Leitartikel

Zeichen der Veränderung

Sehr geehrte Frau Kollegin,sehr geehrter Herr Kollege,

gesamtgesellschaftliche Veränderungen kommen nicht mit einem großen Paukenschlag daher, sondern kündigen sich in schleichenden Prozessen an. So auch im Gesundheitswesen. Hier sind Tendenzen erkennbar, die auf den zahnärztlichen Berufsstand langfristige Auswirkungen haben.

Beispiel: Im GKV-Versorgungsgesetz ist vorgesehen, die Strukturen des Gemeinsamen Bundesausschusses zu stärken und zu optimieren. Schon jetzt ist der G-BA ein mächtiges Gremium im Gesundheitswesen mit weitreichendem Kompetenzrahmen, fast schon eine Art „Staat im Staat“ mit entsprechender Machtposition. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der GKV und bestimmt Maßnahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären Bereich im Gesundheitswesen.

Gerade mit Letzterem ist eine Domäne tangiert, die zu den ureigensten Aufgaben der Kammern gehört. Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, generell die Förderung der Qualität, sind Bereiche, denen sich die Kammern als Vertretungen eines Freien Berufs von jeher verpflichtet fühlen.Berufs von jeher verpflichtet fühlen. Seit im GKV-Modernisierungsgesetz der G-BA dazu beauftragt wurde, die Richtlinie zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung auszugestalten, ist auch die Vertragszahnärzteschaft per Gesetz offiziell mit im Boot. Da der G-BA aber Themen bearbeitet, für die die Kammern zuständig zeichnen, ist es aus unserer Sicht unerlässlich, dass unser Sachverstand bereits in der Phase der Aufgabendefinition, Diskussion und Entscheidungsfindung im G-BA eingebunden wird. Deswegen setzten wir uns für eine institutionalisierte Verankerung der BZÄK im G-BA ein.

In der Gesundheitspolitik ist ein qualitätsorientierter, ökonomisch ausgerichteter Wettbewerb gewollt, der mit dem Schlagwort Versozialrechtlichung zusammengefasst werden kann – ein langwieriger Prozess mit weitreichenden Konsequenzen. Großer Trend: Die Konvergenz der Systeme zwischen PKV und GKV, erst jüngst wieder erkennbar beispielsweise an den heißen Diskussionen um das – bisher von uns erfolgreich bekämpfte – Instrument der Öffnungsklausel in der GOZ-Novelle. Aber auch der Einfluss europäischer Direktiven und Richtlinien wirkt verändernd auf den Berufsstand ein, EU-Regeln greifen in nationale Belange ein, wie beispielsweise die Richtlinie über Patientenrechte oder die über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Gefahren für den Berufsstand drohen von einer weiteren Seite. So lassen die jüngsten Diskussionen um den Bachelor-Master-Studiengang Medizin der „European Medical School Oldenburg Groningen“ (EMS) den Diskurs um die vermeintliche Sinnhaftigkeit von Bachelor-Abschlüssen in der Medizin und damit auch in der Zahnmedizin wieder aufleben. Trotz des strikten Neins vom Bundesgesundheitsministerium ist dieses Thema noch nicht vom Tisch und muss auch vor dem Hintergrund der Novellierung der Approbationsordnung für Zahnärzte sauber definiert werden.

Eng damit verknüpft ist die Akademisierung von Heilhilfsberufen und die Grenzziehung von Delegation und Substitution bei ärztlichen Leistungen. Da sind wir Zahnärzte mit unserem klar definierten Delegationsrahmen zwar gut aufgestellt, jedoch wird uns dieser Bereich auch über die Entwicklungen im ärztlichen Sektor weiter verfolgen. Nicht zuletzt werden wir uns auch zu Fragen der Verkammerung weiterer nicht-freier Berufe zu positionieren haben, genauer gesagt im Pflegebereich. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Pflegeberufen im Gesundheitswesen wird das Thema virulent, und es gilt, die Rolle der Kammern als Vertretungen von Freien Berufen herauszustellen.

Der Berufsstand muss die Zeichen der Zeit erfassen und sich dazu aufstellen. Und diese stehen auf Veränderung. Unsere Positionen sind fest umrissen. Der Paradigmenwechsel ist für uns kein bloßes Schlagwort, sondern gelebte Realität, bei der wir uns im Sinne des Berufsstandes gestalterisch einbringen werden.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer

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