Der besondere Fall

Malignes Melanom der Helix

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Eine ansonsten gesunde 23-jährige Patientin wurde mit einer Hautveränderung an der Helix auf Höhe des Antitragus des linken Ohres über die Dermatologie kommend vorgestellt. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine 3 bis 4 mm große, rötliche, erhabene, kreisrunde Veränderung der Helix direkt aufgelagert (Abbildung 1). Die Veränderung war erstmalig vier Monate zuvor aufgefallen und hatte kontinuierlich an Größe zugenommen.

Eine alio loco durchgeführte pathohistologische Untersuchung ergab das Krankheitsbild einer atypischen spitzoid melanozytären Proliferation mit einzelnen Mitosen zur Tiefe, so dass die Diagnose eines atypischen Spitz-Naevus gestellt wurde, die durch eine Referenzpathologie bestätigt wurde.

Somit stand differenzialdiagnostisch ein malignes Melanom im Raum. Vor diesem Hintergrund wurde bei sonomorphologisch einzelnen, ipsilateralen, aber zum Teil deutlich vergrößerten Lymphknoten (Abbildungen 2a und 2b) eine Sentinellymphknotenbiopsie durchgeführt, um für den potenziellen Fall des Vorliegens eines malignen Melanoms die Sicherheit für die Patientin zu erhöhen. Der Befund am Ohr selbst wurde zur Wahrung der Ästhetik als kleiner Keil entsprechend des atypischen spitzoiden Naevus entfernt (Abbildung 3).

Die histopathologische Aufbereitung des Keilresektats ergab dann doch immunhistochemisch bestätigt die Diagnose eines malignen Melanoms, so dass in einer weiteren Operation ein entsprechender Sicherheitsabstand geschaffen wurde (Abbildungen 4 und 5). Bei nicht befallenen Sentinellymphknoten wurde hier auf eine weitere Therapie der drainierenden Lymphknoten verzichtet.

Im anschließenden kompletten Staging der Patientin wurden keine metastatischen Absiedlungen des malignen Melanoms gefunden, so dass die Patientin sich zurzeit im onkologischen Recall befindet.

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Diskussion

Benigne und maligne von den Melanozyten ausgehende Hauttumore haben über die vergangenen Jahrzehnte an Häufigkeit deutlich zugenommen. Um das Jahr 2000 war das Lebenszeitrisiko in den USA an einem malignen Melanom zu erkranken bei etwa 1 auf 87 Einwohner. Für das Jahr 1935 lag dieses Risiko noch bei 1 zu 1 500. Gründe für diesen Wandel liegen in der höheren UV-Lichtexposition bei auch verändertem Freizeitverhalten, aber auch die diagnostischen Möglichkeiten erlauben eine bessere Diagnostik [Mentzel T, 2007].

Melanozytäre Naevi und auch Spitz-Naevi werden als Vorläuferläsionen eines malignen Melanoms angesehen. Genetisch werden sie als „malignant melanoma in senescence“ angesehen, das heißt als alterndes Melanom, da hier noch apoptotische Vorgänge stattfinden [Mentzel T, 2007]. Der Begriff Spitz bezieht sich auf Sophie Spitz, eine US-amerikanische Pathologin mit deutschen Vorfahren, die sich mit als Erste um diese Thematik bemühte [Spitz S, 1948].

Es gibt um die 15 Subtypen des Spitz- Naevus. In manchen Fällen gelingt es aber auch durch Referenzpathologien nicht, die Dignität des spitzoiden Befunds zu bestimmen. In diesen Fällen spricht man von einem atypischen Spitz-Tumor, wie auch in der initialen Histologie im vorliegenden Fall. Es gibt Autorengruppen, die den atypischen Spitz-Naevus als „low-grade“-malignes Melanom verstehen, also als maligne [Rutten A, 2007], was durch Spitz erstmalig vorgeschlagen wurde [Spitz S, 1948].

Bezüglich der Klinik und der Histologie gibt es hinsichtlich zahlreicher Eigenschaften Unterschiede zwischen einem Spitz-Naevus und einem spitzoiden Melanom (Tabelle), die allerdings nicht immer wegweisend sind. Bei der Diagnose eines atypischen Spitz-Tumors sollte eine Gesamtexzision durchgeführt werden unter Wahrung eines kleinen Sicherheitsabstands. Bei Vorliegen eines spitzoiden malignen Melanoms mit Tumordicke von mehr als einem Millimeter wird die Sentinellymphknotenbiopsie als zusätzliches Diagnostikum empfohlen [Rutten A, 2007; AWMF, 2013].

Im vorliegenden Fall gab es diagnostisch Schwierigkeiten, den Befund klar zu benennen, so dass initial ein atypischer Spitz-Naevus diagnostiziert wurde. Das zusätzliche Vorliegen von deutlich vergrößerten Lymphknoten führte zu dem Entschluss, bereits bei der Primärtherapie des noch als Spitz-Naevus gehandelten Befunds eine Sentinellymphknotenbiopsie durchzuführen.

Erst an dem Präparat der ersten Resektion wurde final die Diagnose eines malignen Melanoms gestellt, so dass zur Wahrung eines größeren Sicherheitsabstands nachreseziert wurde.

PD Dr. Dr. Christian WalterDr. Dr. Keyvan SaghebDr. Tasso von HaussenKlinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische OperationenUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzAugustusplatz 255131 Mainzwalter@mkg.klinik.uni-mainz.de

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