Gesundheitsförderung

Der Einsatz lohnt sich

Mitarbeiter in Zahnarztpraxen haben jeden Tag ein vielfältiges und interessantes, aber auch ein anspruchsvolles Aufgabenspektrum zu bewältigen. Speziell der Umgang mit Patienten setzt ein hohes Maß an Empathie und Sozialkompetenz voraus. Umso wichtiger ist es, als Zahnarzt die eigene Gesundheit und die der Mitarbeiter im Auge zu behalten und das Team für das Thema zu sensibilisieren.

Studien belegen immer wieder, dass zu einem modernen und innovativen Praxiskonzept auch der Umgang mit physischen und psychischen Belastungen im Berufsalltag und Aspekte eines gesunden Lebensstils des gesamten Teams gehören. Diese „Investition“ in das Thema Gesundheit stärkt die Praxis und macht die eigenen Mitarbeiter zufriedener und leistungsfähiger. Dabei stellt sich vor allem die Frage, mit welchen Arbeitsanforderungen ein Team täglich konfrontiert wird und durch welche Maßnahmen der Berufsalltag in der Zahnarztpraxis „gesünder“ und entspannter gestaltet werden kann?

Berufsbedingt sind alle Mitarbeiter durch den Umgang mit unterschiedlichen Behandlungsmaterialien, Röntgenstrahlen, Biostoffen und Desinfektionsmitteln körperlichen Risiken ausgesetzt. Es empfiehlt sich, im Team regelmäßig interne Kurzworkshops zu Themen wie Händedesinfektion und Pflege, Ansteckungsgefahr und Schutzmaßnahmen bei Virusinfektionen oder Röntgenbelastung zu veranstalten (siehe Kasten).

Oft beschränkt sich der BUS-Dienst in der Praxis auf die Ernennung einer Beauftragten, die einmal im Jahr die Sicherheitsunterweisungen und Belehrungen vorliest und vom Team abzeichnen lässt. Um einen Einstieg in einen aktiveren Umgang mit gesundheitlichen Themen zu bekommen, bieten sowohl die Zahnärztekammern als auch die Berufsgenossenschaft zahlreiche Seminare und Ratgeber an.

Mit Physiotherapie den Rücken entlasten

Die einseitige ergonomische Belastung durch die Arbeitshaltung am Behandlungsstuhl ist ein weiteres ernst zu nehmendes Problem im Arbeitssystem Zahnarztpraxis. Auftretende Rückenbeschwerden stellen für den Zahnarzt und sein Team eines der weitverbreitetsten Gesundheitsprobleme dar, deren Risiken und Ursachen allerdings nach wissenschaftlichen Studien sowohl biomechanische als auch psychosoziale Gründe sein können. Neben ergonomisch optimal geformten Arbeitsstühlen kann eine interne physiotherapeutische Schulung mit dem Praxisteam ganz individuell die vielseitigen Belastungen am Arbeitsplatz beleuchten. Unterschiedliche Arbeitshaltungen bei einzelnen Behandlungen können so direkt in der Praxis demonstriert werden und oft helfen einfache Hinweise im Hinblick auf die Sitzhaltung und gezielte Übungen zwischen einzelnen Arbeitsschritten, um den Rücken zu entlasten.

Diese Maßnahmen wecken das Bewusstsein im Team für die eigene Gesundheit und ermuntern gleichzeitig zu sportlicher Freizeitaktivität, die effektiv dabei hilft, sich physisch und psychisch zu entspannen. Zusätzlich kann man im Rahmen von 500 Euro pro Jahr seine Mitarbeiter mit Rückengymnastik, Massage oder Entspannungskursen unterstützen – ein motivationsfördernder Bonus mit Gesundheitseffekt!

Mehr psychosomatische Erkrankungen

Doch nicht nur die einseitige Körperhaltung ist bei Zahnärzten und beim Zahnarztteam für Rückenleiden verantwortlich, sondern nach arbeitsmedizinischen Untersuchungen auch Faktoren wie lange Arbeitszeiten, Zeitdruck bei der Behandlung, häufige Störungen und Unterbrechungen, die hohe Verantwortung für Menschen und temporär wenig Kommunikation mit Kollegen. Das bedeutet, dass sich individuell empfundene Belastungen am Arbeitsplatz meistens zunächst in psychosomatischen Krankheitsbildern wie Rückenschmerzen oder Bluthochdruck äußern, obwohl die Ursache oft in einer psychischen Überlastung liegt.

Der Gesundheitswissenschaftler Prof. Bernhard Badura weist darauf hin, dass in den Arbeitsunfähigkeitsstatistiken der vergangenen Jahre eine Veränderung des Krankenspektrums von dominierend chronisch körperlichen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf hin zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen festzustellen ist [Badura et al., 2010].

In einer Studie des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen und des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaften wurde deutlich, dass Beschäftigte die relevantesten Belastungen in den Bereichen „Arbeitsorganisation“ und „soziale Beziehungen“ am Arbeitsplatz benennen [Holm/Geray, 2012]. Festzustellen ist jedoch, dass psychische Belastungen meistens multifaktoriell begründet sind und die Ursachen nicht ausschließlich im betrieblichen Bereich zu suchen sind. Ebenso sind gesellschaftliche Faktoren oder familiäre Probleme als Auslöser für psychische Erkrankungen zu nennen. Diese sind als Praxisinhaber gar nicht oder nur eingeschränkt beeinflussbar, Faktoren wie Arbeitsorganisation oder die Kollegialität im Praxisteam unterliegen jedoch der direkten Steuerung der Praxisführung.

