Bayerischer Zahnärztetag 2012

Bestrafte Prävention

Zahnmedizin wird für die systemische Gesundheit und allgemeinmedizinische Prävention der Bevölkerung wichtiger. Das hat das wissenschaftliche Programm des diesjährigen Bayerischen Zahnärztetages (18. bis 20. Oktober in München) erneut bestätigt. Die beispielhaften Erfolge in der Kariesprävention und Zahn-erhaltung werden aber nicht honoriert, mahnt Bayerns zahnmedizinische Standes-vertretung. Einsparungen in der Prävention blieben in den Taschen der Krankenkassen und würden nicht – wie notwendig – in die Versorgung reinvestiert.

Ist das Image der Zahnärzte so schlecht, wie die öffentlichen Angriffe der Krankenkassen es nahelegen? Bayerns Zahnärztekammerpräsident Prof. Dr. Christoph Benz ist, wie seine Begrüßungsworte zum Zahnärztetag zeigten, vom Gegenteil überzeugt: „Die Wirkung der Nadelstiche verpufft erstaunlich schnell, da existiert ein neues Bild in der Öffentlichkeit.“ Sein Vergleich, Deutschlands Zahnärzteschaft sei „’Apple’ unter den Ärzten“, wurde im Laufe des Zahnärzte- tages mit Beispielen belegt.

Aus gleichem Grund warnte Bayerns KZV-Vorsitzender Dr. Janusz Rat – der Bayerische Zahnärztetag wurde erstmals gemeinsam von Kammer und KZV veranstaltet – den Gesetzgeber vor „laufend neuen Ideen der Bürokraten in Berlin“. Es sei nicht sinnvoll, „die Zahnärzte mit ’abzudingen’, wenn man eigentlich die Ärzte im Fokus hat“. Dass Bayerns Zahnärzte sich als „Puffer“ zwischen Politik und Patienten verstünden, sei praktizierter Patientenschutz, erklärte Rat mit Blick auf das aktuell anstehende Patientenrechtegesetz.

Auch BZÄK-Präsident Dr. Peter Engels Adresse an die Gesundheitspolitiker war eine Mahnung, endlich neue Wege „dauerhafter Finanzierbarkeit“ zu gehen. Der „Goodwill“ aller Beteiligten sei an sein Ende gekommen, Ökonomisierung wie auch die Kommerzialisierung hätten sich längst als „Feinde vernünftiger Zahnheilkunde“ erwiesen. Gleichzeitig ermutigte Engel die Teilnehmer des Zahnärztetages, ihre Rolle als „Sachwalter der Patienteninteressen“ durch den Willen zur freiwilligen Fortbildung nach außen darzustellen. Diese Motivation sei Maßgabe für das berufliche Handeln des Berufstands.

Bayerns Gesundheitsminister Dr. Marcel Huber bestätigte die Standesvertreter in ihrer Einschätzung und bekräftigte ausdrücklich seinen Willen zum Dialog mit der Zahnärzteschaft. Huber lobte: „Es ist nicht selbstverständlich, dass man die Missstände beklagt“, zum Teil Gesetze für verfassungswidrig halte, sich aber trotzdem für Prävention und die Gesundheit der Patienten einsetze. Unterstützt wurde Huber durch seinen für Wissenschaft und Forschung zuständigen Ressortkollegen Dr. Wolfgang Heubisch, der insbesondere bedauerte, dass die neue Approbationsordnung für die Zahnärzte auf Bundesebene immer noch nicht umgesetzt sei. Versöhnlich stimme, so bekräftigte auch Heubisch, dass endlich die „Praxisgebühr“ abgeschafft sei: „Ärzte und Zahnärzte sind keine Geldeintreiber.“

Verschobene Grenzen

Wie erfolgreich zahnmedizinische Versorgung aktuell sei, verdeutlichten der Prothetiker Dr. Paul Weigl (Universität Frankfurt/Main) und der MKG-Chirurg und Implantologe Prof. Dr. Dr. Joachim E. Zöller (Universität Köln) stellvertretend für ihre vortragenden Kollegen anlässlich des Pressegesprächs am 19. Oktober. Zöllers Statement, die Chirurgie könne „sehr viel, die Grenzen haben sich erheblich verschoben“ wurde folgerichtig vom Bayerischen LZK-Vizepräsidenten Christian Berger ergänzt: „Die Zahnmedizin von heute kann nicht mit den Preisen von vor vierzig Jahren bezahlt werden.“

Implantatprothetik, das diesjährige Generalthema der Fortbildung, werde heute, so Weigl, an der Universität gelehrt und gehöre entsprechend in jede Praxis. Aber auch der Druck der Patienten sei gestiegen. Letztlich gelte es, dass der Zahnarzt als Generalist seine Grenzen erkenne und entsprechend Chirurgie in andere Hände gebe.

KZVB-Vorstandsmitglied Dr. Stefan Böhm konstatierte, dass insbesondere die mit Einführung der Festzuschüsse eingesparten Millionensummen trotz vorhandenen Bedarfs nicht in andere Bereiche der zahn- medizinischen Versorgung zurückgeflossen seien – und das, obwohl der Anteil der Zahnmedizin an den Gesamtausgaben des Gesundheitswesens in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sei. So wird Prävention bestraft.mn

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