Geldanlage 2015

Die Herausforderung annehmen

Geld gewinnbringend anzulegen stellt die Anleger vor immer größere Probleme. Die Zinsen bleiben niedrig, die Wirtschaftsaussichten eher schlecht, der Euro schwach, die Immobilienpreise hoch – wie soll man darauf reagieren? Die Antwort kann nur lauten: Bedürfnisse und Risikoneigung prüfen und das Vermögen entsprechend anlegen.

Es gilt, was schon in den vergangenen Jahren gegolten hat. Die Bedingungen für die Geldanlage werden in 2015 nicht besser, sondern eher schlechter. Das lassen jedenfalls die Prognosen der Banken und Wirtschaftsinstitute vermuten. So rechnet Stefan Schneider, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, zwar mit einer „allmählichen Erholung der Weltwirtschaft“. Er geht von einem weltweiten Wachstum von 3,6 Prozent aus. Europa aber sieht er zurückfallen.

Der Grund: „Der Reformstau in einigen Ländern und fehlende Investitionen erlauben in Europa im kommenden Jahr nur ein Wachstum von 0,8 Prozent.“ Auch in Deutschland wird die Wirtschaft nach Schneiders Meinung nicht stärker wachsen. Da ist er sich mit den Experten des Ifo-Instituts und der EU einig. Sie alle haben ihre Erwartungen für Europa und Deutschland nach unten korrigiert. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, ist sich sicher, dass „Europa noch immer nicht aus der Krise heraus ist“.

Pessimistisch gibt sich auch Robert Halver, Kapitalmarkt- und Börsenexperte von der Baader Bank: „Es wird alles dafür getan, damit die Eurozone überlebt. Wir müssen wachsen, damit wir unsere Staatsverschuldung finanzieren können.“ Vor allem bemängelt er, dass die Probleme der Eurozone immer noch mit denselben Mitteln bekämpft werden, die zu den Problemen geführt haben. Er ist sich sicher, dass die EZB mit Mario Draghi an der Spitze noch einige Überraschungen bereithält. Eine davon könnte die Abschaffung des Bargelds sein, vermutet Halver: „Wenn das Geld auf den Bankkonten bleiben muss, ist es sehr viel einfacher, Guthaben mit negativen Zinsen zu belasten.“

Glaubt man den EZB-Experten, bleiben die drastischen Maßnahmen „alternativlos“. Und wiederholt man diesen Begriff häufig genug, so finden sich die deutschen Sparer mit vielem ab. Andererseits hat zumindest die von den Wirtschaftsweisen so häufig beklagte niedrige Inflation auch ihre guten Seiten. So lange die Geldentwertungsrate im Bereich unter einem Prozent dümpelt, bleibt von den mageren Sparzinsen wenigstens ein kleiner Gewinn übrig.

Damit Anleger ihr Depot trotz der widrigen Bedingungen möglichst optimal strukturieren können, sollten sie zunächst ein wenig Selbstbeschau halten. Für Niels Nauhauser, Anlageexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, sind diese Überlegungen sowieso essenziell: „Wichtiger als Prognosen zu beachten, ist es, die Grundregeln der Geldanlage anzuwenden: genügend Rücklagen bilden für Anschaffungen, Kredite tilgen, die Risikobereitschaft ermitteln und das Geld auf verschiedene Anlageklassen verteilen.“

Anlagenbereiche überprüfen

Diese Verteilung muss von Zeit zu Zeit überprüft werden. Doch bevor man ans Werk geht, sollte man sich über die Marktgegebenheiten in den einzelnen Sparten informieren:

• Tagesgeld, Festgeld, Sparbriefe

Vielen Anlegern, die sich von der Politik der EZB haben verunsichern lassen, parken fast ihr ganzes Vermögen auf Tagesgeldkonten. Die besten Konditionen bieten derzeit die PSA Bank mit 1,5 Prozent oder die Sberbank mit 1,3 Prozent. Da bleibt zwar bei einer Inflationsrate von 0,8 Prozent immer noch ein halbes Prozent übrig. Doch langfristig betrachtet dürfte der Verbleib des Ersparten auf dem flexiblen Konto keine gute Lösung sein. Zwei bis drei Monatseinkommen reichen als Reserve, um etwa eine Waschmaschine zu ersetzen oder eine unvorhergesehene Autoreparatur zu bezahlen.

Die Zinsentwicklung im nächsten Jahr dürfte kaum besser ausfallen als in 2014. Zwar darf man auf eine Zinswende in den USA hoffen, die vielleicht im zweiten Quartal eintreten wird. Theoretisch würde dann viel Geld von deutschen Konten in die Staaten wandern. Um dies zu verhindern, müssten die deutschen Banken mit ihren Konditionen nachziehen. Doch Draghi hat bereits angekündigt, in 2015 Staatsanleihen aufzukaufen und auf diese Weise noch mehr Geld in die Märkte zu pumpen. Also werden die Zinsen in Deutschland eher sinken als steigen. Liebhaber von Tagesgeldkonten können dann höchstens ihr Geld von Bank zu Bank schieben, immer dorthin, wo es grade ein oder zwei Zehntelprozent mehr an Zinsen gibt.

