Hepatitis C

Hygienevorschriften zur Vermeidung von Hepatitiden in der zahnärztlichen Praxis

Hepatitis-B- und -C-Infektionen gehören neben der HIV-Infektion zu den wichtigsten infektiösen Risiken in der zahnärztlichen Praxis. Nach der HIV- ist die HCV-Infektion die zweithäufigste blutübertragbare Erkrankung. Zahnärzte sollten darüber informiert sein, dass bei einer Stichverletzung in ihrer Praxis ein Postexpositionsprozedere nicht nur für HIV-, sondern auch für HBV-Infektionen (Simultanimpfung) existiert, das in Zusammenarbeit mit Spezialisten umgehend eingeleitet werden sollte. Mit diesem Wissen ist es möglich, die infektionsbedingte Morbidität der Patienten zu reduzieren und weitere Übertragungen zu verhindern.

Mit Hepatitis C kann man sich infizieren durch Blutübertragungen, Spritzen bei Drogengebrauch, Geschlechtsverkehr, aber auch durch Hygienemängel bei medizinischen Maßnahmen und Tätowierungen oder Piercings. Durch Hepatitis-Viren ausgelöste Leberentzündungen bleiben oft unentdeckt, da Frühsymptome wie Fieber, Gliederschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit auch als Grippe interpretiert werden können. Bei manchen Patienten treten sogar diese Warnzeichen gar nicht auf.

In bis zu 80 Prozent der Fälle verläuft die Infektion chronisch und hat eine ernste Prognose, mit den möglichen Folgen der Entwicklung einer Leberzirrhose oder eines Leberzellkarzinoms. Nadelstichverletzungen (NSV) und Blutspritzer ins Auge haben zu Infektionen von Krankenhauspersonal geführt. Ein Impfstoff steht noch nicht zur Verfügung. Die frühe Diagnose einer Hepatitis C ist wichtig, um die Prognose durch eine gezielte Therapie zu verbessern.

Schutzmaßnahmen und Prävention

1. Aktive Immunisierung:

Für die Zahnärzte und das zahnärztliche Personal ist die aktive Immunisierung gegen Hepatitis B eine erforderliche Prophylaxemaßnahme.

2. Händehygiene und Schutz vor Verletzung:

Da HBV und HCV parenteral übertragen werden, kommt der Vermeidung einer Virusinokulation über Verletzungen der Hände bei der Berufsausübung große Bedeutung zu. Daher ist das Tragen von Handschuhen obligat. Perforierende Stich- und Schnittverletzungen während der Praxistätigkeit stellen ein großes Risiko dar. Richtiges Entsorgen der Kanülen und anderer scharfer Gegenstände bietet Sicherheit vor potenziell infektiösen Verletzungen.

Folgende Regeln sind wichtig:

  • Kanülen, Skalpelle und andere scharfe Gegenstände sind nach ihrer Benutzung sofort, sicher und endgültig zu entsorgen.

  • Die Entsorgung sollte möglichst mit einer Hand ohne Nachfassen mit der anderen Hand erfolgen.

  • Der Abwurfbehälter gehört immer in die unmittelbare Nähe des Behandlungsplatzes.

  • Aufgrund des engen Bereichs bei der Behandlung sollte beim Hantieren mit spitzen Gegenständen auf ausreichend Abstand geachtet werden.

  • Benutzte Kanülen dürfen niemals beidhändig in ihre Schutzhülle zurückgesteckt werden.

  • Kanülen dürfen nie direkt in den Müllsack abgeworfen werden.

Vor allem reduzieren ein sorgfältiges, ruhiges Arbeiten und der bewusste Umgang mit den Instrumenten während der Berufsausübung das Verletzungsrisiko.

3. Desinfektion und Sterilisation:

Die sicherste Methode, um das HBV und das HCV zu inaktivieren, ist das Erhitzen auf über 90°C für mindestens fünf Minuten. Daher sind zur Desinfektion von Instrumenten möglichst thermische Verfahren anzuwenden. Für die Desinfektion von Oberflächen können Mittel mit nachgewiesen „begrenzt viruzider“ Wirksamkeit eingesetzt werden.

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Nadelstichverletzungen und Infektionsrisiko

Verletzungen durch bereits verwendete Spritzen und scharfe Gegenstände, sogenannte Nadelstichverletzungen (NSV), sind dabei die häufigste Ursache für Infektionen mit blutübertragenen Krankheitserregern. Experten gehen von 500 000 berufsbedingten NSV im nicht operativen Bereich deutscher Kliniken jährlich aus. Durchschnittlich kommt es zu etwa 1 400 NSV pro Tag im gesamten deutschen Gesundheitssystem. Bei Verletzungen während einer zahnärztlichen Behandlung werden zwar nur kleinste Mengen Blut vom infizierten Patienten auf den Zahnarzt oder die ZFA übertragen, doch schon das Blut in einer Injektionskanüle kann Millionen hochaktiver Viren enthalten. Hepatitis-Viren können in Spritzenabwurfbehältern über Tage infektiös bleiben. Das Risiko, eine Infektion nach NSV zu entwickeln, beträgt bei HBV 30 Prozent, bei HCV 3 Prozent und bei HIV 0,3 Prozent.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass vorhandene Meldesysteme vielfach nicht bekannt sind. Trotz der Meldepflicht werden nur zwischen neun bis 13 Prozent der NSV überhaupt gemeldet. Nur wenn die Nadelstichverletzung gemeldet wurde, lässt sich eine Infektion im Rahmen der Berufsausübung sicher und eindeutig nachweisen. Ist eine Stichverletzung eingetreten, muss man die Blutung sofort fördern und in der Folge die Wunde antiseptisch spülen. Nach einer NSV sollte sich der/die Betreffende unverzüglich beim zuständigen Durchgangsarzt oder Betriebsarzt vorstellen.

