Dentists on bikes

2 Zahnärzte, 2 Motorräder, 14.000 km

Rudolf Lenz
,
Jana Schutte
Mitte Januar brechen wir vom Kap der Guten Hoffnung auf, um einen Lebenstraum zu verwirklichen: Mit zwei Motorrädern starten wir eine dreieinhalbmonatige Rundreise durch elf afrikanische Länder. Dabei wollen wir in Schulen, Waisenhäusern und anderen Einrichtungen halten, um Mundhygieneunterricht und Reihenuntersuchungen durchzu führen, und Ende April wieder in Frankfurt landen. Doch es kommt anders.

Die Satteltaschen sind prall gefüllt mit Ersatzteilen, Campingausrüstung und zahnärztlichem Equipment für kleinere Behandlungen und Untersuchungen. Der Kontakt zu den Prophylaxeklassen entsteht meist spontan, indem wir auf den Schulhof knattern und die neugierig johlenden Kids nach dem Direktor fragen. Fast immer lässt sich im Handumdrehen ein Unterricht vor zwei bis drei Klassen gleichzeitig arrangieren. Um einen echten Lerneffekt zu erzielen, kaufen wir im Vorfeld Zahnbürsten, die wir nach einer kurzen Vorstellung verteilen, um dann gemeinsam die systematische Zahnpflege einzuüben. Im Anschluss bieten wir den Teilnehmern an, einen Blick in ihre Mundhöhle zu werfen, und empfehlen bei Bedarf, Behandlungen oder gezielte Verbesserungen der Mundhygiene.

Wir hoffen, bei den Lehrern und Kindern das Bewusstsein für die Wichtigkeit ihrer Zahngesundheit zu wecken und einen fruchtbringenden Samen zu legen. Ob dieser Samen aufgeht, werden wir in den meisten Fällen nie erfahren. Einige Lehrer schicken zu unserer Freude jedoch weiterhin Nachrichten und Fotos mit Segenswünschen und schwärmen von unserem Besuch. Unser reichhaltiger Lohn sind das Leuchten in den Augen, das strahlende Lächeln und die vielen Kinderhände, die sich durchs Gedränge schieben, um uns zaghaft zu berühren. Wie sich weiße Haut anfühle, wollen sie wissen.

Der Besuch bei Ndunda, früherer Fußballnationalspieler Kenias, der von Anbeginn unserer Reise sehr daran interessiert ist, dass wir in seine Heimat kommen, wird zu einem der intensivsten und beeindruckendsten Erlebnisse unserer Expedition. Die unglaubliche Enge im ältesten und größten Slum von Nairobi zu spüren, die extremen Lebensumstände, kontrastiert durch die Fröhlichkeit der Bewohner, beeindrucken uns nachhaltig. Er hatte uns im Vorfeld nur eine Google-Standortanzeige ohne Adressangabe geschickt.

24 Stunden im größten Slum von Nairobi

Und da stehen wir nun mit unseren Bikes in der Mittagsglut, mitten drin im Mathare-Slum. Sofort sammelt sich eine Traube Menschen um uns. Ohne Einladung wären wir niemals in eine so zwielichtige Ecke gefahren. Als wir Ndunda in diesem Labyrinth finden, ist die Erleichtung groß. Unter großem Jubel geleitet uns die Menge zu seinem Haus. Unseren Zahnputzworkshop geben wir dann auch direkt vor Ndundas Haustür. Am Straßenrand wird gekocht, Wasserkarren werden vorbei geschoben und Müllsammler laden gegenüber Plastikabfälle zum Weiterverkauf ab. Wäsche flattert wie tausend farbige Fahnen an den brüchigen Häuserfassaden und der Geruch des modrigen Abwassers steigt uns in die Nase. Die Verstopfung der oberirdischen Abwassersysteme sei ein großes Problem, erklärt uns Ndunda beim Rundgang. Für uns unvorstellbar, in diesen Verhältnissen leben zu müssen.

Ndundas großer Traum ist ein Häuschen im Grünen, wo er Sportler und Sporttrainer ausbilden und trainieren will. Dafür spart er seit Jahren. Das sei auch ein Grund, warum er noch in diesem – kostengünstigen – Viertel lebe. Er und seine Familie hausen dabei noch verhältnismäßig komfortabel in drei Räumen: ein winziges Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein Zimmer, wo die Kinder im Doppelstockbett schlafen. In diesem winzigen Kinderzimmer steht auch das gesamte Küchenmobiliar: Gaskocher, Kühlschrank, Küchenschrank. Ich schätze die gesamte Wohnung auf 18 bis 20 Quadratmeter – mit dem gesamten Hausstand von vier Erwachsenen. Unglaublich, welche Logistik dazu gehört, trotz dieser Umstände, für uns ein köstliches Abendmahl zu bereiten.

