Insuffizienz und Dialyse

Stärkeren Fokus auf die Nierengesundheit richten

Heftarchiv Medizin
Wie bei vielen Bundesbürgern die Herzgesundheit inzwischen regelmäßig geprüft wird, so sollte auch die Nierenfunktion in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Das haben Experten während des 116. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden gefordert.

Das Blutdruckdruckmessen und auch die Bestimmung der Blutfette ist mittlerweile Routine in den Arztpraxen, zumindest bei Risikopatienten für kardiovaskuläre Erkrankungen. Kaum jemals aber wird ohne konkreten Anlass die Nierenfunktion geprüft. Dabei drohen Menschen mit Nierenschädigung erhebliche Komplikationen: Die Erkrankung verläuft in aller Regel über Monate und Jahre progredient mit stetig fortschreitendem Verlust der Nierenfunktion. Sie mündet nicht selten im chronischen Nierenversagen, so dass eine Dialysebehandlung und gegebenenfalls eine Nierentransplantation notwendig werden.

Damit es nicht soweit kommt und frühzeitig sich entwickelnden Nierenschädigungen entgegengewirkt werden kann, forderte Privatdozent Dr. Jan T. Kielstein, Hannover, auf dem Kongress eine regelmäßige Kontrolle der Nierenfunktion und das insbesondere bei Risikopatienten wie Menschen mit einem Diabetes und/oder einer Hypertonie. „Davon abgesehen wäre es sinnvoll, generell häufiger nach einer Nierenfunktionsstörung zu fahnden“, betonte der Mediziner. Immerhin weisen nach seinen Angaben rund 14 Prozent der Bevölkerung eine eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate auf, wobei die meisten Betroffenen dies gar nicht wissen. Zeigen sich bei der Untersuchung Auffälligkeiten, so sollte nicht lange mit der Vorstellung beim Nephrologen gezögert werden, damit rasch eine zielgerichtete Behandlung eingeleitet werden kann.

Der Nephrologe kommt oft erst spät ins Boot

Leider ist aber genau dies in der Realität nicht der Fall: „Die Patienten werden häufig deutlich zu spät an den Facharzt überwiesen“, moniert Professor Dr. Markus Ketteler aus Coburg.

Bis zu 40 Prozent der Patienten sehen nach seinen Worten den Nephrologen zum ersten Mal, wenn ihre Nierenfunktion soweit abgefallen ist, dass eine Dialysebehandlung kurz bevorsteht. Dabei ist die Niereninsuffizienz keinesfalls selten. Konkrete Zahlen zur Häufigkeitsentwicklung in Deutschland fehlen. Aus den USA ist bekannt, dass die Prävalenz der chronischen Niereninsuffizienz beständig zunimmt. Sie ist in den vergangenen elf Jahren um 30 Prozent angestiegen. Auch die Häufigkeit einer notwendigen Dialysebehandlung nimmt parallel dazu kontinuierlich zu.

Das kardiovaskuläre Risiko ist hoch

Der häufigste Grund für die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung ist ein Diabetes mellitus und es sollte deshalb selbstverständlich sein, zumindest bei Diabetikern regelmäßig zu prüfen, ob eine Proteinausscheidung mit dem Urin erfolgt. Dies ist als direktes Zeichen einer beginnenden Nierenschädigung zu werten. Die Proteinurie wie auch die manifeste Nierenfunktionsstörung hat dabei nicht nur Bedeutung für die Nieren, sondern ist auch ein kardiovaskulärer Risikofaktor, so Kielstein. „Die Gefahr, an einer Herz- und Gefäßkomplikation zu versterben, ist bei jungen Menschen mit Niereninsuffizienz um etwa das 1000-fache gegenüber Nierengesunden erhöht“, berichtete der Mediziner in Wiesbaden. Das Herz-Kreislauf-Risiko steigt dabei mit dem Grad der Niereninsuffizienz und ist folglich besonders hoch bei Menschen unter einer Dialysebehandlung.

Potenziert wird die Gefährdung dann noch durch den zumeist erhöhten Phosphatspiegel, weshalb die Betroffenen in aller Regel mit einem so genannten Phosphatbinder behandelt werden. Um der Gefäßverkalkung, die sich bei Patienten mit Niereninsuffizienz vor allem als Mediasklerose manifestiert, weiter vorzubeugen, sollten die Patienten nach Kielstein einen kalziumfreien Phosphatbinder erhalten.

Unabhängig davon sollte, so hieß es in Wiesbaden weiter, generell in der Bevölkerung für eine bessere Awareness in Sachen Nierengesundheit gesorgt werden und in diesem Zusammenhang auch für eine umfassende Aufklärung über einen „nierengesunden“ Lebensstil. Dazu gehört es in erster Linie, einem Diabetes mellitus vorzubeugen. Es sollte auf eine ausgewogene gesunde Ernährung geachtet werden, auf Normalgewicht, ausreichende und regelmäßige körperliche Aktivität sowie einen konsequenten Nikotinverzicht.

Christine VetterMerkenicher Straße 224, 50975 Köln

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