QM als aktiver Gesundheitsschutz

Ein in der Praxis gemeinsam erarbeitetes Qualitätsmanagement (QM) ist eine Methode, dauerhaft die Qualität der Arbeitsprozesse zu sichern, um gerade in beruflichen Belastungssituationen organisatorische Störungen zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, QM als einen ständigen und dynamischen Prozess zu verstehen, um gerade unter Zeitdruck Arbeitsabläufe zu optimieren und Fehler zu vermeiden. Ein wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang die Entwicklung von individuellen Checklisten beispielsweise für Behandlungsvorbereitungen, für Hygieneabläufe oder für Verhaltensmuster bei Notfallpatienten. Diese sollten gemeinsam im Team erarbeitet und immer wieder aktualisiert werden. Das schafft Sicherheit und Orientierung im Arbeitsalltag, auch können sich neue Mitarbeiter anhand dieser Unterlagen schneller in die Abläufe einer Praxis einarbeiten.

Die hohen täglichen Anforderungen an die Flexibilität im Arbeitsablauf für die Mitarbeiter einer Zahnarztpraxis sind nur dann gut zu bewältigen, wenn die gegenseitige Unterstützung gut funktioniert. Dazu gehören eine transparente Kommunikation zwischen Zahnarzt und Mitarbeitern und vor allem auch kollegiale Absprachen im gesamten Team. Soziale Konflikte im Team können den Berufsalltag sehr belasten und bei dauerhaftem Zustand zu einer erheblichen psychischen Belastung von Mitarbeitern führen.

Führungsstil und Fehlzeiten bedingen sich

Dabei sind eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und ein – im Bedarfsfall – kompetentes Konfliktmanagement nach dem Ergebnis empirischer Studien deutlich mit der Führungskompetenz des Vorgesetzten verknüpft. Eine Studie der Bertelsmann AG hat nachgewiesen, dass sich ein als positiv empfundener Führungsstil direkt positiv auf die Leistung der Beschäftigten und die Krankheitsquote auswirkt [Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2011].

Kritisch ist jedoch anzumerken, dass die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern als eine subjektive, schwer messbare Einschätzung betrachtet wird, während Fehlzeiten objektiv durch Atteste nachgewiesen werden können. Dennoch scheint es Indikatoren für eine positive Mitarbeiterführung zu geben, die die physische und psychische Gesundheit positiv beeinflussen [Zok, 2011].

Zweifellos gehören dazu regelmäßige Teamsitzungen, in denen wichtige Praxisbelange besprochen werden und Mitarbeiter eigene Verbesserungsvorschläge machen können. Ebenso können regelmäßige interne Bereichsgespräche der Assistenz, der Verwaltung oder der Prophylaxe die gute Zusammenarbeit im Team fördern. Denn eine offene Kommunikation wirkt sich positiv auf die sozialen Beziehungen, das bedeutet die Kollegialität des Praxisteams, aus, macht es einfacher, Konflikte und Fehlverhalten konstruktiv anzusprechen, und fördert das gegenseitige Vertrauen und die Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter.

Teamsitzungen und Einzelgespräche

Jährliche Einzelgespräche über die Position und Ziele der Mitarbeiter sind eine weitere Möglichkeit der individuellen Weiterentwicklung. Wissen Führungskräfte um die Fähigkeiten und Ziele ihrer Mitarbeiter, können Aufgaben nach Profil zugewiesen werden und psychischer Stress kann durch Über- oder Unterforderung verringert werden. Aus gesundheitswissenschaftlicher Perspektive verweisen Studien deutlich auf einen Zusammenhang zwischen Arbeitsmerkmalen wie Arbeitsplanung und Kompetenzzuordnung, Bedeutsamkeit der Aufgabe, Weiterentwicklungsmöglichkeiten und dem Wohlbefinden der Mitarbeiter [Vincent, 2011].

Sicherlich ist dies alles im Alltag einer Zahnarztpraxis nicht immer einfach umsetzbar. Die zunehmenden Herausforderungen des Arbeitslebens beanspruchen die volle Arbeitskraft und lassen oft wenig Raum für derartige Themen. Aber schon einzelne Maßnahmen können individuell Schritt für Schritt in den Praxisalltag integriert werden und somit das Bewusstsein des Teams für Zusammenarbeit, Stressbewältigung und gesundheitliche Förderung wecken.

Der Einsatz lohnt sich: Denn Führungskräfte wie Zahnärzte tragen auch für ihre eigene Gesundheit eine große Verantwortung und übernehmen eine Vorbildfunktion im Team. Ohne die Unterstützung motivierter und gesunder Mitarbeiter ist eine qualitäts- orientierte Behandlung der Patienten jedoch nicht möglich und bedeutet für den Zahnarzt selbst eine große Belastung.

Ute WintererPraxismanagerinKommunikationswissenschaftlerinpraxis@winterer.info

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