Wem das zu anstrengend ist, der kann sich beim Festgeld umsehen und sein Geld für einige Monate oder auch Jahre festlegen. Für 10 000 Euro auf zwölf Monate fest zahlt die polnische Alior zurzeit 1,6 Prozent, die Deniz Bank 1,5 Prozent. Um eine bessere Rendite zu erzielen, muss man länger auf sein Geld verzichten. Bei 36 Monaten Laufzeit liegen die russischen Banken ebenfalls vorn: Sberbank 2,20 und VTB Bank 2,10 Prozent. Bei beiden Instituten gilt die österreichische Einlagensicherung, weil das Geld deutscher Anleger auf die Konten bei den Wiener Töchtern wandert.

Wer sich dennoch damit nicht wohlfühlt, kann für 10 000 Euro bei der Alior-Bank ebenfalls 2,10 Prozent erzielen. Bei allen gilt die europäische Einlagensicherung. Danach sind 100 000 Euro sicher. Mit 1,55 Prozent Zins lockt als bestes deutsches Institut die ABC Bank ihre Kunden.

Mit Sparbriefen kann man sich diese Konditionen auch für vier Jahre sichern. Glaubt man den düsteren Prognosen von Robert Halver, schadet es wahrscheinlich nicht, sich die Zinsen für zwei bis vier Jahre zu sichern. Zumindest erfordert die Anlage in Spar- briefe, wenn man die 100 000-Euro-Grenze nicht überschreitet, keine allzu große Risikobereitschaft.

Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, bleibt mit seinem Geld in Deutschland. Auch bei den Sparbriefen ist die ABC Bank mit 1,60 Prozent für vier Jahre Laufzeit derzeit die günstigste deutsche Adresse. Wer einen größeren Teil seines Vermögens in Zinsanlagen festlegen möchte, kann nach Laufzeiten gestaffelt anlegen. So kann man trotz Festanlagen mit den jeweils frei werdenden Beträgen auf veränderte Zinsen reagieren und das Geld zu besseren Konditionen wieder anlegen. Sparbriefe stehen wie Fest- und Tagesgeld unter dem Schutz der Einlagensicherung. (Alle Konditionen von Anfang Dezember 2014.)

• Anleihen

Jetzt in Anleihen zu investieren ist ebenfalls eine Gratwanderung. Denn lange laufende Papiere von Emittenten guter Bonität sind nicht unbedingt mit attraktiven Zinsen ausgestattet. Das sieht auch Peter Hieber, unabhängiger Finanzberater in Leonberg, so: „Die derzeitigen Renditen bei Anleihen basieren nur auf Kursanstiegen. Steigen die Zinsen wieder, sinken die Kurse.“ Für Anleger werden die niedrig verzinsten Papiere uninteressant. Und von Papieren, die mit höheren Zinsen ausgestattet sind, sollten vernünftige Anleger Abstand nehmen. Denn in vielen Fällen sollen die besseren Konditionen eine mangelnde Bonität des Emittenten ausgleichen.

Uninteressant geworden sind deutsche Staatsanleihen. Zehnjährige Papiere rentieren beispielsweise nur noch mit 0,7 Prozent. Professionelle Investoren setzen auf Unternehmensanleihen von Emittenten mit guter Bonität. Dazu gehören zum Beispiel die auf australische Dollar lautende Anleihe von Daimler, Laufzeit bis März 2016, oder das Papier des amerikanischen Mischkonzerns General Electric. Es läuft bis März 2018 und lautet auf neuseeländische Dollar. Weil die Papiere sehr begehrt sind, steigen die Kurse. Zusätzlich tragen die Käufer das jeweilige Währungsrisiko. Für private Anleger, die sich mit der Anlage in Anleihen besser fühlen, eignen sich eher Rentenfonds. Dabei investieren professionelle Manager das Geld der Anleger in viele verschiedene Papiere und streuen so die Risiken.

• Aktien

Wie in 2014 dürften auch im neuen Jahr Aktien das Mittel der Wahl sein, jedenfalls für alle, die für ihr Geld eine einigermaßen ordentliche Rendite erzielen wollen. Peter Hieber stellt fest: „Es gibt keine Alternative zu Aktien.“ Sie sind aber keine Empfehlung für eine kurzfristige Anlage. Hieber wünscht sich von den Anlegern eine langfristigere Denkweise und rechnet vor: „Ein Zahnarzt arbeitet vielleicht 30 bis 35 Jahre lang und ihn erwartet danach ein etwa 30 Jahre dauerndes Leben als Ruheständler. Insgesamt kann er für einen Anlagezeitraum von rund 30 bis 40 Jahren planen.“ In dieser Zeit lassen sich viele Höhen und Tiefen an der Börse aussitzen.

