Der Fall Dr. Peter K.

Lockere Kontoführung - schlechte Zinskonditionen

Michael Vetter
Heilberufler gelten bei Banken als besonders solvente und solide Kunden. Dennoch sind auch sie nicht vor negativen Überraschungen gefeit. So erging es Zahnarzt Dr. Peter K., als sein Wunsch nach niedrigeren Zinsen durch seine langjährige Hausbank einfach abgelehnt wurde. Welche Überraschungen das Rating beziehungsweise Scoring seitens der Banken bereithalten kann, zeigt der folgende Praxisfall.

Neben diversen betrieblichen Darlehen sowie einem langfristigen Immobilienkredit nimmt Peter K. seit Jahren den Überziehungskredit auf seinem Praxiskonto in Anspruch. Bei einem Kreditlimit von 40.000 Euro, das er fast immer vollständig ausnutzt, zahlt er dort Zinssätze, die nahezu ununterbrochen zwischen neun und zehn Prozent pro Jahr liegen. An dieser Zinsspanne hält seine Bank seit immerhin schon mehr als zwei Jahren konsequent fest. Hinzu kommen Überziehungszinsen von weiteren sechs Prozent, die K. naturgemäß immer dann zusätzlich zahlen muss, wenn das Kreditlimit von 40.000 Euro vorübergehend nicht ausreicht. Ist dies der Fall, telefoniert er mit dem zuständigen Bankmitarbeiter, der bisher weitgehend komplikationslos „grünes Licht“ für die jeweils tageweise erfolgende Kontoüberziehung gibt.

Diese Vorgehensweise der „Liquidität auf Zuruf“ ist für K. letztlich zwar kostspielig, aber eben auch äußerst bequem. Seit dem letzten Gespräch mit seinem Steuerberater hat K. mittlerweile aber Zweifel, ob die tatsächlichen Kosten durch diese Bequemlichkeit auch aufgewogen werden: Neben den „normalen“ Überziehungszinsen des vergangenen Jahres von rund 4.000 Euro kamen weitere 500 Euro Überziehungszinsen hinzu.

Können die Zinskosten gesenkt werden?

Ganz zu schweigen von den Darlehenszinsen (im Durchschnitt liegen diese bei fünf Prozent) von etwa 15.000 Euro im Jahr. Im Ergebnis beträgt die letztjährige Gesamtbelastung an Kreditzinsen also nahezu 20.000 Euro. Vor allem durch die zurückgehende Anzahl an Privatpatienten fällt es K. jetzt nicht mehr – wie in den Vorjahren – relativ leicht, diesen Kostenfaktor einfach hinzunehmen. Er bat daher um ein Gespräch mit seiner Hausbank, der örtlichen Sparkasse, um dieses Thema zu problematisieren und um gemeinsam nach einer tragfähigen Lösung zu suchen.

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Überraschend negative Kreditbeurteilung

Dieses Gespräch, das vor einigen Wochen stattfand, hatte es in sich und nahm schließlich einen überraschenden Verlauf. Im Mittelpunkt standen zwar zunächst die Zinskosten, schnell wurde aber beiden Seiten klar, dass das Problem weitaus tiefer liegt als ursprünglich gedacht. Eher beiläufig wurde nämlich seitens des Steuerberaters die Frage gestellt, mit welcher Scoring-Note K. von der Sparkasse überhaupt beurteilt wird. Immerhin, so argumentierte er, „müsse sich doch eine akzeptable Scoring-Note (von der sowohl K. als auch sein Steuerberater bisher offensichtlich ausgingen) im jeweiligen Kreditzinssatz widerspiegeln“.

Die Antwort des Sparkassenmitarbeiters war dann allerdings alles andere als erfreulich, als jener die Scoring-Note „zwölf“ nannte und damit auch die Zinssatzhöhe begründete. Zur Erklärung: Das Ratingsystem seiner Sparkasse erhält Scoringstufen von eins bis 18. Mit einer „Zwölf“ bewegt sich K. damit in einem für ihn nicht ungefährlichen Bereich, der bei einer „Stabilisierung“ auf diesem Niveau wenige Chancen für zukünftig verbesserte Zinssätze zulässt. Mehr noch: Kämen schlechtere betriebswirtschaftliche Zahlen der Praxis mit einer in der Folge damit verbundenen weiteren Abstufung seiner Scoring-Note hinzu, wäre selbst die Gewährung weiterer Kredite in Gefahr.

