vom Zahnarzt ausgehen kann, beschäftigt nicht nur die DGZMK, sondern verständlicherweise auch die Kardiologen. Empfehlungen werden erarbeitet: Nur wirkliche Risikopatienten benötigen ihr Antibiotikum, und gemeinsam erstellt man eine Richtlinie, die auch durch die zm Verbreitung findet. Aber auch andere Beiträge über medizinische Besonderheiten wie „Keratotische Zustände und Dermatose im Bereich der Lippen und der Mundhöhle“ von Greither (22/75) fanden hier ihren Platz, wie Beiträge über „Ektodermale Dysplasie“ (17/97), „Arteriitis temporalis Horton“ (23/97), „Lupus erythematodes“ (11/98), „der Rheumatiker in der Zahnarztpraxis“ (19/99), außerdem Themen zur Schlafforschung, die sich mit zahnärztlichen Therapiemöglichkeiten bei Apnoikern beschäftigen (16/03). Stets ist es das Anliegen der zm, wissensdurstige Zahnärzte anzusprechen und kompetent zu informieren.

Computer als Mitarbeiter

Inzwischen hat längst der Computer in der Praxis Einzug gehalten. Der Fortschritt reicht über die Vereinfachung des Schreibsystems bei Weitem hinaus. Die Zahl der Praxiscomputer, Abrechnungsprogramme und Dokumentationssysteme schießt in die Höhe, ebenso wie die einschlägigen Artikel in den zm. Die digitale Fotografie hat ganze Generationen von gelernten Fotografen in den Ruhestand geschickt, es sei denn, sie haben sich dieser Entwicklung geöffnet und ihrerseits mächtig investiert. Die Tipps, die Bengel noch vor einigen Jahren in den zm gab, gelten nach wie vor, aber das Bild ist heute in Sekundenschnelle verfügbar und macht es für jeden Zahnarzt möglich, das was Figgener immer wieder in den zm fordert: „Dokumentation! Das gibt Beweissicherheit vor der Justiz!“ Mit der Digitalisierung geht natürlich auch ein Fortschritt in der Röntgentechnik, heute bereits in 3D, einher. Neue Verfahren der Diagnostik (DVT und CT) geben jede feinste Struktur des Menschen wieder, was in der Zahnheilkunde Kieferchirurgen und Zahnärzte gleichermaßen interessiert und begeistert. Auch das MRT erobert sich langsam seinen Platz für ganz bestimmte Fragestellungen in der Zahnheilkunde. Der große Fortbildungsteil 3/2000 zeigte neueste elektronische und digitale Entwicklungen auf, die die Zahnarztpraxis „revolutionieren könnten“, wie es damals hieß.

Ausblick

Angesichts der rasanten Entwicklung in den letzten 100 Jahren, vermag niemand verlässliche Prognosen für die kommenden 100 Jahre abzugeben. Denn Prognosen sind bekanntlich schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.

Susanne Priehn-Küpperzm-Redaktion

Prof. Dr. Gottfried SchmalzPoliklinik für Zahnerhaltungund ParodontologieFranz-Josef-Strauss-Allee 1193053 RegensburgGottfried.Schmalz@klinik.uni-regensburg.de

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