Die meisten Familien im Viertel müssen mit nur einem Zimmer auskommen und haben häufig mehr als zwei Kinder. Und genau diese vielen Kinder strahlen uns unentwegt an und wollen die „Muzungus“ aus Germany mal anfassen. Keiner bettelt und nur das Fehlen der gemeinsamen Sprache verhindert vertiefende Gespräche mit den Slum-Bewohnern. Ndunda übersetzt unsere Worte in Suaheli und ich denke oft „Hakuna matata“, was so viel bedeutet, wie „Sorge Dich nicht – LEBE!“

Einige Wochen später, Ende März, am Ostufer des Tanganyikasees, erreicht auch uns das „Virus der Angst“ und wird Teil dieser Reise. Lange bevor sich die Coronaviren hier verbreiten, nisten sie sich in den Köpfen ein, werden allgegenwärtig. Aufgrund von Schulschließungen, Versammlungseinschränkungen, Touristenflucht, leeren Lodges und geschlossenen öffentlichen Gebäuden, kommt unsere Mundgesundheitsmission aus voller Fahrt schlagartig zum Stehen.

Thirtysix-point-two lautete der Freispruch

Plötzlich gibt es jetzt an jedem öffentlichen Eingang Behälter mit Wasser und Händedesinfektion. Vor größeren Ortschaften stoppt uns regelmäßig die Gesundheits-Polizei und wir reihen uns in die Schlange ein, nehmen die Helme ab, um den erlösenden Infrarotkopfschuss mit gesenktem Haupt zu empfangen. „Thirtysix-point-two“ lautet der Freispruch und wir dürfen weiterfahren. Nicht auszudenken, was uns bei Fiebersymptomen erwartet hätte. Die strengen Kontroll- und Hygienemaßnahmen sind die Bollwerke eines Kontinents, der es gewohnt ist mit Epidemien zu koexistieren. Cholera, Tuberkulose und nicht zuletzt Ebola gehören als wiederkehrende Plagen zum Leben. Die kontinuierlich im TV wiederholten Sarg-Szenen aus der Ersten Welt reaktivieren die Angst. „Wenn das Virus kommt, werden die Menschen hier sterben wie die Fliegen“, repetieren die Moderatoren und werden nicht müde an Hygiene, Mundschutz und Abstandshaltung zu appellieren.

Sambia als vorletztes Land unserer geplanten Reise wird zur Sackgasse. Die Grenzen nach Botsuana, Namibia und Südafrika sind für Touristen unüberwindbar. Eine Sondergenehmigung der namibischen Botschaft ist unsere letzte Hoffnung, doch noch von Windhuk die Heimreise anzutreten. Wochenlang in Warteschleife zu verharren, ist eine neue Lernaufgabe für uns, die wir bisher fast jeden Tag an einem neuen Ort übernachteten.

Inzwischen sind wir trotz minimiertem Flugangebot fast termingerecht nach Deutschland zurückgekehrt. Eines ist deshalb jetzt schon sicher: Die Reise ist nur unterbrochen und wird sobald wie möglich fortgesetzt. Auch zukünftige Dentists-on-bikes-Touren rund um den Globus sind bereits angedacht. Wir freuen uns deshalb sehr, wenn sich noch weitere Sponsoren bei uns melden. Wir sind von Herzen dankbar, einen Beruf auszuüben, der Sinn stiftet und überall gebraucht wird. Mit unserem Projekt wollen wir ein wenig zurückgeben.

Ohne Unterstützer ist ein solches Projekt nicht zu stemmen. In vorderster Reihe stehen hier die Familienangehörigen und die Praxismitarbeiter von „JOY & SMILE Leipzig“. Der Großteil der Finanzierung kommt aus eigenen Mitteln und wurde aufgestockt durch Sachspenden und finanzielle Zuwendungen durch DIE ZA, der Praxis J&S Leipzig und von dental-qm. Über das Alumni-Netzwerk hat uns der Internationale Trainerkurs der Universität Leipzig (ITK) viele Kontakte, beispielsweise zu Ndunda, in den bereisten Ländern ermöglicht. 

Wer tiefer in unser Reiseabenteuer eintauchen möchte, findet weitere Berichte unter www.dentistsonbikes.de.

Dr. Jana Schutte

Praxis JOY & SMILE Praxis für Zahngesundheit Leipzig

Ratsfreischulstr. 8, 04109 Leipzig

info@zahngesundheit-leipzig.de

www.zahngesundheit-leipzig.de

Dr. Rudolf Lenz

dental-qm

Weißenburgstr. 34, 24116 Kiel

info@dental-qm.de

Dr. Rudolf Lenz

dental-qm
Weißenburgstr. 34, 24116 Kiel

Dr. Jana Schutte

Dr. Jana Schutte
Praxis JOY & SMILE Praxis für Zahngesundheit Leipzig
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