Editorial

Will Spahn die Fremdinvestoren-MVZs?

Willkommen in 2019! Während ich noch sinniere, die Neujahrswünsche für Glück, Freude und Erfolg knackiger zu formulieren, zwängen sich Themen aus dem vergangenen Jahr mit Macht zwischen die Gedanken. Aktuell die Kieferorthopädie, bei der die vom BMG auf Veranlassung des Bundesrechnungshofs in Auftrag gegebene IGES-Studie in den ersten Januartagen für mächtig Aufregung sorgte, weil die journalistischen Interpretationen der Ergebnisse – vornehmlich der BILD-Zeitung – nur wenig mit den getätigten Aussagen der IGES-Autoren zu tun hatten. Auch weil man sich durchaus fragen darf, warum hier erneut die falschen Aussagen aus dem letzten Sommer wiederholt werden, garniert mit der scheinheiligen Frage, warum die IGES-Studie vom BMG wohl zurückgehalten worden sei … Die Studie ging am 28. Dezember des letzten Jahres beim BMG ein, die BILD berichtete am 3. Januar. Die Frage sei an dieser Stelle erlaubt, wer wohl hier über Bande gespielt hat. 

Immerhin steht Mitte Januar in diesem für die Zahnärzteschaft aufgaben- und ereignisreichen Jahr das dickste Brett im Bereich der Versorgung an: Die Anhörung zum im März zu verabschiedenden Terminservice- und Versorgungsgesetz, und hier insbesondere die Frage, ob und inwieweit der Gesetzgeber die Gründungsregelungen für die MVZ so umgestaltet, dass die Übernahme weiter Teile der ambulanten Versorgungslandschaft durch Fremdinvestoren bzw. Hedge-Fonds und Private Equity gestoppt wird. An dieser Stelle stoßen zwei Welten aufeinander, die in der ambulanten Versorgung in Deutschland bis dato nur geringe, in der Zahnmedizin bis 2015 keinerlei Berührungspunkte hatten und deren Gegebenheiten und Gebaren in vielerlei Hinsicht diametral zu verorten sind. Aber man kann ja auch der Ansicht sein, dass Konkurrenz nicht nur das Geschäft belebt, sondern auch den „Muff“ aus der angestaubten Versorgungslandschaft bläst und die Leistung zum Nutzen der Patienten fördert. 

Der Blick über die deutschen Grenzen nach Europa zeigt da jedoch ein ganz anderes Bild. Egal ob in Spanien, Frankreich, England oder sogar der Schweiz – allenthalben Probleme, um nicht zu sagen große Probleme mit der Patientenzufriedenheit und der Qualität der zahnmedizinischen Versorgung durch Dentalketten. Und auch die Versorgungssicherheit wird durch Dentalketten nicht automatisch besser, wie das Beispiel England zeigt. Denn dass eine Dentalkette in die Insolvenz gehen kann, ist nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sorgt mit einem Schlag für eine sechsstellige Zahl nicht mehr versorgter Patienten. Die steten Wechsel in den Besitzverhältnissen – nach drei bis fünf Jahren verkaufen Investoren üblicherweise – tun hier ein Übriges. 

Nun kann man einwenden, dass die Versorgungsszenerie in Deutschland im Vergleich zu England gänzlich anders ist, sich mithin Vergleiche verbieten. Eben, hier herrscht nach den Zahlen Überversorgung, es gibt keine unterversorgten Bezirke, es existiert Niederlassungsfreiheit. Dennoch ist es hierzulande kein zahnärztliches Paradies, denn für Praxen Nachfolger zu finden wird immer schwieriger, die Versorgung auf dem Land dünnt sich aus, die Schere zwischen Niederlassungswilligen und denjenigen, die ein Angestelltendasein – aus welchen Gründen auch immer – bevorzugen, geht weiter auf. Die zentrale Frage ist daher, wie unter den gegebenen Bedingungen eine qualitativ hochwertige und gleichzeitig sichere Versorgung gewährleistet werden kann. 

Es mag daher viele erstaunen – manche beim Blick zurück auch etwas irritieren –, dass es diesbezüglich beim Thema Z-MVZ bereits seit vielen Monaten nicht um „fundamentalistische“ Positionen der verfassten Zahnärzteschaft geht. Ganz im Gegenteil: Die arztgruppenübergreifenden MVZ werden aufgrund ihres erkennbaren Versorgungsnutzens befürwortet und die von der Politik „gewünschten“ arztgruppengleichen MVZ akzeptiert, obwohl im zahnärztlichen Bereich dadurch kein Zusatznutzen für die Versorgung entsteht. An einem Punkt scheiden sich jedoch die Geister: nämlich wenn als Betreiber und Eigentümer von Z-MVZ versorgungsfremde Investoren mit tiefen Taschen an der Versorgung teilnehmen wollen. Zu unterschiedlich sind die Interessenlagen. Die x-fach von einem Investor an den nächsten verkauften Dentalketten zeichnen ein ganz anderes Bild von Versorgungssicherheit, als es der Politik vorgegaukelt wird – auch wenn sich der neu gegründete Lobbyverein der Z-MVZ euphemistisch „Bundesverband für nachhaltige Zahnheilkunde“, kurz BNZK, nennt. Zugegeben, die Namenswahl ist hervorragend, suggeriert sie doch Versorgungssicherheit bei hoher Qualität. Doch vermittelt der Blick in die Nachbarländer nachhaltig einen anderen Eindruck. Betrachtet man das von vermeintlicher Sorge um das Patientenwohl getriebene hektische Flügelschlagen der Gesundheitspolitik zum Thema Terminservicestellen, kann einen die Sorglosigkeit mit Blick auf diesen fundamentalen Paradigmenwechsel nur noch erschüttern. 

Dr. Uwe Axel Richter
Chefredakteur

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