So gab es zu Beginn der Krise in 2008 einen Einbruch von 45 Prozent. In 2011 und 2012 erreichte die Börse schon wieder Höchststände und Ende 2014 arbeitet sich der Dax an der 10 000-Punkte-Marke ab. Doch sein Interesse allein auf die deutsche Börse zu richten, wäre falsch. Dazu Hieber: „Der Anteil der deutschen Aktien an allen Aktien weltweit beträgt nur drei Prozent.“

Das ist genauso viel wie die Schweiz, Australien oder Frankreich bieten. Damit die Investition in Aktien von Erfolg gekrönt wird, empfiehlt Hieber weltweit zu kaufen. Dazu gehören auch Papiere von asiatischen Börsen. „Das Wirtschaftswachstum findet derzeit in Asien statt“, rät der Berater zur Diversifikation. Wie sein Kollege und Verbraucherschützer Nauhauser empfiehlt auch Hieber den Kauf von Indexfonds, um die Kosten möglichst niedrig zu halten. Der Kauf von dividendenstarken Einzelwerten wie zum Beispiel Bayer oder Allianz eignet sich nur für Zahnärzte, die neben ihrem anstrengenden Beruf Gefallen an der ständigen Pflege ihres Depots haben.

•Immobilien

Viele Zahnärzte wohnen bereits im eigenen Haus. Vielleicht verfügen sie sogar schon über eine vermietete Eigentumswohnung. Sie sollten sich die Frage stellen, ob eine zusätzliche Investition in Immobilien rat-sam ist, weil eine solche Konzentration zu einem Klumpenrisiko führen könnte. Das bedeutet, dass bei einem Verfall der Immobilienpreise zu viel Kapital betroffen wäre. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn die Zinsen steigen. Dann steigen auch die Kosten für die Baufinanzierung. Das Interesse der Anleger wendet sich wieder verstärkt den Zinsanlagen zu und die Immobilienpreise sinken. Zurzeit aber sind die Preise für Häuser, Grundstücke und Wohnungen sehr hoch.

Wer dennoch mehr Geld in Betongold stecken möchte, kann über Offene Immo-bilienfonds nachdenken. Mehrere Fonds haben die Krise gut überstanden. Zwar bieten auch sie mit 2,5 Prozent keine aufsehenerregenden Renditen. Doch verteilt sich das Risiko statt auf ein Haus auf circa 100 Immobilien, die sich im Besitz des jeweiligen Fonds befinden. Außerdem muss man sich anders als bei vermieteten Objekten nicht um deren Verwaltung kümmern. Nauhauser rät: „Um die Risiken noch mehr zu streuen, verteilt man das Kapital auf mehrere Fonds und achtet dabei auf die Kosten. Die Gesamtkostenquote, im Fachjargon TER genannt, sollte nicht mehr als ein Prozent betragen.“

•Gold

Wie es scheint, sind die Zeiten, in denen Gold einen Höchstpreis nach dem anderen erzielte, vorbei. Für 2015 erwartet Eugen Weinberg, Chefanalyst für Rohstoffe bei der Commerzbank, eine zweigeteilte Entwicklung: „Gold dürfte aufgrund der näher rückenden Zinswende in den USA in der ersten Jahreshälfte unter Druck stehen. Für eine Preiserholung im zweiten Halb- jahr sprechen die steigenden Zinsen und die damit verbundenen erhöhten Kursschwankungen an der amerikanischen Börse sowie eine steigende Nachfrage in Asien.“

Im vergangenen Jahr erlebte das gelbe Metall einen Kurssturz von 1 400 auf 1 130 Dollar je Feinunze. Als Renditeobjekt eignet sich Gold nicht. Seriöse Anlageberater empfehlen die Beimischung von Gold nur zur Absicherung. „Mehr als fünf bis zehn Prozent sollten es nicht sein. Und zur Auf-bewahrung gehört es in den eigenen Safe“, rät Peter Hieber.

Breit streuen und besser schlafen

Wer sein Geld entsprechend der eigenen Risikobereitschaft auf die verschiedenen Anlageklassen verteilt, verschafft sich einen ruhigen Schlaf. Denn er muss nicht dauernd auf Veränderungen reagieren. Er hält das Auf und Ab an der Börse aus. Alle paar Monate überprüft er die Entwicklung seiner Anlagen. Sind zum Beispiel Aktien besonders gut gelaufen und hat sich so deren Anteil am Gesamtkonzept erhöht, verkauft der Anleger einen Teil der Papiere, um das Gleichgewicht im Depot wieder herzustellen.

Für alle, die mit bangen Blicken auf 2015 blicken, hält Niels Nauhauser einen Tipp bereit: „Prognosen sollte man auf keinen Fall Glauben schenken. Denn niemand kann die Marktentwicklung voraussehen.“ Das gilt auch für Hans-Werner Sinn, der jetzt plötzlich doch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,5 in Deutschland rechnet. Vielleicht überlegt er es sich ja auch wieder anders.

Marlene EndruweitFachjournalistin für Wirtschaftm.endruweit@netcologne.de

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