Nach der ersten Überraschung machten K. und sein Steuerberater deutlich, dass sie diese Information bereits viel früher erwartet hätten. Durch das Schweigen der Bank sei immerhin der nachhaltige Eindruck entstanden, dass „alles in bester Ordnung“ sei. Diesen Vorwurf wiederum konterte der Sparkassenmitarbeiter mehr oder weniger lapidar mit dem nicht zu leugnenden Hinweis, dass es aufseiten seines Hauses „niemals ernsthafte Probleme bei der Bereitstellung von Krediten auch außerhalb der bestehenden Kreditlinien gegeben habe“. Damit bezog er sich natürlich auf die erwähnten regelmäßigen Überziehungen des Geschäftskontos über das Kreditlimit von 40.000 Euro hinaus.

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Art und Weise der Kontoführung besonders wichtig

Interessant waren in diesem Zusammenhang die dann folgenden Ausführungen des Bankmitarbeiters, als er die konkreten Gründe für das für K. und seinen Steuerberater überraschend unbefriedigende Scoring nannte. Es handelte sich nämlich um die Art der Kontoführung durch K., die einerseits durch die Sparkasse zwar toleriert worden sei, die andererseits aber eben auch im unterdurchschnittlichen Scoring zum Ausdruck komme. Bei diesen Kritikpunkten geht es im Einzelnen um

  • die nahezu ununterbrochene Ausnutzung des Kreditlimits von 40 000 Euro,

  • die mehr oder weniger regelmäßigen, wenn auch von der Sparkasse geduldeten Überziehungen über dieses Kreditlimit hinaus

  • die durch die Bank nicht erkennbare Bereitschaft von K., zumindest einen Teil des Kreditlimits schrittweise zurückzuführen. Schließlich sei diese Problematik vom Kreditinstitut in der Vergangenheit mehrere Male angesprochen worden.

Immerhin räumte der Kundenberater für die derzeitige Situation zumindest eine „gewisse Mitverantwortung“ ein. Die Sparkasse hätte in der Vergangenheit in der Tat deutlicher machen müssen, dass eine derartige Kontoführung Einfluss auf das Scoring hat. Da sich aber offensichtlich weder K. noch die Sparkasse bisher um eine entsprechende Transparenz und eine bankseitige detaillierte Vermittlung des Scorings bemüht hätten, sei das jetzt festgestellte Ergebnis für beide Seiten eben alles andere als zufriedenstellend.

Als Sofortmaßnahme wird es nun kurzfristig ein Gespräch geben, an dem neben K. und seinem Steuerberater der schon beim ersten Gespräch anwesende Sparkassenmitarbeiter sowie ein Bilanzanalyst der Sparkasse teilnehmen. Dieser wird detailliert auf das Scoring mit seinen wichtigen Faktoren eingehen und K. konkrete Verbesserungsmöglichkeiten innerhalb seiner Praxis aufzeigen. Damit soll dieser in die Lage versetzt werden, seine Scoringnote und letztlich auch seine Kreditkonditionen mittelfristig zu verbessern.

###more### ###title### Harte und weiche Faktoren für die Beurteilung ###title### ###more###

Harte und weiche Faktoren für die Beurteilung

Neben den „weichen“ Faktoren, die im Wesentlichen die Unternehmensführung der Praxisverantwortlichen beschreiben, bilden die „harten“ Faktoren vor allem die wirtschaftlichen Rahmendaten der Praxis ab. Dabei ist die Gewichtung der harten Faktoren meist höher als jene der weichen Faktoren (Quote je nach Kreditinstitut meist sechzig zu vierzig).

Zunehmend ins Gewicht fällt bei den harten Faktoren offenbar die Kontoführung des Zahnarztes und damit dessen kurzfristige Liquiditätsplanung (manche Banken sprechen hier von den „harten Faktoren II“). Da dieser Zusammenhang bei Praxisinhabern häufig nicht bekannt ist, sollte er bei Kredit- und Scoringbesprechungen ebenfalls thematisiert werden.

Michael VetterFachjournalist für Finanzenvetter-finanz@t-online.de

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