Dieser entscheidet, ob eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) angezeigt ist. Der Patient, von dem das potenziell infektiöse Material stammt, sollte untersucht werden (Anti-HCV, Anti-HIV 1 und 2 und Anti-HBc/Anti-HBs- Titer), damit eine möglicherweise unbekannte Hepatitis- oder HIV-Infektion ausgeschlossen werden kann. Wahrscheinlich werden in der Zahnarztpraxis auch einige Patienten sein, die mit Hepatitis-Viren oder seltener mit HIV infiziert sind, dies aber nicht wissen und noch nicht erkrankt sind.

Einerseits könnte eine PEP notwendig werden, falls der Indexpatient einen positiven Serostatus für HIV oder HBV aufweist, andererseits kann durch eine lückenlose Dokumentation der etwaige Anspruch auf Leistungen der Berufsgenossenschaft nachgewiesen werden, sollte es zu einer Infektionsübertragung gekommen sein. Eine PEP für HBV bei nichtimmunen Personen mittels simultaner Gabe von Hepatitis-B-Immunglobulin und Hepatitis-B-Impfstoff sollte möglichst unmittelbar und maximal bis zu 48 Stunden nach dem Expositionsereignis erfolgen. Bei Kontakt mit dem HI-Virus sollte die PEP möglichst in den ersten zwei Stunden, aber nicht später als 72 Stunden nach der Exposition erfolgen.

Zurzeit existiert keine PEP nach Kontakt mit HCV-kontaminiertem Material. Eine Interferon-α-Therapie wird nur nach nachgewiesener Infektion durchgeführt. Die HCV-Testungen sollten am Tag der Verletzung sowie auch nach sechs, zwölf und 24 Wochen durchgeführt werden, um eine Infektion frühzeitig festzustellen. Nach Infektion kann eine Interferon INF-α-Monotherapie innerhalb von drei Monaten eine Chronifizierung verhindern. Eine frühzeitige Diagnose und ein frühzeitiger Behandlungsbeginn erhöhen die Chancen auf ein anhaltendes virologisches Ansprechen, wohingegen eine unbehandelte Hepatitis-C-Infektion in etwa 90 Prozent zu einer Chronifizierung führt. Eine effektive neue Therapie ist beispielsweise mit dem neu zugelassenen Wirkstoff Sofosbuvir, mit einer Chance zur Heilung der chronischen Hepatitis C von über 90 Prozent Erfolg, möglich. Die Zulassung besteht seit Herbst 2013 in den USA und seit Mai 2014 in der Schweiz.

Nach wie vor sind Infektionskrankheiten nicht nur ein ernsthaftes medizinisches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Es gibt große Unsicherheiten im Umgang mit Infektionserkrankungen, sowohl aufseiten der Patienten als auch aufseiten der Zahnärzte. Nicht nur ethisch inakzeptabel, sondern auch dem Berufsrecht zuwider, ist die gelegentlich berichtete Abweisung von Patienten mit einer Infektionskrankheit in Zahnarztpraxen. Diskriminierungen sind fast immer die Folge von Informationsdefiziten. Es liegt dabei im Interesse des Zahnarztes / des Personals ein vertrauensvolles Verhältnis zu schaffen, damit ein Patient mögliche Infektionen, ohne Angst vor Sonderbehandlung, angibt. Bei allen Virusinfektionen gibt es eine große Zahl Betroffener, die nichts von ihrer Infektion wissen. „In Surveys der European Liver Patients Association (ELPA) kannten sogar bis zu 90 Prozent der HBV- oder HCV-Infizierten ihren Infektionsstatus nicht“, schreibt das Epidemiologische Bulletin des Robert Koch-Instituts 2012. In die Zahnarztpraxis kommen auch Patienten, die von ihrer Hepatitis-B- oder -C-Infektion nichts wissen und völlig normal behandelt werden. Die Konsequenz daraus kann nur heißen, dass bei jedem Patienten eine Infektion vorliegen kann. Die allgemeinen Maßnahmen der Hygiene und des Arbeitsschutzes müssen deshalb so ausgerichtet sein, dass ein Infektionsrisiko generell äußerst gering ist. Zahnärzte sollten ein solides allgemeinmedizinisches Wissen und hygienebewusstes Verhalten für den Praxisalltag sowie Respekt vor den Infektionserkrankungen, aber keine Angst haben.

FZÄ Sofia-Maria BeloukaCharité – Universitätsmedizin BerlinCharitéCentrum für Zahn- Mund- und Kieferheilkunde (CC3)Oralmedizin, zahnärztliche Röntgenologie und -ChirurgieAßmannshauser Str. 4-614197 Berlinsofia-maria.belouka@charite.de

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